| # taz.de -- Union blockiert Gesetzesvorhaben: Demokratiefördergesetz gescheite… | |
| > Als Lehre aus rechten Anschlägen sollten Demokratieprojekte langfristig | |
| > gefördert werden. Die SPD-Fraktion sieht das Gesetz als ergebnislos. | |
| Bild: Das Lampertheimer Bündnis für Demokratie hält eine Mahnwache | |
| BERLIN taz | Es sollte eine zentrale Konsequenz aus den rechtsextremen | |
| Anschlägen in Hanau, Halle und auf den CDU-Politiker Walter Lübcke sein: | |
| ein Wehrhafte Demokratie-Gesetz, einst auch Demokratiefördergesetz genannt, | |
| mit dem zivilgesellschaftliche Demokratieprojekte langfristig gestärkt | |
| werden sollten. Auch in einem [1][89-Punkte-Plan] der Regierung gegen | |
| Rechtsextremismus war es eine zentrale Maßnahme. Nun aber ist das Gesetz | |
| gescheitert. | |
| „Das Gesetz ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu schaffen“, | |
| erklärte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese am Mittwochnachmittag. Die | |
| Unionsfraktion im Bundestag habe das Gesetz bis zuletzt blockiert. „Das ist | |
| in keinster Weise nachvollziehbar.“ Wer den Rechtsextremismus und | |
| Antisemitismus wirklich bekämpfen wolle, hätte das Gesetz unterstützen | |
| müssen, kritisierte Wiese. „Die Union hat hier jegliche Glaubwürdigkeit | |
| verloren.“ | |
| Die SPD und Demokratieverbände hatten [2][seit Jahren ein | |
| Demokratiefördergesetz gefordert], um zivilgesellschaftliche Projekte etwa | |
| in Kommunen, Schulen oder mit Neonazi-Aussteigern langfristig vom Bund zu | |
| finanzieren. Bisher gilt ihre Förderung immer nur für eine | |
| Legislaturperiode – danach stehen die Projekte vor dem Aus und müssen sich | |
| mit neuen Konzepten bewerben. | |
| Die Union hatte sich lange [3][gegen das Gesetz gestellt] und erklärt, | |
| dafür gebe es keinen Bedarf, denn schon jetzt würden Demokratieprojekte | |
| jährlich mit 150 Millionen Euro gefördert. Zudem wurde dort befürchtet, | |
| dass auch radikale Initiativen Fördergelder erhalten könnten. | |
| Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aber war zuletzt eingeschwenkt und | |
| hatte erklärt, es gehe darum Gruppen zu unterstützen, „die sich für gelebte | |
| Demokratie einsetzen“. | |
| ## Streit um Extremismusklausel | |
| Mitte Mai hatte das Bundeskabinett daraufhin [4][Eckpunkte für das | |
| Wehrhafte Demokratie-Gesetz] verabschiedet. Die damalige | |
| Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte die Punkte zuvor | |
| nachgebessert und eine Demokratieerklärung ergänzt, mit der Träger bei | |
| Antragstellung schriftlich zusichern sollten, dass sie sich zur | |
| freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und ihre Mittel | |
| ausschließlich für grundgesetzkonforme Ziele verwenden. Die Initiativen | |
| sollten dies auch „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ für ihre | |
| Mitarbeiter:innen und Partnerorganisationen überprüfen. | |
| Eine ähnliche „Extremismusklausel“ hatte bereits 2011 die frühere | |
| CDU-Familienministerin Kristina Schröder eingeführt. Später wurde diese | |
| wieder abgeschafft, nachdem Initiativen einen Generalverdacht beklagt | |
| hatten. | |
| Die Unionsfraktion hatte zuletzt jedoch moniert, dass die | |
| Demokratieerklärung nicht weit genug gehe. Die SPD verweigere sich „einer | |
| wirksamen Verhinderung staatlicher Finanzierung von extremistischen | |
| Organisationen“, sagte der CDU-Innenexperte Mathias Middelberg der taz. | |
| Eine verpflichtende Demokratieerklärung sei „eine Selbstverständlichkeit“ | |
| und erleichtere im Zweifel auch die Rückforderung von Fördermitteln. Auch | |
| Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei erklärte, er rechne in dieser | |
| Legislaturperiode nicht mehr mit dem Gesetz, da dieses „ebenso komplex wie | |
| in der Vergangenenheit streitbefangen war“. | |
| Tatsächlich landete ein Gesetzentwurf bisher nicht im Bundeskabinett, auch | |
| am Mittwoch nicht. Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums erklärte | |
| am Nachmittag indes, ihr Haus werde „nichts unversucht lassen, noch eine | |
| Kabinettsbefassung zu erreichen“. Dazu sei Justizministerin Christine | |
| Lambrecht (SPD), die seit dem Rücktritt von Giffey auch das | |
| Familienministerium führt, weiter „in intensivem Austausch“ mit | |
| Bundesinnenminister Seehofer. | |
| Die SPD-Innenexpertin Ute Vogt erklärte das Gesetz dagegen ebenfalls | |
| bereits für gescheitert. Offenbar gebe es in der Unionsfraktion eine | |
| „tiefsitzende Skepsis“ gegenüber einigen Demokratieinitiativen. Für diese | |
| sei das Scheitern des Gesetzes „verheerend“. | |
| 9 Jun 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Antifa-Kabinett-der-Bundesregierung/!5727525 | |
| [2] /SPD-und-Demokratiefoerdergesetz/!5730322 | |
| [3] /Union-stellt-sich-gegen-die-SPD/!5763792 | |
| [4] /Kampf-gegen-Rechtsextremismus/!5772100 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| ## TAGS | |
| Rechtsextremismus | |
| Schwarz-rote Koalition | |
| Demokratie | |
| Horst Seehofer | |
| Prävention | |
| Franziska Giffey | |
| Amadeu-Antonio-Stiftung | |
| Demokratie | |
| Verfassungsschutzbericht | |
| Wahlkampf | |
| Familienministerium | |
| Franziska Giffey | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ampel legt Gesetzentwurf vor: Demokratiefördergesetz wird konkret | |
| Es ist ein wichtiges Projekt der Ampel: Faeser und Paus legen einen | |
| Gesetzentwurf fürs Demokratiefördergesetz vor. Verbände aber üben Kritik. | |
| Vorstoß von Faeser und Spiegel: Demokratiefördergesetz auf dem Weg | |
| Nach langem Ringen legen die Innen- und Familienministerin ein Konzept für | |
| ein Demokratiefördergesetz vor. Einiges aber bleibt noch offen. | |
| Verfassungsschutzbericht vorgestellt: Pandemie stärkt Rechtsextreme | |
| Laut Behörden ist die Zahl der Nazis in Deutschland 2020 erneut gewachsen. | |
| Innenminister Seehofer zeigt sich besorgt über den wachsenden | |
| Antisemitismus. | |
| Nicht umgesetzte Vorhaben der Groko: Auftakt zum Gesetzeversenken | |
| Kinderrechte ins Grundgesetz? Aber nicht mehr vor der Wahl! Übers | |
| untrügliche Zeichen, wann der Wahlkampf wirklich begonnen hat. | |
| Lambrecht über Demokratiefördergesetz: „Nicht nur schneidige Reden halten“ | |
| Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) engagiert sich | |
| gegen Extremismus und für Prävention. Doch das Gesetz steht auf der Kippe. | |
| Kampf gegen Rechtsextremismus: Demokratieförderung auf Dauer | |
| Nach langem Ringen einigt sich das Kabinett auf ein Gesetz, um | |
| Demokratieprojekte langfristig zu fördern. Anderswo blockiert die Union | |
| weiter. |