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# taz.de -- Wahlpannen in Berlin: Die Qual der Wahl geht weiter
> Die Pannen könnten mehreren Abgeordneten das Amt kosten: Geht es nach der
> Landeswahlleiterin, muss die Wahl in zwei Wahlkreisen wiederholt werden.
Bild: Eher Ausdruck der Probleme bei der Wahlorganisation: Schlange vor einem W…
Berlin taz | Nach dem Willen der scheidenden Berliner Landeswahlleiterin
Petra Michaelis soll in zwei Wahlkreisen die Wahl der Direktkandidaten zum
Berliner Abgeordnetenhaus wiederholt werden. [1][Unregelmäßigkeiten bei der
Stimmabgabe] gab es am 26. September zwar in gut 200 Wahllokalen. Aber in
zwei Wahlkreisen – die in der Regel zwischen 20 und 30 Wahllokale umfassen
– könnten sie sich wegen des knappen Wahlausgangs unmittelbar auf die
Vergabe des mit der Erststimme gewählten Direktmandates auswirken.
Es geht um den Wahlkreis 1 in Marzahn-Hellersdorf, den der
AfD-Rechtsausleger und Putin-Versteher Gunnar Lindemann knapp gewonnen hat,
sowie um den Wahlkreis 6 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier wurde
erst die SPD-Politikerin Franziska Becker als Siegerin gekürt. Nach
[2][einer Nachzählung] ging das Mandat dann mit lediglich 19 Stimmen
Vorsprung an den Grünen Alexander Kaas-Elias.
In beiden Wahlkreisen hatte die scheidende Landeswahlleiterin Einspruch
beim Berliner Verfassungsgerichtshof angekündigt. Auch die AfD und die
Satirepartei Die Partei haben bereits erklärt, Einspruch gegen die
Berlin-Wahl einzulegen. Unklar ist noch, auf welche Wahlbezirke sich dieser
beziehen wird.
## Nachwahl im Frühsommer 2022?
Innensenator Andreas Geisel (SPD) erläuterte der taz den Fahrplan der
Wahlanfechtung: Offiziell kann ein Einspruch erst eingereicht werden, wenn
das amtliche Endergebnis im Amtsblatt veröffentlicht ist – das dürfte in
knapp zwei Wochen der Fall sein. Eine Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofes erwartet Geisel allerdings erst im Frühjahr. Falls
die Richter den Einsprüchen von Petra Michaelis folgen, sei „eine Nachwahl
für die Erststimme in den betreffenden Wahlkreisen vor der Sommerpause 2022
möglich“ – also etwa neun Monate nach dem ursprünglichen Wahltermin. Bis
dahin behalten Lindemann und Kaas-Elias ihre Direktmandate für das
Abgeordnetenhaus.
Sollten die Wähler im Marzahner Norden und rund um den Prager Platz in
Wilmersdorf aber im Frühsommer erneut wählen, könnte zumindest die
Abstimmung in Marzahn-Hellersdorf eine politische Kettenreaktion auslösen.
Denn hier unterlag der SPD-Kandidat Gordon Lemm dem AfD-Mann Lindemann um
nur 70 Stimmen. Der linke Bewerber Björn Tielebein wiederum lag um
lediglich 292 Stimmen hinter dem AfD-Politiker auf dem dritten Platz.
Da nach bisherigem Wissensstand 509 WählerInnen in Marzahn-Nord kein
Wahlzettel für die Erststimme für das Abgeordnetenhaus ausgehändigt wurde,
könnte auch der Zweit- und Drittplatzierte eine Chance auf das Direktmandat
haben. Möglich wäre es natürlich auch, dass der AfD-Mann seinen Vorsprung
vergrößert.
## Gemeinsame Wahlempfehlung gegen die AfD
Sollte der SPD-Kandidat Lemm ins Abgeordnetenhaus gewählt werden und das
Mandat annehmen, müsste er allerdings auf seinen Sitz im Bezirksamt
verzichten; Lemm ist Jugendstadtrat. Eine Zählgemeinschaft aus SPD, Linken,
Grünen und Tierschutzpartei nominierte ihn sogar zum Bezirksbürgermeister.
„Das Bezirksamt hat für mich Priorität. Da kann man mehr gestalten“,
sagte Lemm der taz. Aber er will seine Entscheidung noch mit der SPD
abstimmen.
Dass Lemm auf dem Wahlschein durch ein anderes SPD-Mitglied ausgetauscht
wird, ist nicht möglich. „Die Frage ist ja: „Bekäme die SPD mein eventuell
zusätzlich gewonnenes Mandat als Ausgleichsmandat hinzu? Oder müsste eine
Listenkandidatin ihr Mandat abgeben? So ein Fall ist für uns alle Neuland,
da müssen wir die Juristen fragen.“
Lemm könnte sich vorstellen, dass die SPD, „wenn wir uns mit anderen
demokratischen Parteien darauf einigen“ und wenn die SPD dadurch keinen
Mandatsverlust erleidet, eine Wahlempfehlung für einen Kandidaten einer
anderen Partei abgibt, „die den Marzahner Norden als Demokrat im
Abgeordnetenhaus vertritt“. Das wäre dann wohl der Linke Tielebein. „Denn
der jetzt gewählte AfD-Mann Lindemann ist kein guter Vertreter für die
Menschen vor Ort“, sagte Lemm.
## Alles steht auf dem Spiel für grünen Abgeordneten
Lindemann ist über die Landesliste der AfD nicht abgesichert und würde,
wenn er eine mögliche Wahlwiederholung nicht gewinnt, aus dem
Abgeordnetenhaus ausscheiden. Sein Mandat würde allerdings ausgeglichen
werden, sprich ein anderer AfD-Vertreter von der Landesliste würde
nachrücken.
Nicht ganz so komplex wären die möglichen Folgen einer Wahlwiederholung in
Charlottenburg-Wilmersdorf, wo teilweise falsche oder gar keine Stimmzettel
für die Erststimme ausgegeben wurden und die Abstimmung sehr knapp ausfiel.
Die jetzt hauchdünn unterlegene SPD-Vertreterin Franziska Becker sitzt
ohnehin im Abgeordnetenhaus. Sie wurde über die Bezirksliste der SPD
gewählt.
Bitter wäre es allerdings für Alexander Kaas-Elias, würde er in einer
Wahlwiederholung der Unterlegene sein: Der Grüne würde nicht nur sein
Mandat fürs Abgeordnetenhaus verlieren. Kaas-Elias hatte zeitgleich auch
für die Bezirksverordnetenversammlung kandidiert und dort nach der
erfolgreichen Abgeordnetenhauswahl auf sein Mandat verzichtet. Beide
Mandate auszuüben ist nicht zulässig. Diesen Verzicht könnte er nicht
wieder rückgängig machen. Im Abgeordnetenhaus würde aber ein grüner
Listenkandidat für ihn nachrücken.
25 Oct 2021
## LINKS
[1] /Amtliches-Ergebnis-in-Berlin/!5808051
[2] /Buergermeister-Mueller-zum-Wahlchaos/!5807052
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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