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# taz.de -- Gewalt in Burkina Faso: Regierung dementiert Putschversuch
> Schüsse in Kasernen von Burkina Fasos Hauptstadt nähren die Gerüchte
> eines Staatsstreichs. Unzufriedene Soldaten setzen den Präsidenten unter
> Druck.
Bild: Soldaten in der Nähe des Lamizana-Lagers – auch dort fielen Schüsse
Parakou taz | Ab ein Uhr morgens sind in der Hauptstadt Ouagadougou Schüsse
zu hören. Gefallen sind sie in mehreren Kasernen, etwa Sangoulé Lamizana,
sowie auf dem Luftwaffenstützpunkt in der Nähe des Flughafens. Eine
spontane Solidaritätsbekundung auf dem Platz der Nation wird eilig mit
Tränengas aufgelöst. Berichten zufolge wird auch in Kasernen der Städte
Ouahigouya und Kaya geschossen.
Der Sonntag hat in Burkina Faso unruhig begonnen. Für Präsident Marc Roch
Christian Kaboré, der seit 2015 an der Macht ist, darf auf keinen Fall der
Eindruck entstehen, dass ein Militärputsch im Gange ist. Entsprechende
Informationen seien falsch, erklärt Regierungssprecher Alkassoum Maïga am
Morgen in einem Schreiben, wenngleich die Regierung „das Vorhandensein von
Schüssen in gewissen Kasernen anerkennt“. Die Lage sei unter Kontrolle.
Verteidigungsminister Aimé Barthélemy Simporé sagt in einer Sondersendung
des Staatsfernsehen RTB, dass der Präsident nicht von Militärs verhaftet
worden sei. Und wieder: „Alles ist unter Kontrolle.“
Spekuliert wird, ob es Zufall ist, dass die Schüsse ausgerechnet in der
Kaserne Sangoulé Lamizana gefallen sind, die das Militärgefängnis und die
zentrale Justizvollzugsanstalt Maca beherbergt. Dort sitzt General
[1][Gilbert Diendéré eine Haftstrafe von zwanzig Jahren ab, Folge seines
gescheiteren Putschversuchs] von 2015. Unter Langzeitherrscher Blaise
Compaoré, der 2014 durch einen Volksaufstand gestürzt wurde und seitdem in
der Elfenbeinküste lebt, war Diendéré der mächtigste General; er soll noch
immer zahlreiche Getreue in den Streitkräften haben. Aktuell sitzt Diendéré
im Prozess zur Ermordung von Thomas Sankara, Nationalheld und Präsident von
Burkina Faso von 1983 bis zu seiner Ermordung unter mutmaßlicher
Beteiligung Compaorés 1987, erneut auf der Anklagebank.
Wohl auch um Spekulationen einzudämmen sowie mögliche Proteste, wurde am
späten Vormittag das mobile Internet gekappt. Das passiert seit zwei
Monaten regelmäßig. Zuletzt hat die Bürgerbewegung Balai Citoyen
(Bürgerbesen) die Maßnahme scharf kritisiert. Betroffen ist vor allem
Facebook.
## Proteste in Ouagadougou, Kaya und Bobo-Dioulasso
Erst am Samstag hatte die Bewegung „Sauvons le Burkina Faso“ erneut zu
Protesten gegen die Regierung aufgerufen. In Ouagadougou ließ der
Bürgermeister Hauptstraßen im Zentrum sperren – abhalten ließen sich
Demonstrant*innen davon nicht und zogen durch die Straßen.
Aktivist*innen berichten, dass Tränengas eingesetzt wurde und es zu
Verhaftungen kam. Weitere Proteste fanden in Kaya und Bobo-Dioulasso statt.
Sauvons le Burkina Faso fordert seit November Kaborés Rücktritt und
kritisiert, dass seine Regierung zu wenig gegen die Unsicherheit im Land
unternehme. Aufgrund der sich ausbreitenden Gewalt [2][durch islamistische
Terroristen] und andere bewaffnete Gruppierungen sind mittlerweile mehr als
1,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Dschihadisten haben in den
vergangenen sechs Jahren mehr als 2.000 Menschen in Burkina Faso ermordet.
Die Unzufriedenheit in den Kasernen steigt, Soldat*innen kritisieren
mangelnde Ausbildung sowie fehlende Ausrüstung und Lebensmittelversorgung
im Antiterrorkampf.
Am Sonntagnachmittag hieß es in einer in den Medien verbreiteten
Tonaufnahme unzufriedener Soldaten aus Sangoulé Lamizana, dass sie eine
neue Armeespitze und eine bessere Besoldung fordern. Es ist bereits das
zweite Mal dieses Jahr, dass von einem möglichen Staatsstreich die Rede
ist. Vor zwei Wochen wurden acht Militärs um Oberstleutnant Emmanuel
Zoungrana unter dem Vorwurf der Destabilisierung der Institutionen
verhaftet. Lokalen Medienberichten zufolge befindet sich Zoungrana
mittlerweile im selben Militärgefängnis wie Diendéré.
23 Jan 2022
## LINKS
[1] /Nach-gescheitertem-Putschversuch/!5619763
[2] /Extremismus-in-Westafrika/!5820956
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Burkina Faso
Protest
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Mali
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