# taz.de -- Nach Mindeststeuer-Einigung: Irland will attraktiv bleiben | |
> Der Inselstaat möchte Großkonzerne jetzt mit anderen Vorteilen locken. | |
> Zuvor hatte er eine Begrenzung der Mindeststeuer auf 15 Prozent | |
> durchgesetzt. | |
Bild: Auch hier sollen künftig mehr Steuern fällig werden: EU-Zentrale von Go… | |
DUBLIN taz | Irland bleibe auch nach der Zustimmung zu einer Mindeststeuer | |
für Unternehmen Klassenbester, was die Attraktivität für Investitionen von | |
Großkonzernen betreffe. Das erklärte der irische Finanzminister Paschal | |
Donohoe am Wochenende. | |
[1][Zuvor hatte sich Irland am Donnerstagabend ebenso wie Estland und | |
Ungarn dem internationalen Druck gebeugt:] Die Regierung in Dublin willigte | |
ein, den Steuersatz für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 | |
Millionen Euro auf 15 Prozent zu erhöhen. Das betrifft 56 multinationale | |
irische Unternehmen und mehr als 1.500 ausländische Multis, die zusammen | |
eine halbe Million Menschen beschäftigen. Unternehmen mit geringerem Umsatz | |
zahlen weiterhin 12,5 Prozent. | |
Außerdem hatten sich die G20-Finanzminister auf eine weitere Neuerung | |
geeinigt: Wenn ein Unternehmen für seine ausländische Niederlassung weniger | |
Steuern zahlt, kann der Heimatstaat die Differenz kassieren. Dadurch soll | |
verhindert werden, dass Unternehmen ihre Profite in Steueroasen wie Irland | |
verlagern. Experten schätzen, dass dem Inselstaat dadurch jedes Jahr ein | |
bis zwei Milliarden an Steuergeldern durch die Lappen gehen werden. | |
Eine Weigerung, der globalen Mindeststeuer zuzustimmen, wäre „schlecht für | |
unseren Ruf“ gewesen, sagte Donohoe. Regierungspolitiker haben stets | |
bestritten, dass Irland ein Steuerparadies sei. Dabei sind 3.217 | |
ausländische Kommanditgesellschaften in Irland registriert, ein Viertel | |
davon im Office 29 im Clifton House, einem leerstehenden Bürogebäude. | |
Die meisten stammen aus Russland, der Ukraine und Usbekistan. Das geht aus | |
den Pandora Papers hervor, einem Datenleck, das die heimlichen Geschäfte | |
von Politikern und Prominenten offenlegt. Solange die ausländischen | |
Investoren keine Geschäfte in Irland betreiben, müssen sie dort auch keine | |
Steuern zahlen. Irland sei demnach de facto ein Offshore-Finanzplatz. | |
Das möchte man zwar bleiben, aber diskreter als bisher. Donohoe wies darauf | |
hin, dass Milliarden Euro in Bildung und Infrastruktur investiert werden, | |
wodurch ausländische Direktinvestitionen gesichert würden. Die | |
Industrieentwicklungsbehörde IDA ist ebenfalls optimistisch. | |
Das Land werde weiterhin Neuankömmlinge begrüßen können, denn Unternehmen | |
träfen ihre Entscheidungen nicht nur wegen niedriger Steuern, fügte er | |
hinzu: „Die gut ausgebildete Arbeiterschaft, die wirtschaftsfreundliche | |
Politik und das allgemein unternehmerfreundliche Klima spielen eine große | |
Rolle“, sagte der Geschäftsführer Martin Shanahan. | |
Und dann sei da ja auch der Zugang zum EU-Binnenmarkt. Die bisher recht | |
laschen Umweltschutzauflagen und den lockeren Umgang mit dem Datenschutz | |
erwähnte er lieber nicht. | |
Bis 2023 hat das Land nun Zeit, Pläne zu schmieden, denn das Abkommen über | |
die Mindeststeuer tritt erst dann in Kraft. Irland hatte darauf bestanden, | |
dass aus dem Text vor dem Steuersatz die Worte „at least“ gestrichen | |
wurden. Die Regierung befürchtete, dass weitere Erhöhungen durch die | |
Hintertür beschlossen werden könnten, wenn es bei der Formulierung | |
„mindestens 15 Prozent“ geblieben wäre. | |
Verstärkt wird die Ungewissheit über die Zukunft ausländischer | |
Investitionen neuerdings durch die politische Ungewissheit: Bei den | |
neuesten Umfragen liegt Sinn Fèin, der ehemalige politische Flügel der | |
inzwischen aufgelösten Irisch-Republikanischen Armee (IRA), deutlich in | |
Führung – und diese hat in ihrem Wahlprogramm versprochen, die Multis noch | |
erheblich stärker zur Kasse zu bitten. | |
10 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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