Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Extremismus in Westafrika: Der Terror rückt an die Küste vor
> Mali, Niger und Burkina Faso werden von islamistischem Terror
> heimgesucht. Nun rechnen auch die Elfenbeinküste, Togo und Benin mit
> zunehmender Gewalt.
Bild: Armeetraining im Pendjari-Nationalpark in Benin
Cotonou taz | Benin ist aufgeschreckt. Anfang Dezember wurde der Ort Porga
im Nordwesten in Grenznähe zu Togo und Burkina Faso angegriffen, zwei
Soldaten wurden ermordet. Nicht weit davon entfernt liegt der Nationalpark
Pendjari, Benins touristisches Ausflugsziel Nummer eins. Gerade jetzt, kurz
vor Weihnachten, beginnt die Hauptsaison, ein Anschlag ist die denkbar
schlechteste Werbung.
Laut Armee sollen Gruppierungen der dschihadistischen „Gruppe für die
Unterstützung des Islams und der Muslime“ (JNIM) aus Mali für den Überfall
verantwortlich sein. Vor Ort wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass es sich
auch einfach um Banditen handeln könnte.
Porga ist kein Einzelfall. Vor einem halben Jahr warnte das niederländische
Clingendael Institute bereits: „Nordbenin ist in Gefahr. Gewaltbereite
extremistische Organisationen durchqueren regelmäßig das beninische
Territorium, und es gibt mindestens drei Gebiete, in denen ihre
vorübergehende Anwesenheit sehr häufig ist.“ Genannt werden Malanville,
Kalale und der Pendjari-Park.
Einen weiteren Überfall gab es vor rund zwei Wochen in Banikoara östlich
des Pendjari. Auch der Norden Togos ist betroffen, ebenso die
Elfenbeinküste. Dort werden im Norden seit Langem regelmäßig kleine
Überfälle beobachtet. All diese Gebiete grenzen an Burkina Faso, wo die
Ausbreitung des dschihadistischen Terrors über den Großteil des Landes
mittlerweile Massenproteste [1][und die Auswechslung der Regierung zur
Folge gehabt hat].
Im September besuchte Stephen Townsend, Kommandant des US-Afrika-Kommandos
Africom, Togo und Benin. Er sagte, man wolle den Partnerländern helfen,
ihre nördlichen Grenzgebiete besser zu schützen und die
Sicherheitszusammenarbeit in der gesamten Region zu verbessern. „Alle sind
besorgt über die Entwicklung“, sagt Mathias Hounkpé, Analyst der Open
Society Initiative West Africa (OSIWA) mit Hauptsitz in Senegals Hauptstadt
Dakar.
Terroristen und bewaffnete Banditen sind seit über einem Jahrzehnt in
Westafrika aktiv, von islamistischen Untergrundkämpfern in Mali bis zu Boko
Haram in Nigeria. „Seit einigen Jahren beobachten wir eine geografische
Expansion“, sagt William Assanvo, Analyst des südafrikanischen Instituts
für Sicherheitsstudien (ISS).
## Sorglosigkeit in den Küstenstaaten
Aus Sicht von Analysten wirkten die Regierungen der Küstenstaaten bisher
einigermaßen sorglos. „Man hat immer gedacht, es sei möglich, niemand
konnte es sich aber konkret vorstellen“, so Hounkpé. Dabei starben bereits
im März 2016 19 Menschen bei einem Terroranschlag in Grand Bassam, ein
beliebter Ausflugsort am Atlantik nahe Abidjan in der Elfenbeinküste. Und
in der Nacht zum 1. Mai 2019 wurde im Pendjari-Park in Benin erstmals ein
Touristenführer ermordet und zwei Franzosen wurden entführt.
Häufig, sagt Assanvo, würden solche Angriffe und Attacken als rein externes
Phänomen abgetan, das vor allem Nachbarstaaten wie Burkina Faso angehe.
Gerade Burkina Faso würde jedoch zeigen, wie schnell aus von außen
hereingetragenen Entwicklungen dauerhafte Probleme im Land werden.
## Ungeschützte Grenzen
Dazu tragen ungeschützte Grenzen bei, die leicht überquert werden können.
Dass die Terroristen ausgerechnet jetzt in Richtung Süden drängen, liegt
laut Hounkpé auch an Machtkämpfen zwischen JNIM, das al-Qaida nahesteht,
und dem rivalisierenden „Islamischen Staat in der Großen Sahara“ (ISGS).
Nicht immer ist jedoch klar, ob Gewalt tatsächlich von Dschihadisten
ausgeht oder ob lokale Milizen Übergriffe begehen oder bewaffnete
Kriminelle am Werk sind, die durch die Region Drogen und Menschen
schmuggeln wollen.
Für William Assanvo ist die Präsenz der Dschihadisten mittlerweile
ausreichend belegt. Gleichzeitig sei aber auch Bandenkriminalität eine
Realität. „Mitunter beobachten wir, dass diese sich verringert, wenn
dschihadistische Gruppen vor Ort sind.“
Für mehr Sicherheit in den Küstenstaaten müsse es bessere
Überwachungsmechanismen geben, sagt Assanvo. Zentral sei auch, dass es
Burkina Faso gelinge, sein Staatsgebiet wieder unter Kontrolle zu bringen.
Neben dem Norden des Landes, der nach Mali offen ist, betrifft Gewalt
zunehmend den Südwesten, durch den die wichtigen Handelsrouten Richtung
Elfenbeinküste verlaufen. Mit Nadiagou hat JNIM Ende November wohl zum
ersten Mal ein Dorf im Süden von Burkina Faso besetzt, nahe Togo und Benin.
„Gerade zwischen diesen drei Ländern muss die Zusammenarbeit verbessert
werden“, sagt Assanvo. Wichtig sei außerdem, dass der Staat in
Grenzregionen angemessene Lebensbedingungen für die Bewohner*innen
herstellt: Zugang zu Bildungsangeboten, bezahlte Arbeit und
Gesundheitsversorgung.
## Frankreich unter Druck
Auch die französische Armee, die im Rahmen ihrer Antiterrormission Barkhane
noch über 5.000 Soldat*innen in Mali stationiert hat, steht unter großem
Druck. Sie wird in Mali, Niger und Burkina Faso von Teilen der Bevölkerung
offen angefeindet und zieht gerade mehrere Tausend Soldaten aus Mali ab.
Ihre Basen in Tessalit, Kidal und Timbuktu, von denen aus sie
Antiterroroperationen durchführte, hat sie bereits der weniger kampffähigen
malischen Armee übergeben.
Frankreich, das in der Elfenbeinküste eine ständige Militärbasis unterhält,
konzentriert sich jetzt mehr auf die Sicherheit der Küstenstaaten und setzt
darauf, dass die Militärs dieser Länder enger zusammenarbeiten.
Westafrikanische Armeen haben in den vergangenen Wochen mehrere gemeinsame
Operationen durchgeführt. An „Koudanlgou 4“ nahmen 5.720 Angehörige der
Streitkräfte aus Burkina Faso, der Elfenbeinküste, Ghana und Togo teil.
„Taanli“ heißt eine burkinisch-nigrische Mission, die zwei Camps von
Terroristen entdeckt sowie rund hundert verhaftet oder getötet haben soll.
22 Dec 2021
## LINKS
[1] /Protestbewegung-in-Burkina-Faso/!5812513
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Mali
Niger
Burkina Faso
Elfenbeinküste
Terrorismus
Dschihadismus
GNS
Islamismus
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Benin
Dschihadismus
Benin
Burkina Faso
Burkina Faso
Terrorismus
Mali
Mali
Mali
Sahel
Burkina Faso
Burkina Faso
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kinder sterben bei Anschlag: Der Terror erreicht Togo
Explosionen töten neun Kinder in einem togolesischen Dorf nahe der Grenze
zu Burkina Faso. In der Region herrscht bereits Ausnahmezustand.
Islamistischer Terror in Nigeria: Die unbekannten Toten von Borno
In Nigerias Bundesstaat Borno werden 32 Menschen getötet. Unklar ist, ob
Boko Haram oder eine Abspaltung für das Massaker verantworlich ist.
Islamistische Gewalt in Benin: Wenn der Terror immer näher kommt
In Benin leben die Menschen friedlich zusammen. Doch aus Burkina Faso und
Niger breitet sich Gewalt aus. Das erzeugt Misstrauen in der Gesellschaft.
Terroranschlag im Niger: Viele Tote bei Angriff auf Bus
Bei dem mutmaßlich von Jihadisten begangenen Anschlag starben 21 Menschen.
Die Region gilt als Hochburg bewaffneter Terrorgruppen.
Frankreichs Angriffe gegen „Terroristen“: Bomben auf Burkina Faso
Nach dem bisher blutigsten Anschlag in Benin jagt Frankreich die Angreifer
nach Burkina Faso. Dutzende Menschen sterben bei Luftschlägen.
Präsident von Burkina Faso in Haft: „Das ist ein Staatsstreich“
Unzufriedene Soldaten setzen in Burkina Faso den Staatschef und andere
Regierungsmitglieder fest. Beobachter vermuten einen Militärputsch.
Gewalt in Burkina Faso: Regierung dementiert Putschversuch
Schüsse in Kasernen von Burkina Fasos Hauptstadt nähren die Gerüchte eines
Staatsstreichs. Unzufriedene Soldaten setzen den Präsidenten unter Druck.
Terrorismus in Burkina Faso: In Alarmbereitschaft
Die Behörden lassen acht Soldaten festnehmen. Sie sollen einen
Staatsstreich geplant haben. Die Unzufriedenheit in den Reihen der Armee
wächst.
Ecowas verhängt Sanktionen gegen Mali: Im Strudel der Krise
Die gegen Mali verhängten Sanktionen durch Ecowas sind konsequent. Der
Umgang der internationalen Gemeinschaft mit der Junta eher nicht.
Westafrika-Gipfel greift durch: Sanktionen gegen Mali
Malis Militärjunta will nicht wie geplant Wahlen stattfinden lassen. Die
Gemeinschaft Ecowas schließt deshalb Land- und Luftgrenzen zu dem
Binnenstaat.
Wahlen in Mali verschoben: Militär lässt keine Wahl
Militärmachthaber um Oberst Goita planen Wahlverschiebung um bis zu fünf
Jahre. Westafrika-Sondergipfel soll nun beraten.
Gewalt bei Protesten in Niger: Wer hat in Téra geschossen?
Augenzeugen machen die französische Armee für mehrere Tote und Verletzte in
Niger verantwortlich. Deren Sprecher gibt Demonstranten die Schuld.
Terrorgefahr in Westafrika: Angst vor dem Schulbesuch
In Burkina Faso sind aktuell mehr als 2.600 Schulen geschlossen. Nicht
wegen Corona, sondern wegen Terrorgruppen im Land.
Proteste in Burkina Faso: Tränengas gegen Demonstrant*innen
In Burkina Faso haben erneut vor allem junge Menschen gegen die Regierung
protestiert. Die Stimmung ist aufgeladen wie seit Jahren nicht mehr.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.