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# taz.de -- Leiter des Grünflächenamts über Radwege: „Man kann leicht nach…
> Felix Weisbrich treibt in Berlin den Ausbau der Pop-up-Radwege voran. Die
> Vorteile seien klar, sagt er. Doch jeder Meter müsse gerechtfertigt
> werden.
Bild: Können in Berlin bald noch mehr temporäre in dauerhafte Radwege wie hie…
taz: Herr Weisbrich, 2020 wurden in Berlin rund 25 Kilometer Pop-up-Radwege
angelegt. Können diese zu dauerhaften Radwegen umgewandelt werden?
Felix Weisbrich: Eine Strecke haben wir bereits Ende letzten Jahres
verstetigt. Jetzt geht’s mit der Strecke entlang des Landwehrkanals weiter.
Am 22. März beginnen die Asphaltarbeiten, denn die Straße hat vom Parken
der Autos viele Schadstellen. Um den Radweg physisch vom Rest der Straße
abzugrenzen, montieren wir Trennelemente – die sehen aus wie liegende
Poller. Danach folgen dann die Pop-up-Wege am Kottbusser Damm und der
Frankfurter Allee.
[1][Städte können in Deutschland nicht einfach die Radinfrastruktur
verbessern.] Um einen neuen Weg zu bauen, müssen sie nachweisen, dass etwa
eine besondere Gefahrenlage auf der Straße besteht.
Aus Sicht der deutschen Straßenverkehrsordnung muss der Autoverkehr
fließen. Alles andere ist erst einmal eine Störung, die man begründen muss.
Der Fahrradverkehr ist dabei so gesehen zweitrangig, das ist ein echtes
Problem.
Der AfD-Abgeordnete Frank Scholtysek hatte im September gegen die
Pop-up-Wege geklagt. Er fühle sich als Autofahrer dadurch in seiner
Bewegungsfreiheit eingeengt. Scholtysek bekam zunächst recht.
Das Berliner Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass
die Gefahrenlage auf den jeweiligen Straßen nicht nachgewiesen wurde. Wir
hatten aber begründet, warum die Pop-up-Radwege nötig sind und wie
gefährlich es für Radfahrer*innen auf den Kanaluferstraßen und am
Kottbusser Damm ist – aber offenbar nicht detailliert genug. Wir haben dann
Statistiken nachgeliefert und uns erfolgreich beim Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg gewehrt. Letztlich zog Scholtysek seine Klage zurück.
Welche Vorteile haben temporäre Fahrradstrecken?
Sie entstehen mithilfe von Baustellen-Equipment, Trennlinien und rot-weißen
Baken. Wenn es auf Streckenabschnitten zu Problemen kommt, kann man leicht
nachjustieren – Markierungen zu ändern ist einfacher als eine Baumaßnahme.
Außerdem vereinfachen Pop-up-Radwege die Planung der nachfolgenden Radwege:
Simulationsberechnungen entfallen teilweise, weil die Strecken schon
erprobt wurden. Das vergünstigt die Planungskosten.
Welche Schulnote würden Sie Berlin für seine Fahrradfreundlichkeit geben?
Zurzeit 4,1. Das ist die Note, die Berlin in dem aktuellen
ADFC-Fahrradklima-Test bekam. Die Versetzung ist zwar gesichert, aber wir
müssen dringend besser werden.
5.630 Berliner*innen haben an der nicht repräsentativen Umfrage
teilgenommen. Besonders bemängelten sie, dass die Radwege schmal, holprig
und oft zugeparkt seien.
Das empfinde ich ganz genauso. Ich fände es gut, wenn in Berlin – so wie in
vielen anderen Bundesländern auch – die kommunalen Straßenverkehrsbehörden
Falschparker*innen und Temposünder*innen ahnden dürften. Für die
Ahndung sind in Berlin aber ausschließlich Polizei und Ordnungsämter
zuständig. Ich würde die Kolleg*innen dort gerne mit einem eigenen
Außendienst unterstützen, der parkende Autos auf Geh- und Fahrradwegen
abschleppen lässt und Raser*innen Einhalt gebietet.
In Frankreich gibt es mittlerweile 400 Kilometer Pop-up-Strecken, in
Deutschland erst 40. Ist der schleppende Ausbau von Pop-up-Radwegen allein
auf unser autozentriertes Straßenverkehrsrecht zurückzuführen?
Erstmal will ich festhalten, dass es mich wahnsinnig freut, was zum
Beispiel in Paris möglich ist. [2][Dort werden ganze Straßen für
Fußgänger*innen geöffnet und 50 Kilometer temporäre Radwege in
dauerhafte umgewandelt.] Übrigens haben die Pariser Kolleg*innen im Mai
2020 unsere Regelpläne übernommen, das macht mich auch ein wenig stolz. Wir
waren in Europa zwar die ersten mit Pop-up-Radwegen, aber andere Länder
haben uns massiv überholt. Und um Ihre Frage zu beantworten: Ja, das das
liegt an der sehr behäbigen Rechtslage und dem daraus resultierenden
Planungsverständnis in Deutschland. Wir müssen uns – wie gesagt – für je…
Meter Radweg rechtfertigen und können deshalb nicht so forsch wie Paris
vorangehen.
23 Mar 2021
## LINKS
[1] /Bremer-Enquetekommission-Klimaschutz/!5728662
[2] /50-Kilometer-Strasse-dauerhaft-fuer-Radler/!5714721
## AUTOREN
Rieke Wiemann
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