| # taz.de -- Lindner plant Bundesfinanzkriminalamt: Neustart im Kampf gegen Geld… | |
| > Finanzminister Lindner legt ein Konzept für ein Bundesfinanzkriminalamt | |
| > vor. Kontrolleure mahnen schon länger eine Reform an. | |
| Bild: Finanzminister Christian Lindner hat Großes vor. Er möchte gegen Geldw�… | |
| BERLIN taz | Es ist seit Jahren eine Großbaustelle. Mit Ermittlungen zu | |
| Geldwäsche sind in Deutschland gut 300 Behörden beschäftigt, vom Bund bis | |
| in die Kommunen. Viele Fälle bleiben unentdeckt oder unverfolgt, | |
| internationale Kontrolleure fordern seit Langem eine Reform. Nun plant | |
| Finanzminister Christian Lindner (FDP) einen Neustart: Er will ein neues | |
| Bundesfinanzkriminalamt schaffen – das sich auch um die Durchsetzung von | |
| Sanktionen wie im Fall Russland kümmern soll. | |
| Den Wust der Behörden will Lindner künftig unter einem Dach zusammenführen. | |
| Neu geschaffen werden soll dafür ein Bundesfinanzkriminalamt, das selbst | |
| großen, internationalen Fällen der Geldwäsche nachgehen soll. Die Behörde | |
| soll dem „follow the money“-Ansatz folgen und auch bei der Durchsetzung von | |
| Sanktionen den Hut aufhaben. Bisher fehlte bei komplexen Großfällen „die | |
| notwendige Priorisierung“, räumt das Ministerium in einem Eckpunktepapier | |
| ein, das der taz vorliegt. | |
| Daneben soll weiter auch die Financial Intelligence Unit (FIU) ermitteln. | |
| Diese war früher beim Bundeskriminalamt angesiedelt, seit 2017 ist sie beim | |
| Finanzministerium. Sie filtert und prüft Verdachtsmeldungen, die etwa von | |
| Banken kommen, und leitet sie an zuständige Staatsanwaltschaften weiter. | |
| Die FIU soll nun in das Bundesfinanzkriminalamt integriert werden, dort als | |
| unabhängige Analyseeinheit arbeiten. Seit Langem gab es Kritik, dass sie | |
| [1][zu wenig Personal, Expertise und Zugriffsrechte] etwa auf | |
| Polizeidatenbanken hatte. Ihre Meldungen an die Strafverfolger erfolgten zu | |
| selten und zu spät. | |
| ## „Aufsicht aus einem Guss“ | |
| Als Drittes soll eine Zentralstelle für die Aufsicht im Nichtfinanzsektor | |
| geschaffen werden, etwa im Bereich [2][Glücksspiel]. Sie soll die | |
| Landesaufsichtsbehörden koordinieren, andere ersetzen und eine „Aufsicht | |
| aus einem Guss“ schaffen. Die Zentralstelle soll zudem Ansprechpartner für | |
| die künftige [3][europäische Geldwäscheaufsichtsbehörde] werden. | |
| Lindner will zudem die Ausbildung von Finanzermittler:innen | |
| verbessern und die Digitalisierung und Vernetzung von Registern | |
| vorantreiben, um in Ermittlungs- oder Sanktionsfällen schneller | |
| Eigentumsverhältnisse zu klären. Erst zuletzt bei den [4][Sanktionen gegen | |
| russische Oligarchen und Firmen] zeigte sich, wie schwierig sich das | |
| gestaltet. Im Eckpunktepapier wird hierzu betont, dass es gerade in der | |
| momentanen politischen Lage wichtig sei, „scharfe Sanktionen wirksam zu | |
| implementieren und durchzusetzen“. | |
| Durch die Betrugsfälle gehen Deutschland jährlich wohl Milliarden an | |
| Steuereinnahmen verloren. Zuletzt hatte auch die internationale Financial | |
| Action Task Force (FATF) Deutschlands System gegen Geldwäsche Terrorismus- | |
| und Proliferationsfinanzierung über mehrere Jahre geprüft. Der Bericht wird | |
| erst am Donnerstag veröffentlicht, kommt aber offenbar zu einem | |
| deprimierenden Ergebnis. Auf einer Tagung im Juni hieß es bereits, dass es | |
| hierzulande erhebliche Verbesserungen brauche, etwa bei der | |
| Finanzüberwachung im Privatsektor. Lindner kommt mit seinem Vorstoß nun der | |
| Veröffentlichung des Berichts zuvor. | |
| ## Grüne begrüßen Vorstoß | |
| In der Ampel-Koalition wird sein Vorschlag begrüßt. Der SPD-Politiker | |
| Sebastian Fiedler äußerte sich zustimmend. Ebenso der Grünen-Abgeordnete | |
| Marcel Emmerich. Bei der Geldwäsche gebe es „seit Jahren dringenden | |
| Handlungsbedarf“, die bisherige Struktur sei „unwirksam und unausgegoren“, | |
| sagte Emmerich der taz. Lindners Konzept einer eigenständigen Einheit auf | |
| Bundesebene sei daher eine „gute Nachricht“ und „eine Chance“. Es müsse | |
| „schnell und schlagkräftig“ gegen Finanzkriminalität durchgegriffen werde… | |
| so Emmerich. Wichtig sei dabei auch ein Immobilienregister, weil viele | |
| Kriminelle ihr schmutziges Geld im Immobiliensektor mit Barzahlungen | |
| wuschen. | |
| 23 Aug 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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