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# taz.de -- Sondierungen in Berlin: Es leutet Rot-Grün-Rot
> Franziska Giffey (SPD) wird Regierende Bürgermeisterin – doch in der
> Koalitionsfrage haben die Grünen einen wichtigen Etappensieg errungen.
Bild: Bettina Jarasch (m.) und die Berliner Grünen-ParteichefInnen Nina Stahr …
Berlin taz | Am Wahlabend war Franziska Giffey (SPD) die Siegerin, doch die
Amtszeit der designierten Bürgermeisterin könnte mit einer Schlappe
beginnen: Mit ihrer [1][Präferenz für eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen
und FDP] konnte sie sich nicht durchsetzen. Nicht gegenüber den Grünen, die
Rot-Grün-Rot präferierten, und auch nicht gegenüber weiten Teile ihrer
eigenen Partei, die sich mit der FDP ebenfalls nicht anfreunden mochten als
Koalitionspartner. Am Donnerstag war klar: Es wird weiter sondiert – und
zwar mit den Linken.
Damit ist die Ampel-Option für Franziska Giffey (erstmal) praktisch
erloschen. Eine Möglichkeit ist natürlich, dass auch Koalitionsgespräche
noch platzen können – Streitthemen zwischen SPD, Grünen und Linken gäbe es
genug: der Umgang mit dem erfolgreichen Volksentscheid zur Enteignung
großer Wohnkonzerne ist ein Beispiel. Der Weiterbau der A100 ist ein
anderes. Dann könnte die Ampel plötzlich doch wieder leuchten.
Doch zunächst mal lässt der mit allen Partnern vereinbarte Zeitplan kaum
mehr etwas anderes zu als Rot-Grün-Rot: Bereits Freitagabend wollen SPD,
Grüne und Linke ein gemeinsames Papier nach den Sondierungen beschließen.
Giffey will es noch am Freitagabend dem Landesvorstand als Basis für die
Aufnahme von Koalitionsgesprächen vorschlagen. Die Linke will am Dienstag
auf einem Parteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen
abstimmen, zuvor ist am Montagabend eine Abstimmung im Landesvorstand
geplant. Die Grünen haben ebenfalls für Montag einen Kleinen Parteitag
angekündigt. Am Mittwoch, sagte Giffey, könne es mit
Koalitionsverhandlungen losgehen.
Für Giffey wird es nun schwer. Die Koalitionsverhandlungen dürften hart
werden, und Giffeys Standing ist geschwächt: sowohl innerparteilich als
auch gegenüber dem kleineren Koalitionspartner Grüne – die sich nun aber in
der Koalitionsfrage (vorerst) durchgesetzt haben und auch bei der Wahl mit
lediglich 2,5 Prozentpunkten Abstand auf den zweiten Platz verwiesen wurde.
Die Grünen dürften nun als zu Recht selbstbewusste VerhandlerInnen in die
Koalitionsgespräche gehen.
## Eine gespaltene SPD
Und innerhalb ihrer Partei mag Giffey mit dem Schwenk auf Rot-Grün-Rot
einen (lauten) Teil ihrer Partei zufriedengestellt haben. Aber sie hat eben
auch einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Partei enttäuscht, die ein
Bündnis mit den Liberalen befürwortet hätten und die vor allem mit den
Linken als BefürworterInnen des Enteignen-Volksentscheids nicht viel
anfangen können. Letzterer Teil der GenossInnen war zwar öffentlich leiser
während der letzten Tage, aber klar ist auch: Der Wahlkampf von Giffey
hinterlässt eine gespaltene SPD.
Insbesondere eben in der Frage, wie man [2][mit dem
Enteignen-Volksentscheid umgehen will], dürfte es schwierige Diskussionen
geben. Jarasch deutete an, dass man auch deshalb am Freitag nochmal mit der
Linken weitersondiere. Die Linke kann kaum von ihrem bisher eindeutigen Pro
zum Volksentscheid abrücken. Die Initiative Deutsche Wohnen und Co.
enteignen meldete sich am Donnerstag auch sogleich zu Wort: Nun müsse
schnell eine „verbindliche Zusage“ der Koalitionspartner kommen, mit der
„Erarbeitung eines entsprechenden Gesetzes zu beginnen“, sagte ein
Initiativen-Sprecher.
Giffey wiederum hatte im Wahlkampf die Rote Linie gezogen: Enteignen, mit
ihr nicht. Wie sich ein Kompromiss in einem gemeinsamen Sondierungspapier
lesen könnte – dem die Landesvorstände und Delegierten dann ihr „Go“ ge…
sollen – ist völlig unklar.
Die Grünen hingegen dürften ihrerseits insbesondere beim Thema Klima und
Verkehr nun sehr bestimmt auftreten: Jarasch sagte am Freitag, am
Klimaschutz „wird sich diese künftige Regierung messen lassen müssen“. Sie
strebe eine „ökosoziale Koalition“ an.
Das Umwelt- und Verkehrsressort, ein Schlüsselressort für die nächste
Legislatur, dürften die Grünen für sich beanspruchen. Und Jaraschs
Statement kann durchaus als Bewerbung für diesen Posten gelesen werden. Die
Grünen, das haben sie im Wahlkampf betont, würden gerne Autos mit
Verbrennermotor aus der Innenstadt verbannen. Jarasch selbst hatte
vorgeschlagen, den Bau der A100 zu stoppen. Giffey lehnt beides ab.
## Wie setzt sich Giffey durch?
In Berlin hat die Regierende Bürgermeisterin die Richtlinienkompetenz. Sie
entscheidet also – mit Zustimmung des Parlaments – über die großen Linien
und Zielsetzungen in der Landespolitik. Es wird noch interessant sein zu
sehen, wie eine Regierende Bürgermeisterin Giffey sich in Zukunft
durchsetzen wird.
Im besten Fall kann die Stadt profitieren von einem rot-grün-roten Bündnis,
das an vielen Stellen eben nicht einfach so weitermacht wie bisher – weil
die Bilanz, etwa bei der Verkehrs- und Klimapolitik, durchaus nicht nur
positiv war. Die Grünen, die dort die zuständige Senatorin stellten,
könnten beweisen, dass es stimmt, was Jarasch im Wahlkampf gerne behauptet
hat: Die Weichen, auch für die Verkehrswende seien gestellt, jetzt gehe es
ans Umsetzen – von mehr Radwegen, von mehr Tramstrecken, von mehr
Grünflächen in der City.
Im schlechtesten Fall aber stellt sich der Senat in der kommenden
Legislatur in entscheidenden Bereichen gegenseitig ein Bein. „Loyal,
kooperativ, verlässlich“ wolle man Berlin regieren, sagte Jarasch am
Donnerstag. Auch an diesen Worten würde sich diese nun möglicher gewordene
Koalition in Zukunft messen lassen müssen.
Eine frühere Version dieses Textes wurde um 17 Uhr aktualisiert.
14 Oct 2021
## LINKS
[1] /SPD-Berlin-und-die-Ampel/!5807904
[2] /Moegliche-Koalitionen-in-Berlin/!5804105
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
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