# taz.de -- Finanzkriminalität in Deutschland: Geldwäsche zahlt sich weiter a… | |
> Viele Behörden, wenig Personal: Ein Prüfbericht attestiert Deutschland | |
> Defizite im Kampf gegen Finanzkriminalität. Lindner reagiert mit neuer | |
> Behörde. | |
Bild: Die Bürgerbewegung Finanzwende protestiert vorm Finanzministerium für m… | |
BERLIN taz | Es ist ein ernüchterndes Zeugnis. Zwei Jahre hatte die | |
internationale Financial Action Task Force (FATF) die Bekämpfung von | |
Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland geprüft. Am | |
Donnerstag legte sie ihren 320 Seiten starken Bericht vor: Trotz einiger | |
Fortschritte gebe es weiter teils „große Defizite“, heißt es dort. | |
Deutschland gilt schon [1][länger als Geldwäscheparadies]. Das Dunkelfeld | |
der Finanzkriminalität ist groß, die Kontrolle auf mehr als 300 | |
Aufsichtsbehörden zersplittert. Dem Staat gehen so jährlich wohl mehrere | |
Milliarden Steuereinnahmen verloren. Entsprechend kritisch geht auch die | |
FATF, die bei der OECD angesiedelt ist, mit Deutschland ins Gericht. | |
Deutschland habe zwar mit neuen Gesetzen und Ermittlungsbefugnissen | |
„signifikante Verbesserungen“ im Kampf gegen Geldwäsche in den vergangenen | |
fünf Jahren erzielt. Das Problembewusstsein sei gestiegen, auch die | |
Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Länderbehörden. Gewürdigt wird auch die | |
Einführung des Transparenzregisters und der Personalaufwuchs bei der | |
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Financial | |
Intelligence Unit (FIU), die Verdachtsmeldungen von Banken prüft. Einige | |
der Reformen seien aber „noch nicht vollständig effektiv“, konstatiert die | |
FATF. | |
Das Hauptproblem blieben die 300 Aufsichtsbehörden, deren Zusammenarbeit | |
eine „Herausforderung“ im Kampf gegen Finanzkriminalität darstellten. Viele | |
von ihnen wiesen zudem einen „kritischen Mangel an Ressourcen“ auf. Auch | |
der FIU fehlten immer noch technische Instrumente, um die [2][zehntausenden | |
Verdachtsmeldungen] sachgerecht zu prüfen. Und ihre ermittelte Fälle | |
erschienen weiterhin zu niedrig, gemessen an der Wirtschaftsgröße und | |
internationalen Verflechtung Deutschlands. Auch die BaFin, welche die | |
Banken beaufsichtigt, müsse im Bereich der Hochrisikogeschäfte aktiver | |
werden. | |
## „Große Defizite“ im Nichtfinanzsektor | |
Vor allem aber im Nichtfinanzsektor – etwa beim Glücksspiel, | |
Immobiliengewerbe oder Notarwesen – sei die Kontrolle ungenügend. Hier gebe | |
es „große Defizite“ bei der Meldung von Verdachtsfällen, so die FATF. Es | |
fehle an Koordination bei der Überwachung, bestehende Instrumente würden | |
nicht ausreichend angewandt. Zudem bleibe eine fehlende Obergrenze für | |
Bargeldgeschäfte ein Problem. Lob gibt es dagegen für den Kampf gegen die | |
Terrorismusfinanzierung. Hier ermittele und verhindere Deutschland effektiv | |
Aktivitäten. | |
Die Kritik der FATF hatte sich abgezeichnet, Bundesfinanzminister Christian | |
Lindner (FDP) war ihr zu Wochenbeginn zuvorgekommen – und hatte die | |
[3][Gründung eines Bundesfinanzkriminalamts] angekündigt, das die | |
Finanzaufsicht bündeln und Großermittlungen forcieren soll. In der Ampel | |
stieß das auf Wohlwollen. Die SPD mahnte aber an, nicht einfach eine | |
Extra-Behörde zu schaffen, sondern die Aufgaben tatsächlich besser zu | |
organisieren. | |
## „Neue Behörde allein ist keine Lösung“ | |
Auch Initiativen und Gewerkschaften lobten den Vorstoß. Die neue Behörde | |
sei „ein guter Ansatz“, um die Zersplitterung der Aufsichtsbehörden zu | |
beenden, erklärte Transparency International. Diese brauche aber auch | |
entsprechende Ermittlungsbefugnisse. Die Bürgerbewegung Finanzwende verwies | |
etwa auf fehlende Instrumente zur Vermögensabschöpfung. Auch müsse dort mit | |
zu CumEx-Geschäften ermittelt werden. „Eine neue Behörde allein ist noch | |
keine Lösung“, erklärte die Initiative. | |
Auch die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft lobte Lindners | |
vorgeschlagenes Bundesfinanzkriminalamt. Sie forderte zudem eine Obergrenze | |
für Bargeldgeschäfte und eine Beweislastumkehr: Bei unerklärlich hohen | |
Reichtums sollten Bürger nachweisen müssen, dass dieser nicht illegal | |
entstanden sei. | |
25 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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