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# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Mit sozialdemokratischer Handsch…
> SPD, Grüne und Linke haben sich auf Leitlinien für
> Koalitionsverhandlungen verständigt. Klima- und mietenpolitischen
> Initiativen sind die zu schwach.
Bild: Die drei von der Koalition: Lederer, Jarasch, Giffey
BERLIN taz | Dieses Papier trage eine „ganz klare sozialdemokratische
Handschrift“, sagt die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska
Giffey (SPD) über das [1][sechsseitige gemeinsame Sondierungspapier], mit
dem SPD, Grüne und Linke [2][nun in die Koalitionsverhandlungen gehen].
Mit dem Papier hatten sich die Sondierungsteams der drei Parteien am
Freitag auf 19 Leitlinien für die Koalitionsverhandlungen verständigt. Sie
lassen sich auch als Versuch lesen, mögliche Konflikte für eine
Koalitionsbildung auszuräumen.
Tatsächlich ist Giffeys Satz von der „SPD-Handschrift“ nicht nur ein
Spruch, um ihr Verhandlungsgeschick in gutem Licht dastehen zu lassen. Im
Papier tauchen [3][Videoüberwachung], [4][U-Bahn-Ausbau] und [5][A100]
genauso auf wie ein deutliches Bekenntnis zum Bauen – auch in die Höhe.
Geplant sei ein Bündnis für Wohnungsneubau – Hinweis darauf, dass das
[6][Ressort für Stadtentwicklung und Wohnen tatsächlich Chefinnensache]
werden und von der Linken zur SPD wechseln könnte. Das Ressort ist der SPD
traditionell wichtig. Das [7][Enteignen von Immobilienkonzernen könnte in
einer weiteren Prüfschleife] landen. Entsprechend fiel auch die Kritik aus
– eher SPD-fernen – Initiativen an dem Papier aus.
So sagte etwa Jessamine Davis, Sprecherin von Klimaneustart Berlin, die
Initiative sei „sehr enttäuscht“, dass die Parteien sich nicht gegen den
Weiterbau der A100 ausgesprochen hätten. „In Madrid haben sie eine Autobahn
zu einem Fluss zurückgebaut, das ist viel zukunftsorientierter“, sagte
Davis. „Und das wäre genau die Art von mutigen Maßnahmen, die wir brauchen,
um unsere Städte klimagerecht umzubauen.“ Der Weiterbau sei ein „falsches
Signal, denn mehr Straßen bedeuten auch mehr Verkehr“.
## Klimaschutz als Querschnittsthema
Vor der Wahl hatte die Spitzendkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, sich
für einen Rückbau der A100 ausgesprochen. Im Sondierungspapier haben sich
die drei Parteien nun darauf verständigt, den 16. Bauabschnitt
fertigzustellen und den 17. Abschnitt „nicht weiter voranzutreiben“.
Klimaschutz soll laut dem Papier ein Querschnittsthema mit eigenem,
senatsübergreifendem Ausschuss werden. „Das begrüßen wir“, sagte
Klimaneustart Berlin-Sprecherin Davis weiter. Die Initiative treibt derzeit
gemeinsam mit einem breiten Bündnis das [8][Volksbegehren Berlin 2030
klimaneutral] voran. Doch sie vermisse Aussagen zu einer Anpassung von
Berlins Klimazielen, da die jetzigen [9][die Vereinbarungen des Pariser
Klimaabkommens verfehlten], sagte Davis. „Im Koalitionsvertrag sollte
endlich von Verpflichtungen gesprochen werden, nicht nur von Zielen.“ Die
Initiative kritisiert auch die Rhetorik: „Es liegt zu sehr der Fokus auf
der Klimakrise als Herausforderung für die Wirtschaft. Doch ein Umbau zur
klimaneutralen Stadt schafft auch Arbeitsplätze. Und wenn die Politik das
als Chance formuliert, nimmt das die Menschen besser mit.“
Als Antwort auf den Streit im Umgang mit dem Volksentscheid Deutsche Wohnen
& Co enteignen wünscht sich das Sondierungsteam laut Papier eine
Expertenkommission: Die soll prüfen, mit welchen „Möglichkeiten, Wegen und
Voraussetzungen“ das [10][Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen
umgesetzt werden könnte]. Innerhalb eines Jahres soll die Kommission eine
Empfehlung an den Senat erarbeiten – in der Kommission würde demnach auch
die Initiative selbst vertreten sein.
Die hingegen will sich damit nicht abspeisen lassen: das seien
„durchschaubare Verzögerungstaktiken“, die man nicht hinnehmen wolle,
verkündete DW enteignen am Samstag. In einer Demokratie sei es geboten, den
Willen der Bevölkerung zu respektieren. „Und das heißt in dem Fall: jetzt
wird vergesellschaftet!“ Die Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes
müsse im Koalitionsvertrag festgehalten werden, forderte die Initiative.
## Mit einem Masterplan gegen Wohnungsnot
Immerhin ist teilweise auch eine leichte Linksneigung in der
SPD-Handschrift zu erkennen. [11][Wohnungs- und Obdachlosigkeit] soll
mithilfe des vor Kurzem von der Sozialsenatorin vorgestellten Masterplans
und durch [12][„Housing First“] beendet werden. Armut soll bekämpft werden,
der [13][Vergabe- und Landesmindestlohn] soll auf 13 Euro steigen. Vielfalt
wird unterstützt, Kultur soll weiter gefördert und gestärkt werden. Damit
könnten die Linken in den Ressorts Soziales und Kultur nahtlos an ihre
bisherige Arbeit anknüpfen.
Jarasch hält es für machbar, mit den Koalitionsverhandlungen bis Ende
November durch zu sein. Das sei sportlich, „aber ich glaube, dass wir es
hinkriegen werden, weil wir uns schon kennen und nicht bei null anfangen“,
sagte sie am Sonnabend der dpa. Schwierig könnte die Frage nach
Priorisierungen werden, da das Geld vermutlich nicht für alle Vorhaben
reiche.
Anfang der Woche wollen sowohl Grüne als auch Linke jeweils in ihren
Gremien über die Aufnahme zu Koalitionsverhandlungen entscheiden.
Hinweis: In einer ersten Version dieses Textes haben wir auch den Berliner
Mieterverein zitiert. Dessen Äußerungen bezogen sich allerdings auf das
Sondierungspapier des Bundes. Wir haben den Absatz gestrichen und bitten
den Fehler zu entschuldigen.
17 Oct 2021
## LINKS
[1] https://spd.berlin/magazin/aktuelles/ergebnis-der-sondierungen/
[2] /Koalitionsverhandlungen-in-Berlin/!5808262
[3] /Video-Ueberwachung-am-Suedkreuz/!5607914
[4] /Gruene-Debatte-ueber-U-Bahn-Bau/!5749504
[5] /Weiterbau-der-Berliner-Stadtautobahn/!5750120
[6] /Wahlkampf-in-Berlin/!5792793
[7] /Sondierungen-in-Berlin/!5808120
[8] /Volksbegehren-Berlin-2030-klimaneutral/!5805890
[9] /Neues-Volksbegehren-Klimaneutral-2030/!5779395
[10] /Sondierungen-in-Berlin/!5808120
[11] /Wohnungslose-in-Berlin/!5795305
[12] /Elke-Beitenbach-im-Interview/!5783723
[13] /Senat/!5641585
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
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