# taz.de -- Amtliches Ergebnis in Berlin: Die Wahl gilt – mit einem Aber | |
> Das Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl ist trotz Chaos nun amtlich. | |
> Allerdings will die Landeswahlleitung es in zwei Wahlkreisen anfechten. | |
Bild: Unregelmäßigkeiten in 207 Wahllokalen: „Eine Zahl, die uns alle ersch… | |
BERLIN taz | Die Landeswahlleitung will das Ergebnis in zwei Wahlkreisen | |
vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof anfechten. „Ich werde von diesem | |
Einspruchsrecht Gebrauch machen“, sagte Petra Michaelis. Konkret betreffe | |
das die Wahlkreise 6 in Charlottenburg-Wilmersdorf und den Wahlkreis 1 in | |
Marzahn-Hellersdorf. Dort sei der Abstand zwischen Erst- und | |
Zweitplatzierten bei den DirektkandidatInnen für das Abgeordnetenhaus so | |
gering und die Fehler am Wahltag so eklatant, dass es sich auf die | |
Verteilung der Mandate ausgewirkt haben könnte. Weil Landeswahlleiterin | |
Michaelis bereits von ihrem Amt zurückgetreten sei, werde ihre | |
Stellvertretung die Beschwerde offiziell einreichen, sagte Michaelis. | |
In Charlottenburg-Wilmersdorf hatte im Wahlkreis 6 zunächst die | |
SPD-Kandidatin Franziska Becker (SPD) mit wenigen Stimen Vorsprung gewonnen | |
vor dem Grünen-Kandidaten Alexander Kaas Elias. Eine Nachzählung sah dann | |
aber Kaas Elias als Sieger. In Marzahn-Hellersdorf geht es um das | |
Direktmandat für den AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann. Er hatte knapp vor | |
Gordon Lemm (SPD) gewonnen. | |
Am Ende aber segnete der Landeswahlausschuss das Wahlergebnis ab und machte | |
es amtlich: Trotz der teilweise chaotischen Zustände vor Wahllokalen mit | |
[1][langen Warteschlangen und fehlenden oder falschen Stimmzetteln] stimmte | |
der Ausschuss am Donnerstag mit 8 zu 1 Gegenstimme dafür, das Ergebnis für | |
die Abgeordnetenhauswahl und der Bezirkswahlen festzustellen. Damit ist | |
nun, sobald das Ergebnis im Amtsblatt am 7. November veröffentlicht ist, | |
der Klageweg offen. Dass es weitere Anfechtungen geben wird, gilt | |
angesichts der bekannt gewordenen Fehler als sicher. | |
Die Landeswahlleiterin Petra Michaelis wirkte aufgeräumt an ihrem letzten | |
Tag im Amt: Freundlich lächelnd trat sie am Donnerstagvormittag vor den | |
Landeswahlauschuss, um das amtliche Endergebnis der Abgeordnetenhauswahl | |
und der Bezirkswahlen von den Ausschussmitgliedern feststellen zu lassen – | |
in jedem anderen Jahr eigentlich eine bloße Formalie, dass der Ausschuss | |
dieses Ergebnis durchwinkt. Doch in diesem Jahr erfährt die Sitzung des | |
Landeswahlausschusses im Bärensaal der Innenverwaltung in der Klosterstraße | |
ungewohnte Aufmerksamkeit. | |
Die Presse ist versammelt, und der Ausschuss hat Nachfragen zu dem Bericht, | |
den die wenige Tage nach der Wahl zurückgetretene Wahlleiterin Michaelis | |
mitgebracht hat. Denn seit dem Chaos vor vielen Wahllokalen am 26. | |
September steht die Frage im Raum, ob die Wahlen zumindest teilweise | |
wiederholt werden müssen. Entscheiden muss das der Berliner | |
Verfassungsgerichtshof. | |
## „Das lief wie geschnitten Brot“ | |
Klar ist nun: In 207 Wahllokalen hat es laut Michaelis „Unregelmäßigkeiten�… | |
gegeben. Das gehe nach Auswertung aller Berichte aus den | |
Bezirkswahlausschüssen hervor. „Eine Zahl, die uns alle erschrecken und | |
auch ärgern muss“, sagte die Ex-Landeswahlleiterin. „Das heißt aber auch�… | |
betonte Michaelis: „In über 2.000 Wahllokalen ist die Wahl völlig | |
problemlos abgelaufen.“ Es seien Wahlvorstände zu ihr gekommen, die gesagt | |
hätten: „Das lief wie geschnitten Brot. Ich verstehe gar nicht die | |
Aufregung.“ | |
Einzelne Ausschussmitglieder empfanden allerdings durchaus Aufregung am | |
Donnerstag: Der Bericht übernehme „keine Verantwortung“, und überhaupt: Wo | |
sei denn eigentlich Geisel? Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte bereits | |
am 8. Oktober betont, es sei Verantwortung der Politik, eine „reibungslose“ | |
Organisation der Wahlen sicherzustellen, und um Entschuldigung bei den | |
Berliner WählerInnen gebeten. | |
Insgesamt erweckte der Bericht der Landeswahlleitung am Donnerstag | |
folgenden Eindruck: Es war eine Mischung aus logistischer Fehlplanung, die | |
schon in der Druckerei begann, weil Stimmzettelkartons falsch gepackt | |
wurden. Die Bezirkswahlämter waren dann mit der Parallelität der Ereignisse | |
und der schieren Masse der Stimmzettel überfordert. Und am Ende der | |
Fehlerkette standen überforderte ehrenamtliche HelferInnen am Wahltag, die | |
schlicht den Überblick verloren. | |
Die eklatantesten Fehler, die nun zu einer Wahlanfechtung führen könnten, | |
sind falsch oder nicht ausgegebene Stimmzettel – die wiederum dazu führten, | |
dass Menschen nicht wählen konnten oder ihre Stimmen ungültig waren. In 24 | |
Wahllokalen seien insgesamt 1.608 Stimmzettel für die Erststimmen des | |
Abgeordnetenhauses falsch gewesen, sagte Michaelis. In 56 Wahllokalen | |
wurden rund 3.000 Stimmzettel für Erst- und Zweitstimmen nicht ausgegeben. | |
Die Ursachen seien „nicht bekannt“, sagte Michaelis. Sie gehe von „einer | |
Überforderung der Wahlvorstände aus.“ | |
Unklar bleibt weiterhin, wie viele WählerInnen nicht wählen können, weil | |
keine Stimmzettel ausgegeben und die Wahllokale zeitweilig geschlossen | |
wurden. Insgesamt seien rein rechnerisch 48.000 Wahlberechtigte in 22 | |
Wahllokalen betroffen, sagte Michaelis. In den Pankower Wahlkreisen 2 und 3 | |
konnten zudem mindestens 138 Menschen nicht wählen, weil drei Wahllokale | |
vor 18 Uhr geschlossen wurden. Am Freitag will sich der Innenausschuss mit | |
dem Wahlchaos beschäftigen. | |
14 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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