| # taz.de -- Reisen mit der Bahn in Europa: Zug um Zug durch die Nacht | |
| > Bald wieder bequem und schnell über Staatsgrenzen hinweg reisen. | |
| > Nachtzüge und neue Buchungsportale sorgen für Aufbruchstimmung. | |
| Bild: Der ÖBB Nightjet auf dem Weg nach Hamburg | |
| Noch ist es Zukunftsmusik, aber früher oder später wird es so sein: Abends | |
| in Vilnius in den Nachtzug steigen, morgens ausgeschlafen in Berlin | |
| aussteigen. Ob von Stockholm nach Paris oder von Berlin nach Stockholm. | |
| Schlafwagen verbinden die europäischen Metropolen regelmäßig, tagsüber | |
| sorgt ein dichter Taktverkehr zwischen den Großstädten dafür, dass sich | |
| Reisende auf der Schiene bequem, schnell und reibungslos in Europa bewegen | |
| können. Ein Ticket für die Fahrt durch viele europäische Länder zu kaufen, | |
| wird dann anders als heute kein Problem mehr sein. | |
| Die europäische Bahnbranche ist in Aufbruchstimmung. Nachdem über | |
| Jahrzehnte hinweg Verbindungen gekappt und Angebote eingestellt wurden, | |
| wird das Bahnfahren in Europa Zug um Zug ausgebaut. An vielen Orten | |
| investieren etablierte, aber auch neue Bahnunternehmen in neue Züge und | |
| neue transeuropäische Verbindungen. | |
| Die EU-Verkehrsminister:innen wollen in den kommenden Jahren [1][ein | |
| dichtes Bahnnetz für Reisende schaffen, durch das viele Flüge ersetzt | |
| werden] sollen. Dazu soll es mehr und häufigere Verbindungen zwischen den | |
| Länder geben, sodass ein Europatakt entsteht. Dessen [2][Kern ist der | |
| Deutschlandtakt], der ab 2030 halbstündlich die Metropolen in der | |
| Bundesrepublik verbinden und mit direkten Anschlüssen eine Anbindung in die | |
| Regionen gewährleisten soll. | |
| ## Bahn in Europa als Alternative zum Flugzeug? | |
| Sehr viel eher werden direkte Nachtzugverbindungen mit Schlafwagen an den | |
| Start gehen. Schon ab 2022 soll es sie zwischen Schweden über Dänemark nach | |
| Deutschland geben. Möglich wäre damit, am Abend in Malmö einzusteigen, | |
| morgens um sechs in Köln aufzuwachen und zwei Stunden später in Brüssel zu | |
| sein – und dort einen Anschluss nach London oder Paris zu haben. Die | |
| schwedische und die dänische Regierung sind dazu bereit, dieses Projekt zu | |
| bezuschussen. | |
| Die skandinavischen Verkehrspolitiker:innen knüpfen an historischen | |
| Vorbildern an. Früher verbanden der Skandinavien-Paris-Express oder der | |
| Viking-Express regelmäßig skandinavische Hauptstädte mit der französischen | |
| Metropole. Ist der Fehmarnbelt-Ostseetunnel zwischen Dänemark und | |
| Deutschland Ende des Jahrzehnts betriebsbereit, werden weitere Projekte | |
| folgen. Das Potenzial ist riesig. Im Jahr 2019 war nur ein Prozent des | |
| Personenverkehrs zwischen Deutschland und Schweden auf der Schiene | |
| unterwegs, 70 Prozent der Reisenden nahmen das Flugzeug. | |
| Auch von den Beneluxstaaten ausgehend sollen neue Verbindungen entstehen. | |
| Das niederländische Start-up European Sleeper plant neue | |
| Schlafwagenangebote. In Kooperation mit dem tschechischen Unternehmen | |
| Regiojet soll eine erste Verbindung ab April 2022 zunächst dreimal in der | |
| Woche Prag mit Dresden, Berlin, Amsterdam und Brüssel verbinden. Außerdem | |
| wollen zwei belgische Jungunternehmer ebenfalls ab 2022 eine | |
| Nachtzugverbindung von Brüssel nach Berlin auf den Weg bringen. Der | |
| Luxuszug soll unter der Marke Moonlight-Express fahren. | |
| Zugfahren ist vor allem dann eine Alternative zum Fliegen, wenn die Reise | |
| über Nacht komfortabel im Schlaf- und Liegewagen möglich ist. Die Deutsche | |
| Bahn hat ihr Schlaf- und Liegewagenangebot im Jahr 2016 komplett aufgegeben | |
| und will auch keine neuen Schlafwagen anschaffen. „Wir halten Schlafwagen | |
| nicht für wirtschaftlich“, sagte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla beim dritten | |
| Schienengipfel der Bundesregierung Mitte Mai. | |
| Die Manager:innen setzen statt auf eigenes Material auf Kooperationen. | |
| Künftig sollen Nachtzüge 13 europäische Metropolen direkt verbinden. Die | |
| Deutsche Bahn hat dazu eine Kooperationsvereinbarung mit den | |
| Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), dem französischen Bahnbetreiber SNCF | |
| und den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) geschlossen. Ab Dezember 2021 | |
| sollen die Nachtzugverbindungen Wien–München–Paris und | |
| Zürich–Köln–Amsterdam den Anfang machen. Ende 2023 sollen die Verbindungen | |
| Wien–Berlin–Brüssel–Paris, ein Jahr später Zürich–Barcelona folgen. | |
| Die ÖBB und die SBB wollen ihre Nachtzugangebot in den kommenden Jahren | |
| stark ausbauen. Dabei geht es um Verbindungen zwischen Deutschland, den | |
| Niederlanden, Tschechien, Italien und Spanien. Bis 2024 sollen die Strecken | |
| von Zürich über Mailand nach Rom sowie über Genf nach Barcelona | |
| wiederbelebt werden. Die ÖBB haben beim Siemens-Konzern für 220 Millionen | |
| Euro 13 neue Nachtzüge bestellt, die 2022 ausgeliefert werden sollen. | |
| ## Idee: Eine Renaissance des Trans Europe Express | |
| Auf den deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer zurück geht die Idee, | |
| den Trans Europe Express (TEE) wiederzubeleben, der zwischen den 1950er und | |
| 1980er Jahren Metropolen in Europa verband. Im Mai haben europäische | |
| Verkehrsminister eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Damit | |
| das Projekt schnell starten kann, soll der TEE zunächst auf Strecken | |
| fahren, die es schon gibt, etwa in 13 Stunden von Berlin nach Barcelona | |
| oder von Amsterdam nach Rom. Darüber hinaus soll der Ausbau der | |
| Infrastruktur für bessere Verbindungen sorgen. | |
| Dazu gehört eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Berlin, | |
| Prag und Wien. Die Fahrt von Berlin nach Wien wäre damit in fünf Stunden, | |
| mit einem Expresszug sogar in vier Stunden möglich. Geplante | |
| Fertigstellung der Strecke ist Mitte der 2030er Jahre. Denn der Aufwand ist | |
| groß: Für die Hochgeschwindigkeitsstrecke muss ein Tunnel durchs Erzgebirge | |
| gebaut werden. | |
| Dieses Projekt eröffnet eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten für | |
| europäische Direktverbindungen, sagt der tschechische Verkehrsminister | |
| Karel Havlíček. Das gilt etwa für die Strecke von Prag nach Frankfurt am | |
| Main. Havlíček: „Es wird eine Reihe von Reisezielen mit dem Zug erreichbar, | |
| die heute nur mit dem Auto oder dem Flugzeug erreichbar sind.“ | |
| 12 Jun 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /EU-Programm-fuer-eine-bessere-Bahn/!5772607 | |
| [2] /Schienengipfel-der-Bundesregierung/!5767451 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Krüger | |
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