# taz.de -- Strukturreform Öffentlich-Rechtliche: Gesundgeschrumpft oder tot | |
> Die Politik will, dass die ARD noch mehr spart. Die weigert sich. | |
> Streicht die Politik jetzt am Programm der Öffentlich-Rechtlichen herum? | |
Bild: Wehrt sich gegen Kürzungen am Programm: der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhe… | |
„Nein“, sagt der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm, das sei einfach nicht | |
drin. „Wir können jetzt nicht mit Wirksamkeit 1. Januar 2021, also der | |
nächsten Beitragsperiode, seriös noch ein weiteres Paket vorlegen.“ Mit | |
dieser verklausulierten Aussage gibt Wilhelm der Medienpolitik einen Korb, | |
denn was er da sagt, heißt übersetzt: Die ARD weigert sich, der Politik auf | |
die bisherigen Sparvorschläge im großen Stil noch etwas draufzulegen – | |
obwohl die Rundfunkkommission der Länder genau das für diesen Freitag | |
gefordert hat. | |
Die Politik will Beitragsstabilität – mindestens eine relative, also | |
zumindest mit einem Ausgleich der Inflation. Den hat es für die | |
öffentlich-rechtlichen Sender schon länger nicht gegeben. Einige Länder | |
fordern aber absolute Beitragsstabilität; der Rundfunkbeitrag würde dann | |
bei monatlich 17,50 Euro pro Haushalt bleiben oder kaum steigen. Damit das | |
klappt, will die Politik, dass die Sender sparen. | |
Dieser Sparkurs läuft unter der Vokabel „Strukturreform“: Die eigentlich | |
autonomen neun ARD-Anstalten, das ZDF und das Deutschlandradio sollen | |
spürbar zusammenarbeiten. Im ersten Wurf haben die Anstalten dafür etwa | |
eine Vereinheitlichung ihrer Buchhaltung vorgeschlagen, aber auch ihrer | |
Archive und Redaktionssysteme. Dazu wollen sie unter anderem auch bei der | |
Infrastruktur für ihre Auslandsstudios sparen. | |
„Wenn es darum geht, wie die ARD arbeitet, dann ist das wirklich eine | |
Veränderung“, sagt Wilhelm und spricht von „tiefgreifende Reformen“, die… | |
den Sendern „weiter energisch angepackt“ würden. Allein: Wer noch größere | |
Effekte wolle, müsse auch spürbar ans Programm ran – und das würden doch | |
eigentlich „weder die Politik, noch das Publikum“ wollen, sagt Wilhelm. ARD | |
und ZDF sagen deshalb deutlich: Liebe Politik, wenn ihr das wollt, sagt es | |
auch – oder lasst uns über die bisherigen Sparpläne hinaus erst mal in | |
Ruhe. | |
## Mehr Kürzungen sind für die ARD tabu | |
Erst Anfang dieser Woche hatte die Vorsitzende der Rundfunkkommission, die | |
rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), weitere | |
Sparvorschläge angemahnt. Ihre Staatssekretärin Heike Raab erklärte | |
anschließend, sie wolle „natürlich nicht sparen um des Sparens willen“. | |
Kürzungen am Programm sollten zudem vermieden werden. Sie sehe aber dennoch | |
weiteren Spielraum, etwa bei der Verbreitung öffentlich-rechtlicher | |
Inhalte. Die müssten doch nicht immer auf klassischen Sendern präsentiert | |
werden: „Es gibt Sparten, die kann man auch on-demand anbieten“, sagte | |
Raab. | |
Das aber müsste die Politik regeln, indem sie den Auftrag an die Sender | |
ändert. Die IntendantInnen könnten hier auch selbst Vorschläge unterbreiten | |
– tun sie aber nicht. Wilhelm stützt sich stattdessen auf neue Zahlen | |
seiner Medienforschung: 94 Prozent aller hiesigen NutzerInnen ab 14 Jahren | |
griffen zumindest wöchentlich auf Angebote der ARD zurück. Täglich seien es | |
80 Prozent. Seine Botschaft ist eindeutig: Das Publikum wolle die ARD. Wenn | |
die Politik darauf Rücksicht nehme, seien Kürzungen tabu. | |
„Wir werden aber auch nicht sagen, dieses erste Paket ist generell der | |
Schlusspunkt“, sagt der ARD-Vorsitzende. Anfang der Woche hatten er und | |
seine KollegInnen auf der ARD-Tagung in Bremen unter anderem ein | |
„gemeinsames Sendezentrum“ für Sport-Großereignisse beschlossen, getestet | |
zuletzt bei den Olympischen Winterspielen. Statt Hunderte JournalistInnen | |
und TechnikerInnen ins Ausland zu schicken, könne die ARD – „idealerweise | |
auch das ZDF“ – Sportübertragungen aus dem Ausland von Deutschland aus | |
fahren. | |
Auch beschlossen wurde [1][eine „Public Value“-Kampagne]. Die ARD will auf | |
ihren Kanälen „anhand emotional verbindender Momente die Verbundenheit mit | |
dem Publikum zeigen“ unter dem Motto „Wir sind deins“. Konkreter wird | |
Wilhelm nicht, in diese Logik würde aber freilich das Public Viewing der | |
Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland passen oder auch der | |
Mauerfall – große Momente, die das Publikum mit „seiner“ ARD erlebt hat. | |
Für die ARD gehört auch das zu dem Versuch, zu verhindern, dass die Politik | |
ihr den Auftrag kürzt. | |
20 Apr 2018 | |
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[1] /Public-Value-Kampagne-der-ARD/!5495973/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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