| # taz.de -- Proteste gegen Luft- und Lärmbelästigung: Spanien probt den Verke… | |
| > „Schulrevolte“ heißt die Initiative, die in vielen spanischen Städten | |
| > demonstriert. Nicht etwa gegen das Bildungssystem, sondern gegen | |
| > Autowahn. | |
| Bild: Viele Schulen liegen in gebieten, wo die Luftverschmutzung sehr hoch ist | |
| Madrid taz | Lärm, [1][Luftverschmutzung] und die Gefahr, vor der Schule | |
| angefahren zu werden – das ist der Alltag vieler Stadtkinder. Jetzt lehnen | |
| sie sich in Spanien dagegen auf. Am Freitag werden Kinder von 67 | |
| Grundschulen aus dem ganzen Land und ihre Eltern nach Unterrichtsende für | |
| eine halbe Stunde die anliegenden Straßen blockieren. Musik und Spiele | |
| statt Autos sollen das Straßenbild bestimmen. | |
| „Die Situation an vielen Schulen ist unerträglich“, sagt Guille López. Der | |
| Vater zweier Grundschüler gehört zu Eixample Respira – übersetzt: Eixample | |
| atmet. Eixample ist ein Teil der Innenstadt von Barcelona, von wo die | |
| Proteste im Dezember ihren Ausgang nahmen. Eixample Respira hat eine Karte | |
| erstellt, die Luftverschmutzung und Lärmbelastung zeigt. Rund die Hälfte | |
| der Schulen in Barcelona liegen in Zonen, die [2][die europäischen | |
| Grenzwerte für Luftverschmutzung] überschreiten. | |
| Die Revuelta Escolar – die Schulrevolte – blockierte vor den | |
| Weihnachtsferien erstmals den Verkehr an 17 Schulen in der katalanischen | |
| Hauptstadt im Nordosten Spaniens. „Es geht nicht nur um die Luft. Der | |
| Verkehrslärm beeinflusst auch die Konzentration der Kinder und damit das | |
| Lernverhalten“, erklärt López, warum Kinder und Eltern die | |
| Verkehrsberuhigung rund um die Schulen fordern. | |
| Die Aktionen finden mittlerweile alle zwei Wochen statt. Schnell schlossen | |
| sich andere Städte Kataloniens an. Am Freitag sind erstmals auch die | |
| spanische Hauptstadt Madrid und das baskische Bilbao mit dabei. „Wir | |
| hielten Anfang des Monats ein Onlineseminar zum Thema ab“, berichtet López. | |
| Über 140 Teilnehmer aus ganz Spanien schalteten sich zu. „In zwei Wochen | |
| werden weitere Regionen dem Blockadeaufruf folgen“, ist er sich sicher. | |
| ## Mehr als Luft- und Lärmbelästigung | |
| „Das war genau das, was schon lange mal nötig war“, sagt Yetta Aguado von | |
| der Gruppe Mütter für das Klima in Madrid. Als sie von den Protesten in | |
| Barcelona hörte, war sie sofort von der Idee angetan. Sie warb dafür in | |
| ihrem Umfeld. Mit Erfolg: 9 hauptstädtische Schulen sind erstmals mit | |
| dabei. Weitere Elternvertretungen haben bereits ihr Interesse für die | |
| Aktion in 2 Wochen bekundet. | |
| „Das Problem geht weit über Lärm und Luftbelastung hinaus“, sagt Aguado. | |
| Ihr geht es um die Verkehrspolitik im allgemeinen. „Während geduldet wird, | |
| dass Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen und abholen, in zweiter | |
| Reihe parken, gibt es keine Stellplätze für Fahrräder“, beschwert sie sich. | |
| Oft sei der Verkehr zum Schulschluss völlig chaotisch und damit gefährlich | |
| für Kinder und Eltern, die zu Fuß unterwegs seien. | |
| ## Klimabewegung setzt den Rahmen | |
| „In Madrid hat die neue, konservative Stadtverwaltung sogar | |
| Verkehrsbeschränkungen in der Innenstadt zurückgenommen, die von der | |
| vorherigen Bürgermeisterin eingeführt wurden“, so Aguado. Sie wünscht sich | |
| eine „freundliche, menschlichere Stadt“, in der Kinder „sicherer und | |
| selbstständiger“ leben könnten. „Verkehr ist auch Stress.“ Aguado hofft, | |
| dass Aktionen wie die Schulrevolte die Mentalität der Bevölkerung ändern. | |
| „Dass jetzt auch Madrid und Bilbao mitmachen, zeigt, dass das der Verkehr | |
| überall Sorgen bereitet“, erklärt López von Eixample Respira in Barcelona. | |
| Für ihn ist die Schulrevolte eine Ergänzung zu den Schulstreiks der | |
| Klimabewegung Fridays for Future. „Das ist mehr etwas für Mittel- und | |
| Oberschüler, während wir an den Grundschulen mobilisieren“, sagt er. | |
| Die Initiatoren der Schulrevolte haben Großes vor. Sie arbeiten an der | |
| Ausweitung der Proteste auf ganz Europa. Am 22. März wird erstmals ein | |
| EU-weites Treffen im Netz stattfinden. „Wenn alles klappt wie geplant, | |
| werden wir noch vor Ende des Schuljahres einen Europa-Aktionstag abhalten“, | |
| kündigt López an. Die Webseite [3][revueltaescolar.es] kann deshalb neben | |
| Spanisch und Katalanisch auch auf Französisch und Englisch angeschaut | |
| werden. | |
| 12 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Positive-Nebeneffekte-der-CO2-Einsparung/!5746692 | |
| [2] /Weniger-Luftverschmutzung/!5727291 | |
| [3] https://www.schoolrebellion.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Reiner Wandler | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Mobilität | |
| Luftverschmutzung | |
| Spanien | |
| Verkehrswende | |
| taz-Serie Corona glokal | |
| Geburtenrate | |
| Schwerpunkt Feministischer Kampftag | |
| Luft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Leiter des Grünflächenamts über Radwege: „Man kann leicht nachjustieren“ | |
| Felix Weisbrich treibt in Berlin den Ausbau der Pop-up-Radwege voran. Die | |
| Vorteile seien klar, sagt er. Doch jeder Meter müsse gerechtfertigt werden. | |
| Wirtschaftshilfen in der Coronakrise: Grün nur zu 2,5 Prozent | |
| Die UNO fleht die Staaten an, Coronahilfen in Umwelt und Entwicklung zu | |
| stecken. Das machen aber nur ein paar reiche Länder wie Deutschland. | |
| Geburten in Pandemie: Bye Bye Babyboom | |
| Viele hatten auf einen durch die Coronapandemie ausgelösten Babyboom | |
| spekuliert. Doch neue Zahlen zeigen, dass es anders kam. | |
| Spanien untersagt Veranstaltungen: Kein Frauentag wegen Corona | |
| Gesundheit geht vor: Franco lässt Veranstaltungen zum 8. März absagen. | |
| Großdemo wie 2020 sollte vermieden werden. Frauenverbände sind empört. | |
| Stickstoffdioxidbelastung in deutschen Städten: Bessere Luft in Deutschland | |
| Die Schadstoffbelastung ist 2020 stark gesunken. Doch das hat weniger mit | |
| der Pandemie zu tun als mit abgasärmeren Dieselautos. |