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# taz.de -- Ukraine will EU-Beitrittskandidat werden: Die kalte Wahrheit
> Die Kriterien für eine EU-Mitgliedschaft sind ebenso streng, wie ein
> Beitritt der Ukraine unrealistisch ist. Brüssel sollte gegenüber Kiew
> keine falschen Hoffnungen schüren.
Bild: Besser nicht mit dem Herzen denken: Rede von Selenski ans Europäische Pa…
Bilder sind in Kriegen immer Waffen. Aber die Bilder von Putins Krieg in
der Ukraine sind eindeutig. Die russische Militärmaschine [1][walzt
erbarmungslos ein Land nieder]. Die Bevölkerung flieht in U-Bahn-Schächte.
Hier die Täter, dort die Opfer.
Der Westen tut fast alles, was unterhalb einer direkten Kriegsbeteiligung
möglich ist. Berlin liefert Boden-Luft-Raketen und Panzerabwehrwaffen, ohne
zu wissen, ob damit ein Partisanenkrieg befördert wird, der extrem blutig
werden wird. Zudem hat der Westen einen umfangreichen „Finanzkrieg“ (Adam
Tooze) entfacht. Die militante Metaphorik ist der Sache angemessen. Das
Vermögen der russischen Zentralbank – mehrere 100 Milliarden Dollar – im
Westen einzufrieren, ist eine kalte Enteignung und zielt, wie die
allerdings noch begrenzten Swift-Sanktionen, darauf, die finanziellen
Lebensadern Russlands lahmzulegen und so das Regime zu erschüttern.
Niemand weiß, ob dies den wütenden Irrationalismus Putins noch mehr
befördern wird. Doch wägt man die Risiken ab, so scheint beides,
Waffenlieferung und Finanzkrieg, besser als nichts zu tun. Denn damit würde
man Putin noch ermuntern. Soll man noch mehr tun? Präsident Selenski fleht
die EU an, die Ukraine aufzunehmen. Wäre das keine großherzige Geste, um
den Bedrängten beizuspringen? Ursula von der Leyen hat gesagt: „Sie sind
einer von uns und wir wollen sie drin haben“.
[2][Das klingt gut.] Aber wen meint von der Leyen mit „wir“? Die EU, die
strenge Aufnahmekriterien hat, wohl kaum. Die Ukraine ist weit davon
entfernt, es auch nur zum Beitrittskandidaten zu bringen. Der
Durchschnittsverdienst ist ein Drittel geringer als in Weißrussland. Die
Bekämpfung der exorbitanten Korruption ist auch unter Selenski nicht
vorangekommen, so ein Bericht des EU-Parlaments 2021. Die Oligarchen hätten
noch an politischem Einfluss gewonnen, Journalisten, die über Korruption
und Betrug recherchieren, seien „von Gewalt und Tod bedroht“. Das ist O-Ton
EU.
Die EU ist eine funktionale Kompromissmaschine und für heroische Gesten
denkbar unbrauchbar. Schon die Osterweiterung war ein Stresstest, der die
inneren Bindungskräfte strapazierte. Die EU wird die Ukraine in absehbarer
Zeit nicht aufnehmen, selbst wenn der Krieg morgen enden würde. Denn dies
wäre ein „imperial overstretch“ – jene Ausweitung, die den Keim der
Implosion schon in sich trägt. Das kann in [3][labilen Zeiten] niemand
wollen.
Es stimmt: Es wirkt herzlos, den Angegriffenen diese Geste zu verwehren.
Aber es ist nicht klug, mit dem Herzen zu denken. Und besser, kalt die
Wahrheit zu sagen, als mit leeren Versprechungen falsche Hoffnungen zu
schüren.
5 Mar 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
EU-Mitgliedstaaten
Ukraine-Krise
Ursula von der Leyen
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
EU-Beitritt
Kolumne Der rote Faden
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