# taz.de -- Steuer-Vorstoß von US-Finanzministerin: Apple soll zahlen | |
> US-Finanzministerin Janet Yellen will Steuerdiebstahl beenden. Es soll | |
> sich nicht mehr lohnen, Gewinne nach Irland oder Luxemburg zu | |
> verschieben. | |
Bild: Janet Yellen (rechts) will ihrem Chef Joe Biden Geld in die Kassen spülen | |
Es ist eine kleine Sensation: Die neue US-Finanzministerin, [1][Janet | |
Yellen], hat am Montag angekündigt, dass die USA eine globale Mindeststeuer | |
für internationale Konzerne durchsetzen wollen. Das Steuerdumping soll also | |
endlich beendet werden. Weltweit gehen den Staaten Hunderte von Milliarden | |
Dollar jährlich verloren, weil Großunternehmen ihre Gewinne in Steueroasen | |
verschieben. Der Schaden für Deutschland etwa dürfte rund 20 Milliarden | |
Euro pro Jahr betragen. | |
Die USA ergreifen jetzt die Initiative, [2][weil Präsident Joe Biden ein | |
nationales Infrastrukturprogramm plant], das zwei Billionen Dollar kosten | |
soll. Zur Finanzierung ist auch vorgesehen, die Unternehmenssteuern in den | |
USA von derzeit 21 auf 28 Prozent anzuheben. | |
Diese Steuererhöhung ist noch nicht der radikale Schritt. Es mag zwar | |
gewaltig erscheinen, dass die Sätze für US-Unternehmen um ein Drittel | |
steigen sollen. Doch wird damit nur eine Reform zurückgenommen, die | |
Vorgänger Donald Trump gleich als Erstes durchgesetzt hatte. Trump hatte | |
den Steuersatz für Unternehmen von 35 auf 21 Prozent herabgesetzt, kaum | |
dass er 2017 in das Weiße Haus eingezogen war. Bidens Plan landet in der | |
Mitte, wenn er künftig „nur“ 28 Prozent verlangen will. Das ist immer noch | |
weniger, als die Konzerne unter dem Republikaner Bush zahlen mussten. | |
Um Gelder in die Staatskassen zu spülen, reicht es aber nicht, die | |
Steuersätze in den USA anzuheben. Zugleich muss verhindert werden, dass die | |
Unternehmen ihre Gewinne einfach in andere Staaten verschieben, die mit | |
Steuersätzen locken, die nahe null liegen. Ein Meister dieses Faches ist | |
Apple: Der US-Konzern deklariert seine Gewinne am liebsten in Irland und | |
zahlt dort nur 1 Prozent auf die Profite. | |
## Luxemburg, Malta und auch Irland haben Macht | |
Hier setzt Yellen nun an: Der Kniff mit dem Export von Gewinnen würde sich | |
nicht mehr lohnen, wenn weltweit alle Länder dieselben Steuersätze | |
verlangen würden. Deswegen starten die USA nun ihre Initiative; im Gespräch | |
ist ein Mindestsatz von 21 Prozent. | |
Noch ist nicht ausgemacht, dass sich die USA damit durchsetzen. Die | |
Steueroasen werden sich verzweifelt dagegen wehren, denn meist haben sie ja | |
kein anderes Geschäftsmodell, als fremde Länder zu bestehlen. | |
Beispiel Luxemburg: Das Großherzogtum gilt als reich, ist jedoch absolut | |
strukturschwach. Nennenswerte Industrie gibt es nicht, man lebt vom | |
Finanzsektor – also von Banken und Beratungsfirmen, die sich nur deshalb | |
dort angesiedelt haben, um die Fluchtgelder aus anderen Staaten zu | |
verwalten. Rund 600.000 Luxemburger stünden vor dem Nichts, wenn ihr Land | |
plötzlich keine Steueroase mehr wäre. Ähnliches gilt für Malta. Die | |
Miniinsel wird zwar von vielen Touristen besucht, aber das große Rad wird | |
mit Fluchtgewinnen gedreht. | |
Leider haben Luxemburg, Malta und auch Irland fast unbeschränkte Macht: Bei | |
Steuerfragen gilt in der EU die Einstimmigkeit, sodass die Steueroasen | |
jederzeit ihr Veto einlegen können. | |
## Trick 21 | |
Bleibt noch eine Alternative: Die USA könnten ihre „nationale | |
Ausgleichssteuer“ anheben, um die Steueroasen gefügig zu machen. Das | |
Prinzip ist denkbar simpel. Bisher verlangen die USA von ihren heimischen | |
Konzernen wie Apple, dass sie weltweit auf alle Auslandsgewinne mindestens | |
10,5 Prozent Steuern zahlen. Wenn in Irland aber nur 1 Prozent Steuern | |
anfallen – dann kassiert der amerikanische Fiskus eben die restlichen 9,5 | |
Prozent. Jetzt droht Yellen damit, dass diese Ausgleichssteuer künftig | |
ebenfalls auf 21 Prozent steigen könnte. Es ist kein Zufall, dass der | |
Betrag genauso hoch ist wie die Mindeststeuer, die die USA weltweit | |
durchsetzen wollen. | |
Kleine Wette: Irland dürfte ins Grübeln kommen, ob man sich nicht | |
vielleicht doch der US-Initiative anschließt. Wenn Apple sowieso im Ausland | |
21 Prozent Steuern zahlen müsste, dann wäre es ja durchaus lukrativ, wenn | |
anstatt Yellen der Finanzminister in Dublin diese 21 Prozent kassieren | |
könnte. | |
6 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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