| # taz.de -- UN-Sicherheitsrat und die Ukraine: Eine böse Premiere | |
| > Erstmals in seiner Geschichte beginnt ein Krieg, noch während das Gremium | |
| > tagt. Die Vereinten Nationen sind blockiert | |
| Bild: Der ukrainische Botschafter Sergiy Kyslytsya attackierte seinen russische… | |
| Der UN-Sicherheitsrat hat eine böse Premiere erlebt. Noch während die | |
| bereits zweite Dringlichkeitssitzung zum Ukraine-Konflikt diese Woche am | |
| Mittwochabend (Ortszeit) in New York lief, wurden 14 der 15 | |
| BotschafterInnen in dem Gremium von der Realität eingeholt – der russische | |
| Präsident Wladimir Putin kündigte in Moskau den Beginn der Angriffe auf die | |
| Ukraine an. | |
| Vergeblich blieb der Appell, den UNO-Generalsekretär António Guterres zur | |
| Eröffnung der Sitzung an Putin gerichtet hatte: „Halten Sie Ihre Truppen | |
| davon ab, die Ukraine anzugreifen, geben Sie dem Frieden eine Chance, viele | |
| Menschen sind bereits gestorben.“ Russlands UNO-Botschafter Wassili | |
| Nebensja reagierte auf dem Appell mit der Rechtfertigung der Angriffe – und | |
| ihrer Verharmlosung. Es handele sich dabei „nicht um einen Krieg“, sondern | |
| lediglich um „eine spezielle militärische Operation“. | |
| Es folgten ungewöhnlich scharfe Wortgefechte. Der ukrainische Botschafter | |
| Serhij Kyslyzja erklärte in Richtung seines russischen Amtskollegen: „Wir | |
| verurteilen die Aggression, die Sie gegen mein Volk verüben. Es gibt kein | |
| Fegefeuer für Kriegsverbrecher. Sie fahren direkt zur Hölle, Botschafter.“ | |
| US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield kritisierte die „Missachtung“ des | |
| Sicherheitsrates durch sein ständiges Mitglied Russland. | |
| In Berlin bezeichnete auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, der sich in | |
| der Vergangenheit immer intensiv für eine Deeskalation des Konflikts mit | |
| Russland engagiert hatte, Putin als „Kriegsverbrecher“. Russland, so | |
| Mützenich, habe „sein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat moralisch und | |
| politisch verwirkt“. | |
| ## Auch die UN-Generalversammlung hätte Mittel | |
| Die USA und die anderen Staaten in dem Gremium hatten noch für Donnerstag | |
| einen Resolutionsentwurf angekündigt: Auf Basis von Kapitel 6 der | |
| UNO-Charta zur „friedlichen Beilegung von Streitigkeiten“ wird darin ein | |
| „Verstoß“ Russlands gegen die Charta festgestellt. Auch eine Ratsresolution | |
| zum Ukraine-Konflikt von 2015 soll Moskau mit seinem Angriff missachtet | |
| haben. Die Regierung Putin wird aufgefordert, sich umgehend wieder daran | |
| und an das Völkerrecht zu halten. Doch Russland wird gegen den das Vorhaben | |
| sein Vetorecht wahrnehmen. | |
| An die „Maßgabe“ aus Artikel 27 der UNO-Charta, dass sich bei Beschlüssen | |
| auf Basis von Kapitel 6 die Streitparteien „der Stimme enthalten sollen“, | |
| dürfte sich Russland genauso wenig halten wie die anderen vier ständigen, | |
| vetoberechtigten Ratsmitglieder in der Vergangenheit. | |
| Laut Charta ist der Sicherheitsrat zuständig, um bei „einer Bedrohung oder | |
| dem Bruch des Friedens“ Maßnahmen zu ergreifen „zur Wiederherstellung des | |
| Friedens und der internationalen Sicherheit“. Wird die Handlungsfähigkeit | |
| des Rats aber durch das Veto eines (oder mehrerer) seiner fünf ständigen | |
| Mitglieder blockiert, kann die Generalversammlung diese Zuständigkeit an | |
| sich ziehen. Das geschah zum ersten Mal zu Beginn des Koreakrieges im Jahre | |
| 1950. | |
| Nachdem der Rat durch eine Vetodrohung der Sowjetunion über sechs Monate | |
| blockiert war, verabschiedete die Generalversammlung die | |
| Notstandsresolution „Uniting for Peace“. Das erfolgte seitdem in neun | |
| weiteren Fällen. Auf einer Sitzung der Generalversammlung am Mittwoch | |
| kritisierten zwar mehrere Dutzend Länder das Vorgehen Russlands. Aber eine | |
| Initiative für eine Notstandsresolution zeichnete sich zunächst noch nicht | |
| ab. | |
| Schon mehrfach in der 77-jährigen UN-Geschichte hatte der Sicherheitsrat | |
| auf einer Dringlichkeitssitzung in den Tagen und Stunden vor einem | |
| drohenden Krieg diesen noch zu verhindern versucht. Zuletzt und vergeblich | |
| geschah das unmittelbar vor Beginn des völkerrechtswidrigen Irak-Krieges | |
| der USA und Großbritanniens am 20. März 2003. | |
| 24 Feb 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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