# taz.de -- Spanien untersagt Veranstaltungen: Kein Frauentag wegen Corona | |
> Gesundheit geht vor: Franco lässt Veranstaltungen zum 8. März absagen. | |
> Großdemo wie 2020 sollte vermieden werden. Frauenverbände sind empört. | |
Bild: Die Raute aus Protest: Feministin in Madrid | |
Madrid taz | In der Region Madrid müssen Veranstaltungen zum Frauentag am | |
8. März ausfallen. Schuld daran ist der Regierungsdelegierte José Manuel | |
Franco, der die spanische Zentralregierung aus Sozialisten und | |
Linksalternativen in der Hauptstadtregion vertritt und über öffentliche | |
Sicherheit und Polizei befiehlt. Er hat alle Aktionen aus | |
gesundheitspolitischen Gründen untersagt, während seine Kollegen im | |
restlichen Land sehr wohl rund 500 Kundgebungen und Veranstaltungen | |
genehmigten. Mehrere Widersprüche der Frauenbewegung und Gewerkschaften | |
gegen das Verbot in Madrid wurden von den zuständigen Richtern | |
zurückgewiesen. | |
„Das Demonstrationsrecht ist ein demokratisches Recht. Wir sind während der | |
[1][Monate des Lockdowns] hinausgegangen, um unsere Nachbarinnen zu | |
pflegen. Wir gingen arbeiten, wir konsumierten“, beschwert sich nun die | |
Kommission des 8. März in den sozialen Netzwerken, „aber sie wollen uns | |
untersagen, hinauszugehen und zu protestieren.“ | |
Vor einem Jahr [2][fanden in Madrid Großdemonstrationen zum Frauentag] | |
statt. Die rechte Opposition behauptet seither, dass diese die Verbreitung | |
der Pandemie in Spanien beschleunigt haben. Dieses Jahr hatte das Bündnis, | |
das den Frauentag vorbereitet, von vornherein auf eine Großdemonstration | |
verzichtet. Am 7. und 8. März sollten 104 kleine Kundgebungen mit maximal | |
500 Teilnehmerinnen in den Stadtteilen und Dörfern abgehalten werden. Mit | |
Maske und Sicherheitsabstand, versteht sich. | |
Selbst innerhalb der Regierung sorgt das Verbot durch den | |
Regierungsdelegierten für Streit. „Sie wollen den Frauen das Recht auf die | |
Straße verweigern“, beschwert sich Gleichstellungsministerin Irene Montero | |
von der linksalternativen Unidas Podemos. Sie spricht von „Stigmatisierung“ | |
und „Kriminalisierung“ des Feminismus. | |
## Für Tourismus offen | |
„Diese Entscheidung wurde in einer Region getroffen, in der noch nicht | |
einmal die Kneipen geschlossen wurden und in der es jedes Wochenende Partys | |
gibt, die Transportmittel überfüllt sind … es ist beschämend“, beschwert | |
sich Ana Sánchez de la Coba, Gleichstellungssekretärin der zweitgrößten | |
spanischen Gewerkschaft UGT. | |
Tatsächlich ist Madrid für den internationalen Tourismus offen, die Lokale | |
und Terrassen sind gut besucht. Vor kurzem wurde ein Konzert eines | |
bekannten Schlagersängers mit 5.000 Teilnehmern in einer Halle genehmigt. | |
Und während alle anderen Regionen Spaniens in der Osterwoche ihre Grenzen | |
aus Angst vor einer vierten Covid-Welle dichtmachen wollen, verlangt die | |
Madrider Regionalregierung Reisefreiheit – der Wirtschaft zuliebe. Die | |
konservativ-rechtsliberale Regierung, die in Madrid dank der | |
parlamentarischen Unterstützung der rechtsextremen Partei Vox regiert und | |
für die zögerliche Anti-Covid-Politik verantwortlich zeichnet, begrüßt das | |
Demoverbot. | |
Der Regierungsdelegierte Franco, der vor einem Jahr an der Seite seiner | |
Tochter auf der Demonstration am 8. März mitmarschierte, muss sich | |
vorwerfen lassen, mit zweierlei Maß zu messen. In den vergangenen Monaten | |
wurden Demonstrationen gegen ein neues, fortschrittliches Bildungsgesetz | |
zugelassen. In einem der reichsten Stadtteile Madrids gingen nächtelang die | |
Menschen gegen die Maskenpflicht und Mobilitätseinschränkungen auf die | |
Straße, ohne dass die Polizei, die Franco untersteht, eingeschritten wäre. | |
Eine Kundgebung gedachte der faschistischen Spanier, die einst an der Seite | |
der deutschen Wehrmacht in den Zweiten Weltkrieg zogen. Und im Januar | |
marschierten Coronagegner, die in Spanien Negationisten genannt werden, | |
ohne Masken und Sicherheitsabstand auf. | |
7 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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