Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der Frauentag in Berlin: Kampf- oder Feiertag?
> Zum dritten Mal ist der 8. März in Berlin ein Feiertag. Das Bündnis
> „Frauen*kampftag Berlin“ warnt, dass er damit zum Partytag verkommen
> könnte.
Bild: Da ist die Frage schon entschieden
Berlin taz | Der 8. März hat viele Namen: Frauentag, Weltfrauentag und
feministischer Kampftag gehören dazu. Als zentrales Vorhaben des
rot-rot-grünen Senats wurde er 2019 als [1][gesetzlicher Feiertag
beschlossen]. Seitdem gibt es in Berlin zehn statt neun Feiertage.
Die Wahl hätte auch auf den Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus
am 8. Mai oder den Reformationstag am 31. Oktober fallen können. Die
gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Derya Çağlar sagte
damals zur Begründung: „Der heutige Tag ist ein ganz großes Zeichen dafür,
dass wir auf dem Weg der Gleichstellung von Frau und Mann weiterkommen.“
Und heute? Wird der 8. März als Kampftag genutzt? Oder als Tag, um das
Wochenende zu verlängern? „Natürlich müssen wir das feiern“, sagt Çağl…
der taz. „Es hat immer einen kleinen Beigeschmack, aber ich bin
optimistisch, dass da sowohl mit Bedacht rangegangen wird und nebenher,
wenn die Menschen auf die Straße gehen, immer auch die Ungleichheiten
angesprochen werden, die es bis heute gibt.“ Vergangenes Jahr fiel der 8.
März auf einen Sonntag, dieses Jahr findet er wegen der Pandemie als
Kampftag nur sehr reduziert statt. Deshalb möchte Çağlar noch keine Bilanz
ziehen: „Ich bin da guter Dinge. Der Frauentag wird ein wichtiger Tag
bleiben, um für Gleichberechtigung auf die Straße zu gehen.“
Der 8. März ist ein internationaler feministischer Kampftag, um auf die
Ungleichheit aufmerksam zu machen, die noch immer zwischen den
Geschlechtern herrscht. Er wurde 1911 das erste Mal gefeiert und erlebt
seitdem sehr unterschiedliche Formen: In Argentinien, Spanien und der
Schweiz ist er oft Anlass zum Streik – um zu zeigen, was fehlt, wenn Frauen
nicht mehr im Supermarkt kassieren, als Ärztin operieren oder zu Hause
Kinder betreuen. Vielerorts verliert er den kämpferischen Grundgedanken,
auch in Deutschland werden mancherorts Blumen verteilt und in
Supermarktprospekten mit pinken Herzen für Pralinen zum Frauentag beworben.
Viele Berliner:innen würden diesmal den Tag am Montag auch als
verlängertes Ausflugswochenende nutzen, wenn nicht gerade Pandemie wäre.
Dass es zu diesem Nebeneinander der Bedeutungen kommt, sieht Anja
Kofbinger, Sprecherin für Frauen-, Gleichstellungs- und Queerpolitik der
Grünen, gelassen: „Für mich ist es in erster Linie ein Kampftag, aber das
kann jeder so sehen, wie er möchte.“ Den 8. März nimmt sie als Dreiklang
aus Feier-, Gedenk- und Kampftag wahr. „Ich kann Ihnen jetzt schon sagen,
obwohl ich keine Evaluation habe, dass die meisten es als Feiertag ansehen.
Das ist gar nicht schlimm. Nichtsdestotrotz hat er seine Bedeutung“, sagt
Kofbinger.
Maren Jasper-Winter, frauenpolitische Sprecherin der FDP, hält den Feiertag
für Symbolpolitik: „Der ein oder andere wird sich jetzt freuen, weil er
freihat. Die Situation der Frauen ist aber nicht so: ‚Yippieyeah, ein
Feiertag!‘ Mir geht es um Inhalte. Man müsste so viel mehr für Frauen, aber
auch Familien machen“, sagt Jasper-Winter der taz. Die Verantwortung sieht
sie bei der rot-rot-grünen Senatsverwaltung: „In Berlin gibt es zu wenig
Frauenhausplätze und keine einzige rein präventive täterorientierte
Einrichtung, um Gewalt zu verhindern.“
Kritik am Feiertag gibt es auch von feministischen Aktivist:innen. „Es gibt
die einen, die den Feiertag gut finden. Und die anderen, die lieber ganz
rebellisch ihre Lohnarbeit bestreiken wollen und das nicht können, weil sie
freihaben“, erklärt Katrin Wagner, eine Organisatorin vom Bündnis
„Frauen*kampftag Berlin“. Das Bündnis besteht seit 2013 und setzt sich
zusammen aus verschiedenen Organisationen und Gewerkschaften wie
beispielsweise dem „Netzwerk Care“, GEW und Verdi.
Wagner beobachtet, wie der 8. März zum öffentlichen Thema wurde, weil er
zum Berliner Feiertag erklärt wurde: „Ich habe schon das Gefühl, dass der
8. März das ist, was der Arbeitskampftag am 1. Mai mal sein wollte.
Mittlerweile ist der 1. Mai ein Partytag. Wir müssen aufpassen, dass der 8.
März nicht dazu verkommt.“
Ihr Wunsch ist es, dass alle feministischen Zusammenschlüsse am 8. März
bundesweit auf die Straße gehen. „Mit einer feministischen Bewegung, die
Massen auf die Straßen bringen kann, wie das in Ländern Lateinamerikas der
Fall ist“, sagt Wagner.
6 Mar 2021
## LINKS
[1] /Pro-und-Contra-Feiertag-am-8-Maerz/!5565267
## AUTOREN
Nicole Opitz
## TAGS
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Feiertage
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
Kolumne Über Morgen
Sexarbeit
Frauenkampftag
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Bayern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Endlich neue Feiertage: Fortschritt zelebrieren
Auf den Tag der pünktlichen Bahn! Im Jahr 2124 gibt es für Erfolge des
gesellschaftlichen Wandels viele neue Feiertage, die alle glücklich machen.
Sexarbeiterin über Feminismus und Rechte: „Wer hat hier die Kontrolle?“
Die 61-jährige Janet Mérida arbeitet als Prostituierte in Barcelona. Dort
hat sie das Kollektiv der „empörten Prostituierten“ gegründet.
Frauenkampftag in Berlin: Kämpfen gegen das Patriarchat
Zum feministischen Kampftag am 8. März rufen verschiedene Bündnisse zu
Demos auf. Die größte findet am Brandenburger Tor statt.
Spanien untersagt Veranstaltungen: Kein Frauentag wegen Corona
Gesundheit geht vor: Franco lässt Veranstaltungen zum 8. März absagen.
Großdemo wie 2020 sollte vermieden werden. Frauenverbände sind empört.
Mit Louise Schröder zum Frauenmärz: Ehret die Frauen!
Sie war die Bürgermeisterin von Berlin: Eine Erinnerung an Louise
Schroeder, mit dem kommenden Frauenmärz im Blick.
Frauentag in Berlin: „Das ist doch nur Drachenfutter“
Die taz hat in der Öffentlichkeit stehende Frauen gefragt, was sie von dem
neuen Feiertag halten. Und: was sie am 8.März machen.
Bayernparteivorsitzender zum Frauentag: „Das ist Agitprop“
Warum ausgerechnet die Bayernpartei gegen den Frauentag als neuen Feiertag
in Berlin ist? Das erklärt deren Vorsitzender Florian Weber.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.