# taz.de -- Wirtschaftssanktionen gegen Russland: Versteckte Eigentümer | |
> Um die Vermögen mächtiger Russen hierzulande einzufrieren, fehlen oft | |
> Infos. Nun soll ein besseres Transparenz- und Immobilienregister her. | |
Bild: Komplett verhüllt liegt die Luxusjacht Dilbar im Blohm+Voss-Dock des Ham… | |
BERLIN taz | „Jacht“ ist eigentlich der falsche Begriff. Eher handelt es | |
sich bei der „Dilbar“ um ein [1][privates Kreuzfahrtschiff] mit fast 100 | |
Personen Besatzung und zwei Hubschrauberlandeplätzen im Gesamtwert von 600 | |
Millionen Euro. Angeblich gehört das Schiff, das gerade in der Hamburger | |
Werft Blohm+Voss liegt, dem russischen Milliardär Alisher Usmanov. Doch | |
genau weiß man das nicht. Laut Spiegel ist als Besitzer ein Fonds auf den | |
Cayman-Inseln eingetragen. | |
Der Fall zeigt, vor welchen Schwierigkeiten hiesige Behörden aktuell | |
stehen. Usmanov ist auf der Sanktionsliste der EU wegen des [2][russischen | |
Überfalls auf die Ukraine] verzeichnet. „Ab jetzt gehen keine Jachten mehr | |
raus“, sagte der Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann. Aber | |
bewegt er sich damit nicht auf dünnem Eis? | |
Bankkonten, Investitionen, Immobilien: Die wirklichen Eigentümer verstecken | |
sich nicht selten hinter komplizierten Firmenkonstrukten. Dieser Umstand | |
kommt jetzt wieder auf die Tagesordnung, da die Vermögen von Milliardären | |
aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin eingefroren werden | |
sollen. | |
## Baustelle ist das deutsche Transparenzregister | |
Durch die Sanktionen gegen russische Politiker und Unternehmer erhalten | |
Vorhaben eine neue Dringlichkeit, die bereits im Koalitionsvertrag von SPD, | |
Grünen und FDP angelegt sind. Es geht darum, die Kapitalanlage aus | |
kriminellen Geschäften und Steuerhinterziehung hierzulande aufzudecken, zu | |
erschweren und zu verhindern. „Dazu vereinbarte Projekte im | |
Koalitionsvertrag“ müssten „schnellstmöglich umgesetzt“ werden, mahnte | |
Grünen-Fraktionsvize Lisa Paus unlängst. | |
Informationen über die Herkunft des angelegten Kapitals und seine | |
wirklichen Besitzer spielen eine wesentliche Rolle. Stehen diese den | |
Behörden – im besten Falle auch der Öffentlichkeit – zur Verfügung, kön… | |
das nicht nur helfen, Geldwäsche zu vermeiden, sondern auch Sanktionen | |
gegen bestimmte Personen und Organisationen erleichtern. Eine Baustelle | |
dabei ist das deutsche Transparenzregister. In diese zentrale Datei müssen | |
sich prinzipiell alle juristischen Personen eintragen, etwa Unternehmen, | |
Stiftungen und Investmentgesellschaften samt ihrer sogenannten | |
„wirtschaftlich Berechtigten“. | |
Das bedeutet, dass die natürlichen Personen genannt werden müssen, die | |
hinter einer Firma stehen, also die tatsächlichen Eigentümer. Noch sind | |
diese Angaben teilweise lückenhaft. Das liegt wohl auch an einer | |
Übergangsfrist, die bis Ende 2022 reicht, andererseits aber wahrscheinlich | |
auch an mangelnden Kontrollen durch die Behörden. Im Koalitionsvertrag | |
jedenfalls heißt es: „Wir werden die Qualität der Daten im | |
Transparenzregister verbessern, sodass die wirtschaftlich Berechtigten in | |
allen vorgeschriebenen Fällen tatsächlich ausgewiesen werden.“ | |
Ein weiterer offener Punkt ist das Immobilienregister. Paus fordert, es | |
„zeitnah“ einzurichten. Derzeit liegen die Angaben über Grundstücke, | |
Immobilien und ihre Besitzer noch verteilt bei Hunderten Amtsgerichten. Ein | |
bundeseinheitliches Datenbankgrundbuch ist zwar im Aufbau. Die Ampel hat | |
jedoch vereinbart, noch einen Schritt weiterzugehen. „Wir werden das | |
Datenbankgrundbuch mit dem Transparenzregister verknüpfen, um die | |
Verschleierung der wahren Eigentümer von Immobilien zu beenden“, so ist es | |
im Koalitionsvertrag formuliert. Denn „wo die Eigentümer nicht bekannt“ | |
seien, da könne ihr Besitz „nicht eingefroren werden“, begründete Paus im | |
Hinblick auf die Sanktionen gegen russische Politiker und Milliardäre. | |
Auch international sind ähnliche Bemühungen im Gange. Die Gruppe der großen | |
westlichen Industrieländer (G7) beschloss kürzlich, eine sogenannte Task | |
Force einzuberufen, um das Vermögen von [3][reichen Russen einzufrieren und | |
zu beschlagnahmen]. „Wir werden alle russischen Persönlichkeiten ausmachen, | |
die in Frankreich Besitztümer haben und die wegen ihrer Regierungsnähe zu | |
den EU-Sanktionen hinzugefügt werden können“, erklärte auch der | |
französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. | |
Die Planungen der Bundesregierung seien ein Schritt in die richtige | |
Richtung, sagte Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit der | |
Zeitung Welt. „Wir brauchten eine Sondereinheit aus Zoll, Bundeskriminalamt | |
und Steuerfahndung, deren Aufgabe es ist, Vermögenswerte sanktionierter | |
Personen und Unternehmen aufzuspüren.“ | |
7 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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