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# taz.de -- Eskalation zwischen Polen und der EU: Der gefährliche Kurs der PiS
> Warschaus rechte Regierung lässt den Rechtsstreit mit Brüssel weiter
> eskalieren. Doch es gibt Hoffnung: die pro-europäische Bewegung um Donald
> Tusk.
Bild: Sicherheitsvorkehrungen vor dem Gebäude des polnischen Verfassungstribun…
Die Dauerfehde zwischen Warschau und der EU hat einen [1][neuen Höhepunkt
erreicht.] Polens Verfassungsgericht hat Teile des EU-Rechts für
unvereinbar mit der Landesverfassung erklärt. Im Klartext heißt das: Der
Umbau der dritten Gewalt, mit dem die nationalkonservative Regierungspartei
PiS seit Jahren so fundamentale demokratische Prinzipien wie
Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung auszuhebeln versucht, soll
fortgesetzt werden.
Ja, mehr noch: Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), deren
Umsetzung schon jetzt ausbaufähig ist, können fürderhin komplett ignoriert
werden. Sowohl Polens höchste Richter*innen als auch führende
Politiker*innen reden von einer [2][unzulässigen Einmischung Brüssels]
in die innenpolitischen Angelegenheiten ihres Landes – eine Rhetorik, die
tief blicken lässt und oft von autoritären Regimen benutzt wird.
Polens sogenannte Justizreform zielt vor allem darauf ab, der PiS nicht
genehme Richter*innen aus dem Verkehr zu ziehen. Sie war und ist
mittlerweile Gegenstand zahlreicher juristischer Verfahren, von denen auch
das Verfassungsgericht selbst betroffen ist. Im vergangenen Mai verurteilte
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Warschau zu
Entschädigungszahlungen, da ein Mitglied des Verfassungsgerichts „irrgulär�…
ernannt worden sei.
Gleichzeitig versucht die EU Polen mit anderen Mitteln, wie der Blockade
von Coronahilfen und der Androhung von Finanzsanktionen, beizukommen.
Bislang ohne Erfolg – wie auch die jüngste Entscheidung beweist. Sie ist
eine weitere klare Kampfansage an Brüssel und dürfte die Beziehungen noch
schwieriger machen. Gleichzeitig ist sie auch eine Zäsur, die die
Grundfesten der EU erschüttert. Und ein gefährlicher Präzedenzfall. Dieses
Beispiel kann Schule machen – mit unvorhersehbaren Konsequenzen.
Schon macht das Wort „Polexit“ die Runde – eine Entwicklung, die weder
Brüssel noch Polen selbst wollen (können). Die EU-Kommission steht nun vor
der Aufgabe, die Union zusammenzuhalten, aber auch [3][den Vorrang
europäischen Rechts zu verteidigen] und durchzusetzen. Beides zu
vereinbaren wird kompliziert.
Die jüngsten Entwicklungen könnten vielleicht aber auch noch eine andere
Dynamik in Gang setzen. Die Urteilsverkündung am Donnerstag war von
PiS-kritischen Kundgebungen begleitet, der polnische Oppositionsführer und
frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk hat zu weiteren Protesten aufgerufen.
Dass daraus mehr entstehen könnte, ist so abwegig nicht. Denn es gibt sie,
die Pol*innen, die darum wissen, was durch den gefährlichen Kurs der PiS
auf dem Spiel steht. Sie wurden oft unterschätzt. Diesen Fehler sollte man
nicht wieder machen.
8 Oct 2021
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/polen-verfassung-eu-recht-103.html
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/polen-verfassung-eu-recht-urteil-100…
[3] https://www.deutschlandfunk.de/polen-eu-kommissionspraesidentin-von-der-ley…
## AUTOREN
Barbara Oertel
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