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# taz.de -- Reform der dänischen Medienförderung: Geldsegen für Redaktionen
> Dänemarks Regierung will den Lokaljournalismus stärker subventionieren.
> Außerdem sollen Streamingdienste wie Netflix eine Kulturabgabe zahlen.
Bild: Lokalzeitungen wie das „Helsingoer Dagblad“ sollen mehr Geld bekommen
Stockholm taz | „Ich habe es richtig schwer, meine Begeisterung im Zaum zu
halten“, sagt Tine Johansen, die Vorsitzende der dänischen
Journalistengewerkschaft „Dansk Journalistforbund“ (DJ) über die Pläne der
dänischen Regierung. Kulturministerin Ane Halsboe-Jørgensen hat vergangene
Woche einen Plan zur Reform der staatlichen Medienförderung präsentiert.
Die Ministerin habe „die Probleme der Branche erkannt“, lobt Johansen. „U…
sie zeigt tatsächlich Lösungen auf.“
Soviel Zustimmung zu medienpolitischen Weichenstellungen in Kopenhagen hat
es von JournalistInnen lange nicht mehr gegeben – im Gegenteil. [1][Das
letzte Mal, als eine Regierung Hand an die Medienförderung legte], fällte
Lars Wenge, Johansens Vorgänger im Gewerkschaftsvorsitz nur das
vernichtende Urteil: „Massaker am dänischen Public-Service.“
Das war 2018, die damalige rechtsliberal geführte Regierung hatte dermaßen
den Rotstift beim Public Service-Sender „Danmarks Radio“ (DR) angesetzt,
dass auch die Tageszeitung Information von einem „bürgerlichen Massaker“
schrieb. Die seit 2019 regierenden Sozialdemokraten dürfen nun zeigen, wie
sie es besser machen wollen. Für die schon in ihrer Regierungserklärung
angekündigte Medienreform ließen sie sich zwar reichlich Zeit, Einzelheiten
muss die Minderheitsregierung von Mette Frederiksen zunächst mit den
anderen Parteien aushandeln. Aber die meisten der 37 Punkte, die Ministerin
Halsboe-Jørgensen unter dem Titel „Den demokratischen Dialog stärken“
präsentierte, stoßen auf positives Echo.
Zum einen soll das Budget für den Public Service, dessen Finanzierung von
einer Rundfunkgebühr auf eine solche aus der Staatskasse umgestellt worden
war, wieder aufgestockt werden. Außerdem soll der bisherige starke Einfluss
der Politik auf die Führungsgremien vermindert und der Vorstand von
„Danmarks Radio“ statt mit ParteipolitikerInnen mit Medienprofis besetzt
werden. „Für mich die größte Überraschung“, sagt Tine Johansen.
## Lokale und regionale Medien werden gestärkt
Bei der Presseförderung sollen derweil die Vertriebs- und
Produktionssubventionen für die lokalen und regionalen Medien aufgestockt
werden – gleich ob gedruckte oder digitale. Teilweise soll dies Kosten der
überregionalen Medien passieren. Von einem dringend notwendigen Schritt
spricht der Verlegerverband Danske Medier.
Denn die Zahl der Lokalredaktionen von Tageszeitungen ist trotz der
bisherigen Medienförderung im vergangenen Jahrzehnt von 111 auf 84
geschrumpft, die der werbefinanzierten lokalen Wochenzeitungen von 248 auf
184. Die Verlage begrüßen auch, dass es spezielle Fördertöpfe für die
digitale Umstellung geben soll.
Außerdem soll es eine neue Voraussetzung geben für Medienförderung: Dass
tarifliche Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden – was künftig
auch für Subunternehmen gelten soll. Zufrieden sind damit natürlich vor
allem die Gewerkschaften. „Höchste Zeit“, meint Birger Lund, Vorsitzender
des DJ-Branchenverbands für Film- und TV-Beschäftigte. Gerade in dieser
Branche gebe es bisher allerorts das Problem untertariflicher Bezahlung,
fehlender sozialer Absicherung, unbezahlter Überstunden und von
Kurzzeitverträgen.
Fragezeichen bleiben noch hinter den Plänen der Regierung,
Streamingdiensten wie Netflix oder HBO eine „Kulturabgabe“ von 5 Prozent
auf allen Umsatz aufzuerlegen, den diese in Dänemark generieren. Mit diesen
Einnahmen soll die öffentliche Filmförderung für dänische Produktionen
aufgestockt werden. ExpertInnen für internationales Recht äußern aber
Zweifel, ob eine solche nationale Abgabe mit der 2021 erreichten
[2][Übereinkunft der OECD-Länder zur Einführung einer globalen
Mindeststeuer] vereinbar wäre.
Auch Dänemark hat sich darin nämlich verpflichtet, keine nationalen
Steueralleingänge bei digitalen Diensten zu machen. Es sei ja keine Steuer,
entgegnet das Kulturministerium, sondern eine „Abgabe“ wie sie auch
Frankreich schon eingeführt habe. Zudem habe die EU grünes Licht gegeben,
den Streamingdiensten eine „Investitionsverpflichtung“ aufzuerlegen.
11 Feb 2022
## LINKS
[1] /Oeffentlich-Rechtliche-in-Daenemark/!5492183
[2] /Globale-Mindeststeuer/!5807107
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Medienwandel
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