# taz.de -- Öffentlich-Rechtliche in Dänemark: „Bürgerliches Massaker“ | |
> Die dänischen Rechtspopulisten setzen sich durch: Die Rundfunkgebühr wird | |
> abgeschafft und „Danmarks Radio“ über den Staatshaushalt finanziert. | |
Bild: Werden Erfolgserien wie „Borgen – Gefährliche Seilschaften“ nun au… | |
STOCKHOLM taz | „Das hat nichts mit Medienpolitik zu tun“, empört sich Lars | |
Wenge, Vorsitzender der dänischen Journalistengewerkschaft Dansk | |
Journalistforbundet (DJ): „Dafür gibt es nur ein Wort: Massaker am | |
dänischen Public-Service.“ Wie die Regierung in Kopenhagen dem mit Abstand | |
größten Medienunternehmen des Landes nun die Mittel kürze, sei „schlicht | |
und ergreifend eine Katastrophe“. | |
Am Freitag präsentierte der dänische Finanzminister Kristian Jensen das | |
Resultat monatelanger Verhandlungen der Regierung mit der Dänischen | |
Volkspartei über die Zukunft von „Danmarks Radio“ (DR), dem | |
öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen. Das Ergebnis, das auch für | |
das DJ-Präsidiumsmitglied Henrik Friis Vilmar „viel schlimmer als erwartet“ | |
ausfiel: In Dänemark wird die Rundfunkgebühr abgeschafft und Danmarks Radio | |
künftig über den Staatshaushalt finanziert. Dabei wird das DR-Budget | |
schrittweise im Laufe der kommenden fünf Jahre um ein Fünftel, umgerechnet | |
105 Millionen Euro, gekürzt. | |
Damit setzte sich die rechtspopulistische Dänische Volkspartei durch. Die | |
steht als zweitstärkste Kraft zwar außerhalb der | |
rechtsliberal-konservativen Regierung von Ministerpräsident Lars Løkke | |
Rasmussen, wird von dieser aber regelmäßig für parlamentarische Mehrheiten | |
gebraucht. Sie hatte mit Erfolg verlangt, die von der Regierung | |
ursprünglich geplante DR-Budgetkürzung von 12,5 Prozent auf 20 Prozent | |
hochzuschrauben. | |
Das sei nicht akzeptabel, meinen beispielsweise die oppositionellen | |
Sozialdemokraten, die sich zwar ebenfalls Kürzungen vorstellen konnten, | |
aber nicht, „wenn das in der Praxis mehrere Hundert Stunden weniger an | |
Dokumentationen, Nachrichten und am Kinderprogramm bedeutet“, wie ihr | |
medienpolitischer Sprecher Mogens Jensen kritisierte. | |
Unter Parteien und in der Öffentlichkeit wesentlich weniger kontrovers als | |
der „wahnwitzige Kahlschlag“ – so Jacob Mark, Mediensprecher der | |
Linkssozialisten –, ist die Abschaffung der Rundfunkgebühr, die auch von | |
der Linksopposition schon länger als „unsolidarisch“, weil unabhängig vom | |
Einkommen, in Frage gestellt wird. | |
Bislang zahlt jeder dänische Haushalt umgerechnet 340 Euro im Jahr für die | |
Rundfunkgebühr „Medielicens“. Ab 2019 soll der DR-Haushalt steuerlich | |
finanziert werden. Allerdings nicht – wie seit 2013 in Finnland – über eine | |
spezielle „Mediensteuer“, sondern über die Senkung der jährlichen | |
persönlichen Steuerfreibeträge. | |
## „Ein kleinerer Leuchtturm“ in der Medienlandschaft | |
Gegenüber der jetzigen Rundfunkgebühr würden damit außer bisherigen | |
Schwarzsehern alle weniger zahlen, versprach der Finanzminister und | |
rechnete Ersparnisse von jährlich 22 Euro für einen durchschnittlichen | |
Zweipersonen- und bis zu 166 Euro bei einem Einpersonenhaushalt vor. | |
Die Regierung werde sich nicht einmischen, wo DR den Rotstift ansetze, um | |
mit dem geschrumpften Budget klar zu kommen, betonte Kultusminsterin Mette | |
Bock. „Sie müssen sich selbst überlegen, wie sie effektiver werden können.… | |
Trotz der von ihr selbst als „beispiellos“ bezeichneten Kürzungen erwarte | |
man, dass DR auch in Zukunft ein „Leuchtturm“ in der Medienlandschaft sein | |
werde , aber „ein kleinerer Leuchtturm“. Die Regierung wolle „eine bessere | |
Balance zwischen den staatlich finanzierten und dem privaten dänischen | |
Medienmarkt“ schaffen. Um „zuverlässige Informationen zu liefern“ bedür… | |
es „nicht unbedingt staatlicher Medien“. | |
Dass die Regierung nun einfach einen Kürzungsprozentsatz verordne, ohne | |
sich offenbar Gedanken über Konsequenzen gemacht zu haben, kritisierte | |
DR-Generaldirektorin Maria Rørbye Rønn, und auch die liberale Politiken | |
bezeichnet dieses Vorgehen als „unseriös“: Es sei „grotesk“, wenn man … | |
DR erwarte auch zukünftig hochwertiges Programm zu produzieren, aber nicht | |
sage, wo genau denn dann gekürzt werden solle. | |
Die Tageszeitung Information hat ihre Vermutung, was jedenfalls auch hinter | |
den von ihr als „bürgerliches Massaker“ und „blutigen Schnitt“ | |
charakterisierten Kürzungen steckt: Ein „reiner Rachefeldzug“ der Dänisch… | |
Volkspartei gegen den ungeliebten vermeintlichen „Linkssender“. | |
17 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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