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# taz.de -- Gründerin über Portal kulturkanal.sh: „Kultur sollte immer Plat…
> Pauline Reinhardt, Mitgründerin des Kulturjournalismus-Portals in
> Schleswig-Holstein, über Staatsknete und das Glück, keine Chefredaktion
> zu haben.
Bild: Quer durchs Land: Der Nord-Ostsee-Kanal im Hintergrund und Pauline Reinha…
taz: Glückwunsch zum neuen Job, Frau Reinhardt! Oder ist es gar keiner?
Pauline Reinhardt: Dankeschön. Wir arbeiten alle als freie
Journalist:innen für den Kulturkanal. Es ist ein Job, aber kein
Vollzeitjob.
Den haben Sie sich selbst geschaffen.
Ja, wir haben uns im Oktober gegründet, sind am Montag mit unseren ersten
Texten online gegangen.
Leisten die Medien im Land nicht genug?
Ja, für Kultur gilt immer so was wie: „Können wir reinnehmen, wenn noch
Platz ist.“ Wir sagen eben, für Kultur sollte immer Platz sein. Kultur ist
so breit, dass man dafür ein eigenes Medium entwickeln kann, für ganz
Schleswig-Holstein.
Die Zeitungen haben sich das Land in drei Drittel aufgeteilt. Schauen sie
zu wenig über die Grenzen ihres Verbreitungsgebiets, was Kultur angeht?
Ja, ich würde das als ein Problem sehen. Gerade haben wir zum Beispiel
[1][über den Bücherbus geredet]. Da können wir vergleichen dadurch, dass
wir in verschiedenen Regionen Schleswig-Holsteins ansässig sind, auch aus
sehr kleinen Orten berichten können: Wie läuft das an welchem Ort? Es gibt
viele Themen, die sich dafür anbieten. Ich denke, da können die Regionen
viel voneinander lernen. Wir können aber auch sagen, wir schauen uns die
großen kulturpolitischen Themen an, die das ganze Land betreffen.
Tun das die anderen nicht?
Wir können uns mehr Zeit dafür nehmen. Das ist ja gerade im Tagesgeschäft
häufig ein bisschen schwieriger.
Als Freie können Sie immer tiefer gehen – nur eben auf eigene Kosten.
Das besondere bei uns ist, dass wir keine Hierarchien haben. Wir haben
keine Chefredaktion, das heißt, jede Person kann die Themen einbringen, an
denen sie selber interessiert ist, natürlich in Absprache mit den anderen:
Worüber berichten wir? Wie ausführlich?
Und wie findet Qualitätskontrolle statt?
Natürlich lesen wir gegenseitig Korrektur. So ist es nicht, dass jetzt
jeder einfach irgendwas reinstellt. Wir sind alle gleichberechtigt, aber
genauso kann man sagen, wir sind alle gegenseitig auch unsere
Chefredaktion.
Kann man dann auch mal dem Kollegen sagen: Was du da geschrieben hast, ist
übrigens totaler Mist, das machen wir nicht!
Ich hoffe, dass wir da offen genug kommunizieren.
Wie sieht Ihr Angebot inhaltlich aus?
Zum klassischen Kulturjournalismus gehören Kritiken. Dann wollen wir aber
auch Menschen und Orte zeigen, die Kultur schaffen. Wir beschäftigen uns
mit Kulturpolitik und haben ein paar kleine Rubriken, die Spaß machen
sollen. Wir haben was zur plattdeutschen Sprache. Wir machen Spaziergänge,
auf denen wir Orte subjektiv in Fotografien einfangen. Wir wollen auch in
Dialog treten mit den Leuten, die uns lesen. Man muss sich anmelden, um die
Artikel zu lesen. Es ist kostenlos, aber wir bitten um diese Registrierung,
und dadurch wollen wir auch persönlichen Kontakt zu den Leuten herstellen.
Wir sind offen für Themenvorschläge und Diskussionen.
Ich bin automatisch in der kostenlosen Kategorie „Nutz und Nießer“
gelandet. Da habe ich mich gleich schäbig gefühlt.
In ein paar Tagen oder Wochen werden wir auch auf freiwillige Unterstützung
setzen. Wir wollen sagen: Unsere Arbeit hat einen Wert. Und wenn jemand
dafür zahlen kann, freuen wir uns sehr. Aber natürlich verstehen wir auch,
wenn Leute erst mal schauen wollen, was wir da überhaupt machen.
Staatsknete haben Sie auch bekommen.
Das stimmt. Es gab einen Wettbewerb der [2][Medienanstalt HH/SH] und der
Staatskanzlei Schleswig-Holstein und wir haben gewonnen. Wir haben
anscheinend überzeugt.
Ist das eine Dauerfinanzierung?
Nein, das ist ganz bewusst als Anschubfinanzierung gedacht. Neue
Medienprojekte kann man nicht aus dem Hut zaubern. Das Ziel ist aber, dass
wir uns langfristig selbst finanzieren können, über das freiwillige
Unterstützungsmodell, und über Anzeigen.
Sie sind als Privatunternehmen gewinnorientiert – und treten in Konkurrenz
zu regionalen Medien. Darf der Staat das finanzieren?
Es steht allen frei, uns dafür zu kritisieren, aber es war ein Wettbewerb
mit öffentlicher Ausschreibung. Wir haben uns nicht irgendwelche Gelder
erschlichen.
Zahlen Sie sich Honorare aus?
Die sechs Gesellschafter:innen kriegen eine Gewinnausschüttung. Da
kann man nicht von leben, aber wir machen es ja auch alle nicht voll
beruflich.
Sie sind gar nicht alle Kulturjournalist:innen.
Nein, aber man muss nicht Kulturwissenschaften studiert haben, um über
Kultur zu schreiben. Es ist ja auch unterschiedlich, was wir machen, also
wer über welche Themen schreibt und in welcher Ausführlichkeit.
Warum haben Sie keinen Ticketverkauf integriert? Da könnte man doch Geld
verdienen.
Ich würde gar nicht ausschließen, dass wir uns solchen Ideen noch widmen.
Der Zustand, den wir gerade haben, ist nicht in Stein gemeißelt.
Heißen Sie Kulturkanal, weil der Nord-Ostsee-Kanal die Mitte zwischen den
beiden Landesteilen Schleswig und Holstein ist?
Da kann man viel reinlesen. Für mich ist ein Kanal der Weg, über den man
Themen an die Leute bringt.
Transparenzhinweis: Eine der sechs Gründer:innen von [3][kulturkanal.sh]
ist Esther Geißlinger, Schleswig-Holstein-Korrespondentin der taz.
21 Mar 2024
## LINKS
[1] /Literatur-unterwegs/!5082479
[2] /Kritik-an-Kooperation-mit-Ministerium/!5735113
[3] https://www.kulturkanal.sh/
## AUTOREN
Jan Kahlcke
## TAGS
Kultur im Internet
Journalismus
Medien
Filmrezension
Medienwandel
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