| # taz.de -- Rechtsextremer spricht wieder Recht: AfD-Richter in Dippoldiswalde | |
| > Weil sich das Verfahren gegen AfD-Mann Jens Maier zieht, darf er vorerst | |
| > doch als Richter arbeiten. Hat Sachsen alles getan, um das zu verhindern? | |
| Bild: Darf wieder als Richter arbeiten: AfD-Mann Jens Maier (hier ein Foto von … | |
| BERLIN taz | Der rechtsextreme frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier | |
| machte sich früh und pünktlich am Morgen auf in die Kleinstadt | |
| Dippoldiswalde in der Nähe von Dresden. Rainer Aradei-Odenkirchen, Direktor | |
| des dortigen Amtsgerichts, vermeldete, was Sachsens Justizministerin Katja | |
| Meier (Grüne) gerne verhindert hätte: Maier habe seinen Dienst | |
| „ordnungsgemäß“ angetreten. | |
| Er werde „im Wesentlichen für allgemeine zivilrechtliche Angelegenheiten | |
| und mit einem kleinen Arbeitskraftanteil auch für Nachlasssachen und kleine | |
| Nebengebiete zuständig sein“. Noch am Montagvormittag stellte das | |
| Amtsgericht seinen neuen Geschäftsverteilungsplan ins Internet. | |
| Nun wird ein Rechtsextremer – so hat ihn der Verfassungsschutz in Sachsen | |
| eingestuft – Urteile „im Namen des Volkes“ sprechen. Dass es so gekommen | |
| ist, empört den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV). Er | |
| spricht von „eklatanten Fehlern“, die seitens des zuständigen | |
| Justizministeriums, der Justiz und den im Landtag vertretenen | |
| demokratischen Parteien gemacht worden seien. „Ein Desaster“, sagt die | |
| Dresdner Rechtsanwältin Kati Lang namens des RAV. | |
| Maier, der sich [1][selbst zuweilen „kleiner Höcke“] nennt, war bis zur | |
| Wahl in den Bundestag 2017 Richter am Landgericht Dresden. Sein Mandat | |
| konnte er im September 2021 nicht verteidigen. Grundsätzlich stand dem | |
| AfD-Politiker laut Abgeordnetengesetz – wie allen Beamt:innen – das | |
| Recht auf Wiederverwendung zu, den entsprechenden Antrag hatte er noch vor | |
| Weihnachten gestellt. | |
| ## Justizministerin will sich keine Vorwürfe machen | |
| Lange wurde im sächsischen Justizministerium argumentiert, es gebe gegen | |
| den erneuten Einsatz von Maier als Richter nur die Möglichkeit eines | |
| Disziplinarverfahrens der Maier vorgesetzten Behörde – konkret also des | |
| Landgerichts Dresden. Dieses leitete ein entsprechendes Verfahren am Montag | |
| tatsächlich ein. | |
| „Es besteht der Verdacht, dass Jens Maier die Dienstpflichten zur | |
| Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und | |
| vertrauenswürdigem Verhalten verletzt hat“, hieß es zur Begründung. Ein | |
| gegen Maier eingeleitetes Disziplinarverfahren 2017 hatte lediglich in | |
| einem Verweis geendet. | |
| Ohnehin kann dieses neue Disziplinarverfahren den mindestens | |
| vorübergehenden Einsatz von Maier im Richterdienst ebenso wenig verhindern | |
| [2][wie die anderen Schritte], die Sachsens Justizministerin Meier nach | |
| erheblichem öffentlichen Druck einleitete: Sie stellte im Februar den | |
| Antrag auf Versetzung Maiers in den Ruhestand – „zur Abwehr einer | |
| schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege“. | |
| Zudem soll ihm per Eilantrag die Führung der Amtsgeschäfte verboten werden. | |
| Seit vergangenem Freitag war klar, dass sich diese Verfahren verzögern. | |
| Maier hat den rechten Szeneanwalt Jochen Lober aus Köln beauftragt, der | |
| zeitweilig auch Ralf [3][Wohlleben im NSU-Prozess] verteidigte. Er soll | |
| zunächst Akteneinsicht bekommen. Laut Dienstgericht kann „gegenwärtig noch | |
| nicht abgesehen werden, wann die Kammer entscheiden wird“. | |
| Sachsens Justizministerin Meier will sich dennoch keine Vorwürfe machen. | |
| Eine Bürgerin aus Dresden hatte im Februar an das Justizministerium | |
| geschrieben, „bestürzt“ darüber, dass mit Jens Maier ein Mann wieder | |
| Richter werden soll, der „seit Jahren im rechtsextremen völkischen Flügel | |
| der AfD aktiv“ sei und „ganz offen menschenverachtende und nicht | |
| verfassungskonforme Positionen“ vertrete. | |
| ## „Demokratische Verantwortungslosigkeit sondergleichen“ | |
| In dem vor wenigen Tagen verschickten Antwortschreiben, das der taz | |
| vorliegt, schrieb das Ministerium, die Kritik an einer Rückkehr von | |
| Beamt:innen in ihr früheres Dienstverhältnis, „ohne dass die von ihnen | |
| während der Abgeordnetenzeit vertretenen Ansichten eine Rolle spielen“, | |
| lasse sich „gut nachvollziehen“. Aber: „Für den gesetzlichen | |
| Rückkehranspruch bleiben die politischen Aktivitäten während der Zeit als | |
| Abgeordneter grundsätzlich außer Betracht.“ | |
| Unter Hinweis auf das Dienstrecht hieß es, die Handlungsmöglichkeiten im | |
| Ministerium seien „eingeschränkt“. Dennoch sei der Rechtsstaat „nicht | |
| handlungsunfähig, wenn es darum geht, zum Beispiel mit Feinden der | |
| Verfassung umzugehen“. | |
| RAV-Vorständin Kati Lang bezweifelt das. Sie bedauert, dass die parallel | |
| mögliche Richteranklage gegen Maier nicht zustande gekommen sei. Mit den | |
| Stimmen von CDU, Grünen, Linken und SPD hätte es die notwendige | |
| Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag gegeben. | |
| Lang wirft der Kenia-Regierungskoalition in Sachsen „demokratische | |
| Verantwortungslosigkeit sondergleichen“ vor. An die Adresse der sächsischen | |
| Justiz sagt sie, diese habe kaum Selbstreinigungskräfte aufzuweisen, anders | |
| lasse sich auch das zögerliche Vorgehen des Richterdienstgerichtes nicht | |
| erklären. Der wohl größte Fehler sei, „dass die Justiz selbst rechte, | |
| rassistische und antisemitische Funktionsträger duldet, keine Haltung zeigt | |
| und die Eskalation damit mitverschuldet“. | |
| 14 Mar 2022 | |
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| Matthias Meisner | |
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