| # taz.de -- Pandora Papers decken Steuertricks auf: Blamage für die EU | |
| > Auch Politiker, die Steuerschlupflöcher bekämpfen wollen, profitieren | |
| > gern von ihnen: Die internationalen Recherchen sind diesmal besonders | |
| > pikant. | |
| Bild: Verblichener Ruhm: Auch der britische Ex-Premier Tony Blair steht im Foku… | |
| Brüssel taz | Erst die LuxLeaks, dann die Panama Papers, nun die Pandora | |
| Papers: Wieder hat das internationale Recherchenetzwerk ICIJ dunkle | |
| Geschäfte in sonnigen Steuerparadiesen aufgedeckt, wieder wird der Ruf nach | |
| Gegenmaßnahmen laut. Diesmal ist die Lage allerdings besonders pikant. | |
| [1][Von den geheimen Geschäften, für die 11,9 Millionen geleakte | |
| Finanz-Dokumente aus allen Winkeln der Welt ausgewertet wurden,] sollen | |
| nämlich nicht nur Promis wie das deutsche Model Claudia Schiffer, der | |
| Ex-Beatle Ringo Starr und der Popstar Shakira profitiert haben. | |
| [2][Diesmal sind auch amtierende Politiker wie der tschechische | |
| Ministerpräsident Andrej Babiš], der russische Präsident Wladimir Putin und | |
| der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski betroffen. Auch der frühere | |
| britische Premier Tony Blair taucht in den Leaks auf. | |
| Babiš soll 2009 über Briefkastenfirmen unter großer Geheimhaltung ein | |
| prachtvolles Landschloss in Südfrankreich für etwa 15 Millionen Euro | |
| erstanden haben. Für ihn ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung sehr | |
| unangenehm, weil in Tschechien am kommenden Wochenende ein neues Parlament | |
| gewählt wird. | |
| ## Wasser predigen und Wein trinken | |
| Putin wird zwar nicht direkt eines Vergehens beschuldigt. Doch enge | |
| Vertraute des russischen Autokraten sollen über Briefkastenfirmen lukrative | |
| Geschäfte abgewickelt haben. Noch schwerer wiegen die Vorwürfe gegen Putins | |
| ukrainischen Gegenspieler Selenski: Er soll, gut getarnt, Geld vom | |
| Oligarchen Ihor Kolomoskyji entgegengenommen haben. Dabei hatte er gerade | |
| angekündigt, den Kampf gegen Oligarchen zu verschärfen. | |
| Der britische Ex-Premier Blair und seine Ehefrau Cherie wiederum hätten | |
| beim Kauf einer Immobilie von einem Steuerschlupfloch profitiert, meldet | |
| die BBC. Das sei zwar nicht illegal gewesen. Pikant ist es trotzdem – denn | |
| Blair hat sich immer wieder kritisch über Steuertricks geäußert. Nun wurde | |
| er selbst erwischt – oder doch nicht? | |
| Cherie Blair sagte der BBC, ihr Mann sei nicht an dem Geschäft beteiligt | |
| gewesen. Auch Putin und Babiš dementierten die Berichte, die auf Recherchen | |
| von 600 Journalisten in 117 Ländern beruhen. | |
| Die Leaks zeigen vor allem, dass auch Politiker von den Schlupflöchern | |
| profitieren, die sie offiziell bekämpfen. Dies mag ein Grund dafür sein, | |
| dass die internationalen Bemühungen um eine Trockenlegung der | |
| Steuerparadiese bisher nicht allzu viel gebracht haben. Vor allem die EU | |
| steht mal wieder blamiert da. [3][Sie hatte schon nach den LuxLeaks 2014 | |
| Besserung gelobt.] | |
| ## Nicht genug passiert | |
| Sieben Jahre später öffnet sich die „Büchse der Pandora“ – und die | |
| EU-Maßnahmen erweisen sich als unzureichend. Vor allem beim Kampf gegen | |
| Steueroasen und Briefkastenfirmen gehe es viel zu schleppend voran, | |
| kritisiert der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU). Daran trage auch | |
| Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Mitschuld. | |
| „Die Pandora Papers zeigen, dass die Fortschritte in der internationalen | |
| Steuerpolitik nicht ausreichen“, erklärte der grüne Europapolitiker Sven | |
| Giegold. Die auch von der EU unterstützte globale Mindeststeuer gelte nur | |
| für Großunternehmen, aber nicht für die Briefkastenfirmen von | |
| Hochvermögenden. „Wir brauchen volle Transparenz über die wirklichen | |
| Eigentümer“, so Giegold. | |
| Die EU-Kommission reagierte prompt – und versprach, ihren Kampf gegen | |
| Steuerhinterziehung zu verschärfen. Auch die EU-Finanzminister wollen die | |
| Blamage nicht auf sich sitzen lassen. Bei ihrem Treffen am Dienstag in | |
| Luxemburg wollen sie eine neue „schwarze Liste“ der Steueroasen | |
| beschließen. | |
| Im Vorfeld ist allerdings bekannt geworden, dass sie diese Liste kürzen | |
| wollen: Anguila, die Seychellen und Dominica sollen gestrichen werden. Auch | |
| die Türkei steht plötzlich nicht mehr am Steuer-Pranger. Wenn es dabei | |
| bleibt, würden nur noch neun Staaten auf der EU-Liste der Steueroasen | |
| auftauchen. | |
| Das sei „absurd“, ärgert sich Giegold. Die Pandora Papers müssten als | |
| „Weckruf“ für die Finanzminister dienen. Stattdessen drohe wieder | |
| „schlechtes Stückwerk“. | |
| 4 Oct 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pandora-datenleck-schattenfi… | |
| [2] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pandora-papers-babis-1.5429085?reduc… | |
| [3] /Prozess-in-Luxemburg/!5299141 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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