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# taz.de -- Deutsche Reaktionen auf Ukraine-Krieg: „Das ist Putins Krieg“
> Die Bundesregierung kündigt harte Sanktionen gegenüber Russland und volle
> Solidarität mit der Ukraine an. Waffen will sie aber nicht liefern.
Bild: Olaf Scholz auf dem Weg zu einer Pressekonferenz im Kanzleramt am 24.02.2…
Berlin taz | „Der 24. Februar ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und
ein düsterer Tag für Europa“. Des schwarzen Schlips' hätte es gar nicht
bedurft, Miene und Worte des Bundeskanzlers sprachen Bände als Olaf Scholz
(SPD) am Donnerstagvormittag nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts in
Berlin vor die Presse trat. Was unter allen Umständen vermieden werden
sollte, ist eingetreten: [1][Russland überfällt die Ukraine], in Europa
herrscht Krieg. „Das ist Putins Krieg“, wie Scholz klar stellte. Und dieser
werde einen bitteren Preis dafür zahlen.
Scholz kündigte harte Sanktionen noch am selben Tag an, in Absprache mit
den europäischen und transatlantischen Partnern. Die Termine diesseits und
jenseits des Atlantik sind eng getaktet. Am Donnerstagnachmittag trafen
sich die G7-Staaten zum Videogipfel, für den Abend waren die
EU-Staatslenker:innen in Brüssel verabredet. Die Nato will sich in Kürze in
Präsenz treffen.
„Volle Solidarität“, versicherte Scholz der Ukraine. Wobei klar ist, dass
diese Solidarität einen Aspekt ausschließt: Militärischen Beistand.
Deutschland wird weder Soldaten noch Waffen schicken. Die Drohung Putins
war in diesem Punkt deutlich: Es sollte kein Zweifel daran bestehen, dass
ein direkter Angriff auf Russland zu schlimmen Konsequenzen für jeden
potenziellen Angreifer führen würde, hatte er in seiner Rede am
Donnerstagmorgen angekündigt. Und die Ukraine gehört nach Putins Lesart zu
Russland.
Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Donnerstagmorgen
nach einer Sitzung des Krisenstabes im Auswärtigen Amt harte, zusätzliche
Sanktionen angekündigt. „Wir werden das volle Paket mit massivsten
Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen“, sagte Baerbock.
## Deutsche sollen Ukraine verlassen
Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen des Westens würden aber auch
Auswirkungen auf die Bundesrepublik haben, sie wies auf steigende Preise
und fallende Aktienmärkte hin. „Wir haben uns diese Situation nicht
ausgesucht. Wir können, aber wir wollen ihr auch nicht aus dem Weg gehen.“
Die europäische Friedensordnung der vergangenen Jahrzehnte sei die
Grundlage für das Leben in Wohlstand und in Frieden. „Wenn wir jetzt nicht
entschlossen dafür eintreten, werden wir einen noch höheren Preis
bezahlen.“
Baerbock rief alle in der Ukraine lebenden Deutschen auf, das Land
unverzüglich zu verlassen. „Falls Sie das Land nicht auf einem sicheren Weg
verlassen können, bleiben Sie vorläufig an einem geschützten Ort.“ Eine
Evakuierung durch deutsche Behörden sei derzeit nicht möglich. Die
Außenministerin wies aber darauf hin, dass die deutschen
Auslandsvertretungen in den Nachbarländern Polen, Slowakei, Ungarn und
Moldau an den Grenzen Unterstützung leisten würden. Verbliebenes entsandtes
Personal der deutschen Vertretung sei aus Sicherheitsgründen aus Kiew
abgezogen worden, ob die Arbeit in Lwiw oder an einem anderen Ort wieder
aufgenommen werde, sei noch unklar.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine ist auch der
Verteidigungsausschuss des Bundestages am Donnerstag zu einer Sondersitzung
zusammengekommen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach
nach der Sitzung von „einem brutalen Angriffskrieg“ und einem „klaren
Verstoß gegen das Völkerrecht“. Sie forderte Putin zum Truppenrückzug auf.
Wichtig sei, dass die Nato nun ganz klar zusammenstehe. „Unsere Alliierten
können sich zu 100 Prozent auf uns verlassen“, sagte Lambrecht und betonte,
dass die Bundeswehr auch dazu in der Lage sei.
An der Sitzung nahm auch CDU-Parteichef Friedrich Merz teil, der eigentlich
nur stellvertretendes Mitglied im Ausschuss ist. Ein Signal, dass die Union
hinter der Bundesregierung steht. „Es ist Krieg in Europa. Es ist nicht nur
ein Krieg gegen die Ukraine, sondern es ist ein Krieg gegen die Demokratie,
gegen unsere Freiheit“, hatte Merz bereits am Morgen im ZDF gesagt. Dass
die Nato Putin bedrohe, sei „ein Popanz der russischen Propaganda“. Die
Nato bedrohe niemanden. Putin fühle sich vielmehr durch die
Demokratiebewegung in der Ukraine und in Belarus bedroht.
## Debatte um Zustand der Truppe
Vor Beginn der Sitzung, sprach die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes
Strack-Zimmermann (FDP) von einer „dramatischen Situation für Europa, aber
auch für diese Welt“. Sie bekräftigte, dass Deutschland die Ukraine nicht
militärisch unterstützen werde, auch nicht mit Waffenlieferungen. Dies wäre
auch angesichts „der russischen Übermacht“ nicht sinnvoll. Allerdings seien
die Nato-Truppen, auch die der Bundeswehr, an den Grenzen des Nato-Gebiets
„natürlich in Bereitschaft“.
Auch Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul schloss Waffenlieferungen an die
Ukraine aus. „Wenn man Waffen hätte liefern wollen, dann hätte man das
früher machen können. Jetzt geht es nicht mehr. Es ist ein laufender
Krieg“, sagte er dem Fernsehsender Phoenix.
Damit reagierte er auch seinen Parteifreund Norbert Röttgen, der
Waffenlieferungen in die Ukraine gefordert hatte. Strack-Zimmermann und
Wadephul pochten aber auf eine Stärkung der Bundeswehr, die in den
vergangenen Jahren versäumt worden sei.
Scharf kritisierte der Chef des Heeres, Alfons Mais, den Zustand der
Bundeswehr. Diese stehe angesichts eines Krieges in Europa „mehr oder
weniger blank da“, postete Mais in den Sozialen Netzwerken. „Die Optionen,
die wir der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten können, sind
extrem limitert“. Man sei mit den Argumenten, Folgerungen aus der
Krim-Annexion zu ziehen, nicht durchgedrungen. „Ich bin angefressen!“
## Keine Verständnis für Russland, nirgends
Versäumnisse räumte auch die ehemalige Bundesverteidigungsministerin
Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein. [2][Auf Twitter schrieb sie]: „Ich
bin so wütend auf uns, weil wir historisch versagt haben.“ Nach Georgien,
Krim und Donbass habe man nichts vorbereitet, was Putin wirklich
abgeschreckt hätte. „Wir haben die Lehre von Schmidt und Kohl vergessen,
dass Verhandlungen immer den Vorrang haben, aber man militärisch so stark
sein muss, dass Nichtverhandeln für die andere Seite keine Option sein
kann.“
Selbst jenen, die lange um Verständigung mit Russland warben, fehlt
angesichts des Überfalls auf die Ukraine nun jegliches Verständnis. In
einer persönlichen Erklärung schrieb der Vorsitzende des deutsch-russischen
Forums und ehemalige Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck
(SPD), er fassungslos und erschüttert über den nichts zu rechtfertigenden
Überfall. „Ich habe mich immer für Verständnis für russische Sichtweisen
und für Freundschaft zwischen unseren Völkern eingesetzt. Für das
verantwortungslose Vorgehen des russischen Präsidenten gegen den souveränen
Staat Ukraine fehlt mir jedwedes Verständnis.“
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan
Korte, erklärte, Putins Überfall der Ukraine sei „ein völkerrechtswidriger
Angriffskrieg“, der durch nichts zu rechtfertigen sei. Die Menschen in der
Bundesrepublik rief er dazu auf, sich an den vielfältigen Friedensaktionen
zu beteiligen.
Am Sonntag wird auch der Bundestag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Bundeskanzler Scholz kündigte eine Regierungserklärung an. Die
Oppositionsführer:innen waren darüber schon telefonisch
unterrichtet worden. Auch innenpolitisch schließen sich angesichts der
russischen Eskalation die Reihen.
24 Feb 2022
## LINKS
[1] /Nachrichten-zum-Angriff-auf-die-Ukraine/!5837492
[2] https://twitter.com/akk/status/1496803129328816135
## AUTOREN
Sabine am Orde
Anna Lehmann
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