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# taz.de -- Wahlchaos in Berlin: „Eine prophetische Hellsicht“
> Die Berlinwahl kann nun vor Gericht angefochten werden. In einigen
> Stimmbezirken könnte es Nachwahlen geben, sagt der Pankower
> Wahlamtsleiter.
Bild: Einwandfrei war das nicht: Der Wahlsonntag in Berlin
taz: Herr Albrecht, am Donnerstag will die Landeswahlleitung das amtliche
Endergebnis für die Abgeordnetenhauswahl bekannt geben. Dann ist auch der
Klageweg offen, einzelne Wahlergebnisse anzufechten. Mit ein wenig Abstand
betrachtet: Wer hatte die Verantwortung dafür, dass auch in Pankow so viele
Dinge am Wahlsonntag schief gelaufen sind?
Marc Albrecht: Wir hatten bei dieser Wahl die Problematik, dass die
Stimmzettellieferungen von der Druckerei relativ unkoordiniert kamen.
Gefühlt kamen sie zu jeder Tages- oder Nachtzeit. Es war schwierig, den
Überblick zu behalten. Dadurch hat es auch gedauert, bis wir überhaupt
anfangen konnten, die Kisten für die einzelnen Wahllokale zu packen und
auszufahren.
Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf sollen zudem besonders viele
Wahlzettel für die Briefwahl zurückbehalten haben – die dann am Wahltag in
den Stimmlokalen fehlten.
Die Briefwahlanforderungen stiegen im Vorfeld des Wahltags stark an. Es ist
ja leider nicht so, dass man für jeden Wähler zwei Sätze Stimmzettel
bekommt – für die Brief- und die Urnenwahl. Die Landeswahlleitung spricht
von einer 110-prozentigen Ausstattung der Wahllokale – ob das so zutrifft
und so geliefert worden ist, prüfen wir gerade nach.
Der zentrale Fehler war also, dass es zu wenig Stimmzettel gab?
Ja. Wir wollten eigentlich nicht auf irgendein Verhältnis Brief- zu
Urnenwahl wetten. Wir haben begonnen, die Landeswahlleitung ab Anfang
August darauf hinzuweisen, dass es gut wäre, Stimmzettel in einer
Größenordnung von 20 oder 30 Prozent nachzudrucken – einfach, um eine
entsprechende Reserve zu haben. Dem ist man leider nicht nachgekommen. Im
Nachgang muss man aber sagen: Wir hatten eine beinahe prophetische
Hellsicht.
Warum hat das schnelle Nachsteuern am Wahlsonntag selbst nicht geklappt?
Wir sind den ganzen Tag unterwegs gewesen, mit 15 Kurieren, um Stimmzettel
auszuliefern. Mit dem Marathon können wir uns nicht herausreden, die
Straßensperrungen waren nicht in Pankow. Daran lag es nicht. Wir haben an
dem Tag alles an Stimmzettteln ausgegeben, was da war. Wir haben aber auch
tonnenweise ungenutzte Stimmzettel aus den Wahllokalen zurückerhalten.
Mit anderen Worten: Die Wahlvorstände haben den Überblick verloren?
Es war offenbar nicht immer klar, was an Nachlieferungen gebraucht wird,
und was überhaupt da ist.
Wie kann man das in Zukunft vermeiden – müsste man die Wahlorganisation
professionalisieren?
Eine Professionalisierung bei Wahlvorständen wird nicht funktionieren. Das
sind Menschen, die das freiwillig machen. Sicher kann man in Zukunft in den
Schulungen einen Schwerpunkt darauf setzen, zu üben, wie die Meldeketten
für die Wahlzettelorganisation funktionieren müssen. Diese Problematik
hatten wir bisher nie und hatten sie deshalb auch nicht im Fokus.
Glauben Sie, auch mit Ihrem jetzigen Wissen um die Fehler, dass es in
Pankow in einzelnen Stimmbezirken Nachwahlen geben wird?
In drei Wahllokalen, 200, 207 und 211, wurde die Wahl um 18.45 Uhr beendet
und Wählerinnen und Wähler wurden weggeschickt, weil keine Stimmzettel mehr
vorhanden waren. Im Stimmbezirk 207 war es zudem so, dass die Leitung des
Wahllokals in eigener Verantwortung entschieden hat, überhaupt keine
Stimmzettel mehr auszugeben, obwohl nur die Stimmzettel für die
Abgeordnetenhauswahl gefehlt haben. Dies sind Gründe, die man in einer
möglichen Wahlanfechtung anbringen könnte. Und es könnte durchaus
passieren, dass das vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof entschieden
wird.
14 Oct 2021
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
Berliner Bezirke
Marathon
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