| # taz.de -- EuGH verurteilt Polen: Millionenstrafe für Tagebau-Betrieb | |
| > Polen muss eine halbe Million Euro am Tag zahlen, entscheidet der EuGH. | |
| > Denn die Regierung weigert sich, den Kohletagebau Turow zu schließen. | |
| Bild: Ein riesiges Loch für polnische Kohle – kurz vor den Grenzen zu Tschec… | |
| Warschau taz | Die Nachricht aus Luxemburg traf viele Polen wie ein Blitz | |
| aus heiterem Himmel: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Land | |
| verdonnert, jeden Tag 500.000 Euro Strafe an die EU-Kasse zu zahlen – bis | |
| die nationalpopulistische Regierung den Braunkohle-Tagebau Turow im | |
| Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland stoppt. [1][Dabei hatte der EuGH | |
| schon im Mai einstweilig angeordnet, dass Polen den Kohleabbau dort | |
| einstellen muss.] Die polnische Regierung ignorierte den Beschluss aber | |
| einfach. Das wird jetzt teuer. | |
| Geklagt hatte Tschechien. Da der polnische Tagebau immer näher an das | |
| südliche Nachbarland rückt, sinkt dort der Grundwasserspiegel. Der | |
| Betreiber, der staatliche Energiekonzern Polska Grupa Energetyczna (PGE), | |
| muss täglich riesige Mengen Wasser aus der Grube pumpen, um die Kohle | |
| gewinnen zu können. Das Wasser fehlt dann auf der anderen Seite der Grenze. | |
| Die polnische Regierung verlängerte die kürzlich ausgelaufene Lizenz für | |
| den Braunkohle-Tagebau sogar still und leise um weitere 20 Jahre, ohne das | |
| eigentlich in Gesetzen vorgeschriebene Umweltschutzverfahren durchzuführen. | |
| Mit den direkt betroffenen Nachbarn im Dreiländereck, die immer wieder | |
| gegen Dreck, Lärm und das 2.500-Hektar-Loch direkt vor ihrer Haustür | |
| protestieren, nahm PGE nicht einmal das Gespräch auf. Dies aber verlangt | |
| sowohl das polnische wie auch das EU-Recht, wie Naturschutz-Aktivisten | |
| immer wieder anmahnten. Die Tschechen, denen immer mehr Brunnen in | |
| Grenznähe versiegten, waren es schließlich leid – und reichten Klage ein. | |
| Polens Premier Mateusz Morawiecki hatte seinen Landsleuten immer wieder | |
| weisgemacht, dass er das Problem schon fast gelöst habe und Tschechien die | |
| Klage zurückziehen würden. Die meisten Polen gingen davon aus, dass der | |
| EuGH es niemals wagen würde, sie zu einer Geldstrafe zu verurteilen, auch | |
| weil die von Tschechien geforderte Höhe von täglichen 5 Millionen Euro | |
| astronomisch erschien. I | |
| m Staatssender TVP behaupteten Politiker der regierenden Partei Recht und | |
| Gerechtigkeit (PiS) zudem, dass weder der Braunkohle-Tagebau im | |
| Dreiländereck aufgegeben noch das dazugehörende Kraftwerk ausgeschaltet | |
| werden könnten, weil dadurch die gesamte polnische Energieversorgung | |
| zusammenbrechen werde. Regierungsvertretern zufolge produziert Turow 7 | |
| Prozent der landesweit benötigten Energie. Laut Umweltschützern ist es | |
| nicht einmal halb so viel. Sie verweisen außerdem darauf, dass man das | |
| Kraftwerk bis zu seiner Stilllegung auch wie früher schon mit importierter | |
| Kohle füttern könnte. | |
| ## Geld könnte abgezogen werden | |
| Der Regierung in Warschau dürfte bewusst gewesen sein, dass das | |
| Nichtbefolgen einer einstweiligen Anordnung des EuGH zum Anziehen der | |
| Finanzschraube führen könnte. Auch jetzt bleibt sie dabei, den Tagebau | |
| weiterzubetreiben. „Wir werden den Tagebau nicht schließen“, sagte | |
| Regierungssprecher Piotr Müller direkt nach dem EuGH-Urteil. Er blieb | |
| dabei: „Ein Stopp der Arbeiten würde die Stabilität unseres Stromsystems | |
| gefährden.“ | |
| Auch die Geldstrafe will Polen nicht zahlen. Darum wird der Staat | |
| allerdings nicht herumkommen. Zahlt Warschau nicht freiwillig, wird die | |
| Strafe wohl bereits in Brüssel von den EU-Strukturhilfen für Polen | |
| abgezogen werden. | |
| 21 Sep 2021 | |
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| [1] /Beschluss-des-Europaeischen-Gerichtshofs/!5773935 | |
| ## AUTOREN | |
| Gabriele Lesser | |
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