| # taz.de -- Mit Louise Schröder zum Frauenmärz: Ehret die Frauen! | |
| > Sie war die Bürgermeisterin von Berlin: Eine Erinnerung an Louise | |
| > Schroeder, mit dem kommenden Frauenmärz im Blick. | |
| Bild: Die Bürgermeisterin: Louise Schroeder als Wertzeichen | |
| Ehret die Frauen, sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische | |
| Leben“, schrieb der große deutsche Dichter Friedrich Schiller im Jahr 1800. | |
| Und hat damit möglicherweise den so Besungenen ihr Schicksal und ihre | |
| weibliche Bestimmung so nachdrücklich offenbart, dass diese sich auf ganz | |
| andere Aktivitäten besannen und flugs das Frauenwahlrecht durchsetzten, | |
| dass dann nur knapp 1,2 Jahrhunderte später 1919 tatsächlich auch kam. | |
| Ja, in solchen Zeitspannen muss man rechnen, wenn man sich die Durchsetzung | |
| der Gleichstellung von Frauen in Deutschland anguckt. Und hatte die | |
| Weimarer Nationalversammlung mit 41 weiblichen Mitgliedern noch einen | |
| Frauenanteil von immerhin fast zehn Prozent, so sank dieser in den ersten | |
| Jahrzehnten der Bundesrepublik sogar erst mal auf unter sechs Prozent: | |
| Gerade mal 30 der 518 Abgeordneten waren 1972 weiblich. 15 davon gehörten | |
| der CDU, zwei der FDP an, dreizehn waren Sozialdemokratinnen – die SPD war | |
| damals die größte Fraktion im damaligen Bundestag, Bundeskanzler war Willy | |
| Brandt. | |
| Der ja auch mal Regierender Bürgermeister unserer geliebten Metropole war, | |
| von 1957 bis 1966, weshalb er in Öl gemalt in der | |
| Bürgermeister*innengalerie des Berliner Abgeordnetenhauses hängt. | |
| Tatsächlich: Bürgermeister*innen! Denn in der Reihe der Herren in Öl und | |
| Anzügen hängt auch eine Frau. Eine einzige. | |
| Vom 8. Mai 1947 bis zum 13. August 1948 leitete Louise Schroeder die | |
| Geschicke der damals zwar in vier Besatzungszonen aufgeteilten, aber noch | |
| nicht geteilten Stadt. Eine Frau, an die man sich erinnern sollte: Geboren | |
| wurde Louise Schroeder 1887 eher mit einem Blechlöffel im Mund. Doch die | |
| bildungshungrige Tochter einer Gemüseverkäuferin und eines Bauarbeiters in | |
| Hamburg-Altona machte eine steile Karriere: 1919 gehörte die gelernte | |
| Bürohilfe und aktive Sozialdemokratin zu den 41 Frauen der Weimarer | |
| Nationalversammlung, lehrte später als Dozentin an der Deutschen Hochschule | |
| für Politik, dem heutigen Otto-Suhr-Institut, und gehörte 1948 zu den | |
| Mitbegründer*innen der Freien Universität. | |
| Das Bürgermeister(*innen?)amt hatte sie 1947 kommissarisch von ihrem | |
| Vorgänger Otto Ostrowski übernommen. Der war nach einem Misstrauensantrag | |
| seiner eigenen Fraktion zurückgetreten, die nicht billigte, dass Ostrowski | |
| auch SED-Vertreter in seinen Magistrat – also das, was heute der Senat ist, | |
| das Stadtkabinett – aufgenommen hatte. Und Louise Schroeder soll sich einer | |
| großen Beliebtheit bei den Berliner*innen erfreut haben: 1949, als sie | |
| schon nicht mehr Regierende war (sondern ihr weit unvergessenerer | |
| Nachfolger Ernst Reuter) verlangten die Berliner*innen bei einer Feier zum | |
| Ende der Berlin-Blockade lautstark nach „ihrer Louise“. So berichtet es | |
| jedenfalls eine Broschüre, die das Abgeordnetenhaus 2017 zu Ehren | |
| Schroeders veröffentlicht hat. | |
| Ehret die Frauen! Berlin ehrt Louise Schroeder heute ganz ähnlich wie den | |
| Ex-Bürgermeister und -Bundeskanzler Willy Brandt: mit einer verwahrlosten | |
| Baustelle nämlich, wenn auch etwas unterschiedlicher Prominenz. | |
| Handelt es sich in Brandts Fall um die Dauerbaustelle des BER-Flughafens im | |
| Berliner Süden, liegt der Louise-Schroeder-Platz im Norden der Stadt an | |
| einer großen Kreuzung zwischen Reinickendorf und Wedding. Das Wasserbecken | |
| zwischen Blumenrabatten ist derzeit von Bauzäunen umstellt, in die der Wind | |
| an dem unwirtlichen Flecken Plastiktüten gehäkelt hat. Laut | |
| Pressemitteilung des Bezirksamts Mitte sollte die Neugestaltung des Platzes | |
| bis Oktober 2018 dauern – das hat, wie bei Brandts Flughafen, auch nicht | |
| geklappt. | |
| ## Nach ihr benannte Säle | |
| Aber, das muss hier gerechterweise gesagt werden: Geehrt wird Louise | |
| Schroeder aktuell auch mit einer Ausstellung im Rathaus Tiergarten sowie | |
| dauerhaft mit nach ihr benannten Sälen im Abgeordnetenhaus und im | |
| Schöneberger Rathaus. Das passt: Denn in diesem Jahr schaut der Bezirk | |
| Tempelhof-Schöneberg in seinem jährlich rund um den Frauentag | |
| stattfindenden Veranstaltungsmonat Frauenmärz hundert Jahre zurück, in das | |
| Jahr 1920, als Berlin nicht nur Großstadt wurde, sondern auch (schon?) eine | |
| „Stadt der Frauen“ war, wie die Veranstalter*innen meinen. | |
| Und warum auch nicht: Immer mehr Frauen seien berufstätig, hatte Louise | |
| Schroeder bereits in den 20er Jahren festgestellt, und auch, dass es dabei, | |
| zumal nach dem Weltkrieg, „ein Zurück nicht mehr gibt, sondern nur noch ein | |
| Vorwärts“. Die Allgemeinheit, der Staat, müsse deshalb Aufgaben übernehmen, | |
| die bislang die Frauen innehatten: Louise Schroeder forderte damals Kitas | |
| und Horte mit Verpflegung – und da sind wir nur knapp 100 Jahre später doch | |
| schon auf einem ganz guten Weg, oder? | |
| Und vielleicht, wer weiß, haben wir ja in der hundertjährigen Groß-Berliner | |
| Geschichte sogar bald schon die zweite Bürgermeisterin! Was für ein Zufall, | |
| dass auch Franziska Giffey, [1][designierte Vorsitzende] und damit | |
| vermutlich die nächste Bürgermeisterkandidatin der SPD Berlin, unermüdlich | |
| für mehr Kitaplätze und Horte mit Verpflegung kämpft. | |
| 29 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alke Wierth | |
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