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# taz.de -- Stolperfallen bei Senatsbildungen: Irgendeine wird verlieren
> Kommt die Ampel in Berlin? Oder bleibt es doch bei Rot-Grün-Rot? Und
> welche Chancen hätten diese beiden Bündnisse? Zwei Antworten.
Bild: Wer wird zuletzt lachen? Franziska Giffey oder Bettina Jarasch?
## Die Ampel könnte bald erlöschen
Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne. Sollte sich Franziska Giffey
tatsächlich durchsetzen und mit Grünen und FDP in Ampelverhandlungen
treten, gäbe es nur eine Siegerin und gleich zwei Verliererinnen. Die
Siegerin wäre Giffey selbst, weil sie gezeigt hätte, dass sie nicht nur
Wahlen gewinnen, sondern sich auch mit ihrer politischen Vorliebe
durchsetzen kann. Verliererinnen wären die Grünen, die gute Miene zum bösen
Spiel machen müssen, wie auch jene Kräfte in der SPD, die nicht verstehen,
wie Giffey ohne Not eine linke Partei im Senatsbündnis gegen eine
neoliberale austauscht.
Doch auch strahlenden Siegerinnen können schnell Sorgenfalten im Gesicht
entstehen. Was, wenn die FDP darauf besteht, das Zweckentfremdungs- oder
das Umwandlungsverbot abzuschaffen? Ein Bausenator in spe wie
Noch-Innensenator Andreas Geisel müsste dann alles rückgängig machen, was
er in seiner ersten Amtszeit in diesem Ressort eingeführt hat. Oder aber er
sorgt dafür, dass die FDP in den Koalitionsverhandlungen damit erst gar
nicht durchkommt.
Immerhin hätte eine Ampel eine Baustelle weniger. Den Liberalen müsste die
SPD, anders als bei der Linken, das Bauressort nicht wegnehmen. Stattdessen
kann man sie in den Verhandlungen mit dem, sagen wir, Wirtschafts- und
Justizressort zu locken versuchen. Vereinbart werden müsste dann – wie auch
im Bund – eine gewisse Beinfreiheit für alle Parteien in den Ressorts, die
sie verantworten.
Auch die Zahl der Ressorts würde bei einer Ampel für die SPD einfacher zu
handeln sein. 4-4-2 etwa könnte die Grünen besänftigen, während die FDP mit
ihren 7 Prozent schwerlich auf drei Senatorenposten pochen könnte (so sie
überhaupt das Personal dafür hätte).
Am Ende aber dürften die Konflikte schwerer wiegen als die
Annehmlichkeiten. Um einem kleinen Parteitag schmackhaft zu machen, grünes
Licht für Koalitionsverhandlungen mit der SPD zu geben, müssten das grüne
Verhandlerteam schon einiges aus den Sondierungen auf den Tisch packen. Ob
das reicht, darf allerdings bezweifelt werden. Wie auch viele an der
SPD-Basis dürften die Grünen fragen: Warum FDP, wenn auch Linke geht?
Schließlich gibt es im Land, anders als im Bund, eine Alternative.
Und dann ist da noch die Sache mit den Mehrheiten. Sechs Stimmen über dem
Strich liegt die Ampel. Zieht man die drei SPD-Dissidenten in der Fraktion
ab, sind es noch drei. Hinzu kommt eine jüngere, linkere und damit
potentiell auch unberechenbarere grüne Abgeordnetenhausfraktion. Die Wahl
zur Regierenden Bürgermeisterin wäre also die größte anzunehmende
Möglichkeit, Franziska Giffey (und auch Bettina Jarasch) einen Denkzettel
zu verpassen. Uwe Rada
## Kampf um rot-grün-rote Linien
Fällt die Entscheidung für eine Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition,
würden sich die Grünen freuen: Sie hätten sich durchgesetzt. Und auch große
Teile der SPD wären glücklich. Doch Franziska Giffey hätte sich den Jubel
teuer erkauft: Die designierte Regierende stünde geschwächt da, weil sie
sich gleich bei der ersten Kraftprobe mit ihrem Wunsch nach einer
Ampelkoalition nicht durchsetzen konnte – weder gegen den Koalitionspartner
noch innerhalb der SPD. Das werden sich die Gegner in der eigenen Partei
gut merken, die Giffey im traditionell linken Berliner Landesverband hat,
aber auch die Koalitionspartner. Die siegreiche Spitzenkandidatin ginge
angeschlagen in Koalitionsverhandlungen, die zudem nicht einfach werden
dürften.
Denn die Grünen wurden ja nur knapp geschlagen bei der
Abgeordnetenhauswahl: 2,5 Prozentpunkte trennten sie vom Wahlsieg. Der kaum
kleinere Partner wird Augenhöhe beanspruchen – und zwar erst recht, sollte
Giffey sich mit ihrem frühen Bekenntnis zur Ampel verpokert haben.
Ein großer Knackpunkt wird die Frage sein, wie Rot-Grün-Rot mit dem
Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnkonzerne umgehen will. Mit der
Linkspartei, die das Volksbegehren unterstützt hat, wird künftig auch die
Initiative quasi mit am Verhandlungstisch sitzen. Doch Giffey hat ein Nein
zur Enteignung bereits im Wahlkampf als rote Linie für eine
Koalitionsbildung gesetzt.
Eine Möglichkeit: Giffey lässt die Verhandlungen an den Linken scheitern,
die kaum von ihrer Position abweichen können, ohne sich bei ihren
WählerInnen unglaubwürdig zu machen. Dann hätte sie die Option, der Basis
die Ampel doch noch andienen zu können. Zwar haben die Berliner Jusos einen
Beschluss pro Enteignung, doch das spiegelt nicht das Bild im Landesverband
wider.
Umkämpft wird auch die Frage sein, wer künftig im Senat für
Stadtentwicklung und Bauen zuständig sein soll. Die Linke wird dies weiter
für sich beanspruchen – aber wenn schon Rot-Grün-Rot kommt, könnte Giffey
kaum erklären, warum die SPD dieses Ressort der Enteignen-Fraktion
überlässt. Die SPD braucht diesen Posten – es wäre ein kleiner Sieg in der
Niederlage für Giffey, den sie für ihr Standing innerhalb der Partei
dringend bräuchte.
Die Grünen hingegen werden sich das Umwelt- und Klimaressort nicht streitig
machen lassen. In den Verhandlungen dürfte und müsste das ihre „rote Linie�…
sein, alles andere wäre der Basis kaum vermittelbar.
Zumal die Grünen im Abgeordnetenhaus im Zweifel eine starke Opposition
wären, gegen die ein*e SPD-Umweltsenator*in vermutlich keine Freude beim
Regieren hätte. Auch diesem Anfang wohnt also kein Zauber inne. Anna
Klöpper
13 Oct 2021
## AUTOREN
Uwe Rada
Anna Klöpper
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Franziska Giffey
Bettina Jarasch
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