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# taz.de -- Frauenkampftag in Berlin: Kämpfen gegen das Patriarchat
> Zum feministischen Kampftag am 8. März rufen verschiedene Bündnisse zu
> Demos auf. Die größte findet am Brandenburger Tor statt.
Bild: Auch unzufrieden mit dem Patriarchat? Demonstrant:innen zeigen sich kämp…
Berlin taz | Vor der ghanaischen Botschaft in Berlin tanzen queere
Sexarbeiter:innen. Sie legen die Hände auf die Straße, strecken die Beine
lang und wackeln mit dem Po, während Akatumamy aus dem Lautsprecher klingt
und Ärsche besingt. Black Lives Matter Berlin rief auf zur Kundgebung in
Solidarität mit ghanaischen LGBTIQ*.
Die Kundgebung wurde spontan veranstaltet, weil der einzige Schutzraum für
LGBTIQ* in der ghanaische Hauptstadt Accra vergangene Woche angegriffen
wurde. Er wurde erst im Januar von Aktivist:innen des Netzwerks „LGBT+
Rights Ghana“ gegründet und sieht sich nun Repressionen seitens Kirche,
Polizei und Politik ausgesetzt.
„Die machen ihnen das Leben gerade komplett zur Hölle“, sagt Isabel
Kwarteng-Acheampong. „Wir haben hier auch ähnliche Probleme und wollen ein
Zeichen setzen.“ Gemeinsam mit anderen hat Kwarteng-Acheampong die
Kundgebung organisiert, einen Namen haben die Aktivist:innen für ihr
Netzwerk noch nicht. Etwa 50 Menschen stehen am Montagmorgen vor der
ghanaischen Botschaft, tanzen gemeinsam mit den Sexarbeiter:innen und
hören den Redebeiträgen zu.
Am 8. März finden dieses Jahr viele solcher kleinen Demos statt. Das
Bündnis „Frauen*kampftag Berlin“ hat zu [1][dezentralen Demos] aufgerufen,
um das Infektionsrisiko gering zu halten.
Das sorgt dafür, dass die Zeitfenster der stattfindenden Demos relativ
klein sind: Von zehn bis elf Uhr machen Fridays for Future im Invalidenpark
auf die [2][Zusammenhänge zwischen Klima- und Geschlechtergerechtigkeit]
aufmerksam. Eine Stunde später wird dort gegen die prekären Bedingungen im
Pflege- und Gesundheitssektor demonstriert.
## „Der Gesellschaft fehlt es an Diskussionen“
Die größte Demo mit etwa 5.000 Menschen zieht durch Mitte. Die „Alliance of
International Feminists Berlin“ hat aufgerufen zur Demonstration. Sie geht
von der Europäischen Kommission über die Museumsinsel. „Cis Männer sind
nicht eingeladen“, stellt zu Beginn der Demonstration ein:e Redner:in
klar.
„Außerdem sind alle nicht eingeladen, die nicht verstehen, dass trans
Frauen Frauen sind“, ruft die:der Redner:in. Die Menge jubelt und
klatscht. Das Bündnis geht aus zahlreichen Gründen auf die Straße: gegen
Faschismus, Kapitalismus, das Patriarchat und white supremacy.
„Ich komme aus Spanien und ich finde, in der Gesellschaft in Deutschland
fehlt es an Diskussionen“, sagt Marta Vega. Vega spricht sich dagegen aus,
„Gewalt gegen Frauen“ zu sagen: „Es fehlt an Begriffen. Es sollte
Familiengewalt heißen. Es gibt außerdem keine richtigen Gesetze dazu.“ In
vielerlei Hinsicht sei die deutsche Gesellschaft noch nicht so weit wie in
Spanien.
## Lärmdemo im Wedding
Bereits am Sonntagabend ruft die Frauen*- und Kiezkommune Wedding zum
Streik auf. Etwa 400 Feminist:innen laufen vom Leopoldplatz bis zum
Nettelbeckplatz. In der Hand halten sie Töpfe, Pfannen und Backbleche, auf
die sie mit Suppenkellen und Kochlöffeln schlagen – um darauf aufmerksam zu
machen, dass die meiste Care-Arbeit von FLINTAs erledigt wird.
„Was passiert … wenn wir die Töpfe stehen lassen? … wenn wir die Brote
nicht mehr schmieren? … wenn wir [3][nicht früh aufstehen] und putzen
gehen?“, fragen sie im Demo-Aufruf. Ein Streik, ähnlich der Lärmdemos, die
es in Spanien und Chile gibt. Die Kiezkommune schreibt weiterhin zum
Demo-Aufruf: „Wir wollen kein Klatschen. Wir wollen faire Löhne und
Entlohnung für Sorgearbeit. Wir sind systemrelevant! Wir sind wütend! Wir
wollen sichtbar sein!“
Und die Wut merkt man ihnen an: Das Topfschlagen ist so laut, dass
Gespräche kaum möglich sind. Unter jeder Unterführung machen sie besonders
viel Krach, die Feminist:innen jubeln im Echo, schlagen auf Töpfe und
der Lauti sorgt für den Rest.
## Die Pandemie als Brennglas
Am Rande der Demo teilen Aktivist:innen Flyer aus. „It’s still a man’s
world. Diskriminierung von FLINTA* im 21. Jh.“, steht darauf. Beim
Austeilen drücken die Aktivist:innen auch einem Polizisten einen Flyer
in die Hand. Er senkt den Blick, um sich den Flyer durchzulesen, richtet
den Kopf wieder und streckt die Hand aus, um ihn zurückzugeben: „Den könnt
ihr gleich wieder mitnehmen.“
Wie viele andere Teilnehmer:innen der Demo ist Nina Hansen wütend: „Ich
bin hier, weil mich die sexistische und homophobe Gewalt ankotzt.“ Wie
viele Feminist:innen nimmt Hansen die Pandemie als Brennglas bisheriger
Probleme wahr: „Mich macht es wütend, dass die Krise auf dem Rücken der
Care-Arbeitenden ausgetragen wird.“ Auf dem Kopf trägt Hansen einen
Hexenhut, unter dem Arm ein Plakat, auf dem steht „Patriarchat weghexen“.
Cardi B dringt aus dem Lauti: „I don’t cook / I don’t clean“. Die
Feminist:innen hüpfen im Takt, dazu halten sie ihre Kochlöffel in die
Höhe.
8 Mar 2021
## LINKS
[1] https://umap.openstreetmap.fr/de/map/feministischer-kampftag-aktionskarte_5…
[2] /Politologin-ueber-Frauen-und-Klimawandel/!5756227
[3] /Frauenstreik-in-Mexiko/!5670278
## AUTOREN
Nicole Opitz
## TAGS
Frauenkampftag
Feminismus
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Podcast „We care!“
Osnabrück
Demonstration
Paragraf 218
Schwerpunkt Feministischer Kampftag
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könnte.
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