Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwerpunkte der nächsten Koalition: Dasselbe in Grün
> Im Wahlkampf spielten Polizeigewalt und rechtsextreme Netzwerke kaum eine
> Rolle. Auch mit der nächsten Regierung dürfte sich das nicht ändern.
Bild: Niemand hat Ideen oder Ambitionen: Demonstration der Querdenken-Bewegung …
Mit Fahnen wollen progressive Bürger_innen dieses Landes ja in der Regel
eher nichts zu tun haben. Aus guten Gründen. Die Red Flag allerdings hat
nichts mit Nationalstolz zu tun, sie ist vielmehr ein metaphorisches
Fähnchen, ein Warnsignal, welches auf toxische Verhaltensmuster in
Beziehungen hinweisen soll. Auch in der Medizin gibt es solche Red Flags,
um Hinweise auf eine mögliche Erkrankung früh zu erkennen. Wieso also nicht
auch in der Politik?
Zwei Wochen sind die Bundestagswahlen nun her und mir sind während des
Wahlkampfs so einige Red Flags aufgefallen, dank denen wir den groben
Inhalt [1][der anstehenden Koalitionsverhandlungen] bereits vermuten
können, egal ob Jamaika oder die Ampel kommt: Wir halten uns [2][an das
1,5-Grad-Klimaziel] und vergessen dafür Vermögenssteuer, Tempolimit und
eine spürbare Erhöhung des Hartz-IV-Satzes. Vor allem aber ist klar,
worüber gar nicht erst verhandelt werden wird: den Kampf gegen
Rechtsextremismus und Polizeigewalt.
Oder wie oft haben Sie das Wort Rechtsextremismus von den nun verhandelnden
stärksten Parteien gehört, als sie ihre Lösungsvorschläge für die
brennenden Probleme dieses Landes präsentiert haben? Wahrscheinlich nicht
sehr oft. Und das nach einer Legislaturperiode, in der [3][mehrere
rechtsextreme Netzwerke in Polizei und Bundeswehr] bekannt wurden und in
der es mindestens fünf tödliche rechtsextreme Anschläge gegeben hat, bei
denen [4][ein Regierungspräsident hingerichtet], [5][eine Synagoge fast
gestürmt] und [6][zehn Menschen in einer einzigen Nacht erschossen wurden].
Wie kann das sein?
Das Aussparen dieses Themas, also der voranschreitenden Radikalisierung und
Bewaffnung Rechter, ihrer Organisierung innerhalb der Sicherheitsbehörden
ist eine absolute Red Flag, die uns sagt: Niemand hat Ideen oder
Ambitionen, um Anschläge wie den in Halle 2019 oder den in Hanau 2020 zu
verhindern. Nicht die CDU, nicht die SPD, nicht die FDP und auch nicht die
Grünen.
Egal welche Konstellation also zustande kommt, auf Veränderung zu hoffen
ist und bleibt naiv. Ja, die Umsetzung des Klimaziels ist lebenswichtig und
ohne grüne Regierungsbeteiligung kaum denkbar. Aber eine Klimawende, die
weder die Bekämpfung von Rechtsextremismus noch eine nachhaltige Sozial-
und Migrationspolitik mitdenkt, ist im Grunde eine zutiefst konservative
Politik. Was folgt also nach [7][16 Jahren Merkel]? Es scheint, als bliebe
alles wie gehabt, nur noch ein bisschen länger. Dasselbe in Grün sozusagen.
## Kein Wort über Verfehlungen
Denn selbst das 1,5-Grad-Klimaziel wird ja nicht mehr verhindern können,
dass Teile der Erde in absehbarer Zeit immer unbewohnbarer werden und somit
mehr Menschen gezwungen sind, ihren Lebensraum zu verlassen und in reiche
Länder wie Deutschland auszuwandern. Wie wird unsere Gesellschaft diese
Menschen aufnehmen? Welche Haltung vertreten die Grünen eigentlich dazu?
Bislang wird höchstens über die schnellere Einbürgerung von fest
angestellten, gut verdienenden, seit vielen Jahren hier lebenden
Ausländer_innen gesprochen, kein Wort aber über schutzsuchende und
mittellose Geflüchetete, die von grünen Bundesländern bis vor wenigen
Monaten etwa noch nach Afghanistan abgeschoben worden sind.
Überhaupt scheint Benachteiligung bei allen Parteien nur noch im
Zusammenhang mit 2G und Impfpflicht Thema zu sein: Impfgegner_innen, die
sich vermehrt in rechten Kreisen organisieren, dürfen bloß nicht
diskriminiert werden. Risikogruppen, Geringverdiener_innen, Geflüchtete,
von Rassismus und Antisemitismus Betroffene hingegen schon?
Das Klima mag uns ja vielleicht noch eine Weile verschonen. Wie fahrlässig
zu glauben, dass es der Rechtsextremismus auch tun wird.
10 Oct 2021
## LINKS
[1] /Erste-Sondierung-von-SPD-Gruene-und-FDP/!5806962
[2] /Parteiprogramme-zum-Klima/!5801885
[3] /Schwerpunkt-Hannibals-Schattennetzwerk/!t5549502
[4] /Urteil-zum-Mord-an-CDU-Politiker/!5748885
[5] /Verhalten-der-Polizei-bei-Halle-Anschlag/!5787440
[6] /Nach-dem-Anschlag-in-Hanau/!5757183
[7] /Bundeskanzlerin-bei-Feier-zum-3-Oktober/!5805231
## AUTOREN
Fatma Aydemir
## TAGS
Kolumne Red Flag
Rechtsextremismus
Polizeigewalt
Sondierungsgespräche
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
GNS
Kolumne Red Flag
Ampel-Koalition
Schwerpunkt Rassismus
Polizei
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Rechter Anschlag in Hanau
Anschlag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rote Fahnen gestern, heute und morgen: Revolution und Rückzug
Red Flags gibt es inzwischen in Massen. Früher standen sie für Hoffnung,
heute sind sie eher Warnsymbol. Wichtig bleibt, das richtige Lied zu
singen.
Nachrichten zu den Sondierungen: CDU will Parteispitze neu bestimmen
Zum Jahreswechsel soll ein Parteitag den kompletten Bundesvorstand der
Partei neu wählen, verkündet Generalsekretär Ziemiak. Laschet äußert sich
nicht.
17-jähriger über Rassismus: „Das Polizeiproblem ist massiv“
Musa Farhan wechselt die Straßenseite, wenn er die Polizei sieht. Im April
attackierten Beamten den 17-jährigen nach einer Demo gegen Racial
Profiling.
„Copservation“ über Polizeivergehen: „Das Einzelfall-Narrativ ist absurd…
Das Netzwerk „Copservation“ will polizeiliches Fehlverhalten dokumentieren.
Fast jeden Tag erhalten die Mitglieder in sozialen Medien Berichte über
Vergehen.
Lehren aus dem Afghanistan-Krieg: Im Schatten der Sondierung
Die Regierung lässt über die Bilanz des Bundeswehr-Einsatz diskutieren.
Bundestagsabgeordnete bleiben fern. Sie stören sich am Zeitpunkt.
Die Wahl für Betroffene rechter Gewalt: Kampf gegen rechts – aber wie?
Das BKA zählt über 1.000 rechtsextreme Gewaltdelikte für 2020. Im Wahlkampf
spielt das kaum eine Rolle. Dabei haben die Parteien durchaus Ideen.
Rechtsextremer Anschlag in Halle: Hoffen auf weitere Hilfe
Nach dem rechtsextremen Anschlag in Halle sind die Betroffenen weiter in
wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Eine zugesagte Spende kommt nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.