Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verfassungsschutz blickt nach links: Mit V-Leuten gegen Die Linke
> Niedersachsens Verfassungsschutz hat drei Mitglieder der Linken durch
> V-Leute ausspionieren lassen. Wann und warum, soll nun ihr Anwalt
> rausbekommen.
Bild: Beobachtungsobjekt: Maren Kaminski (l.) 2010 als neue Linke-Landesgeschä…
Hamburg taz | Die Schreiben kamen vor Ostern. Der Absender war für die drei
Mitglieder der Partei Die Linke aus Niedersachsen keine alltägliche
Adresse: Das [1][Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Hannover] teilte
ihnen mit, dass über sie eine „Informationsbeschaffung mit
nachrichtlichendienstlichen Mitteln“ erfolgt sei.
In dem knappen Brief teilt das Landesamt unter Verfassungsschutzpräsident
Bernhard Witthaut mit, dass die Betroffenem nach Paragraf 22 Absatz 1 des
niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes von einer geheimdienstlichen
Überwachung unterrichtet werden müssten. Der Paragraf regelt, dass der
„Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 bis
12 nach seiner Beendigung den Betroffenen mitzuteilen“ sei. Es liegt also
nahe, dass die Beobachtung mittlerweile eingestellt ist.
Wann, wie und warum sie überwacht wurden? Das würde auch Thomas Goes von
der Linken gern erfahren. Aufschluss gibt der in den Schreiben aufgeführte
Hinweis auf „Paragraf 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6a“ des
Verfassungsschutzgesetzes. Der erlaubt der Behörde zur Erhebung
personenbezogener Daten die „Inanspruchnahme von Personen, deren planmäßig
angelegte Zusammenarbeit mit der Verfassungsschutzbehörde Dritten nicht
bekannt ist (Vertrauenspersonen)“.
Im Klartext: Niedersachsens Verfassungsschutz hat offenbar V-Leute im
direkten Umfeld von Mitgliedern der Linken eingesetzt, um sie
auszuforschen.
## Keine Verbindung zwischen den Ausspionierten
Über den Anlass der Beobachtung können die Betroffenen bisher nur
spekulieren. „Wir kennen uns gar nicht persönlich“, sagt Maren Kaminski,
die früher Landesgeschäftsführerin der Linken in Niedersachsen war und
heute Gewerkschaftssekretärin bei der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft in Hannover ist.
Auch Goes, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen
Forschungsinstitut an der Georg-August-Universität in Göttingen, sagt der
taz, er stehe in keiner direkten Verbindung zu den anderen Beobachteten,
nicht einmal über interne Parteistrukturen oder -plattformen.
In Niedersachsen wird die Linke als Gesamtpartei nicht vom
Verfassungsschutz beobachtet. Das Landesamt beobachte jedoch die
vermeintlich „extremistischen Zusammenschlüsse“ in der Partei:
Kommunistische Plattform, Sozialistische Linke und Antikapitalistische
Linke, heißt es auf der Webseite des LfV.
Goes, der an den Forschungsschwerpunkten Arbeitssoziologie und
Kapitalismusanalyse arbeitet, betont: „Ich bin demokratischer Sozialist.“
Und er verweist auf einen Grundgesetzkommentar von Wolfgang Abendroth: Der
Politologe und Rechtswissenschaftler hatte in dem Kommentar
herausgearbeitet, dass das Grundgesetz einen demokratischen Weg zum
Sozialismus offen hält. „Dass es einem so vorkommen kann, als nehme es der
Verfassungsschutz mit der Verfassung nicht so genau, wissen wir ja
spätestens seit dem NSU“, sagt Goes.
Den aktuellen Vorgang hält er trotzdem für „skandalös“. „Diese
geheimdienstliche Verfolgung passt mal wieder. Rechts blind, links
schauen“, sagt Maren Kaminski der taz. Beide haben gemeinsam den
[2][Göttinger Anwalt Sven Adam] eingeschaltet. „Ich bin skeptisch, aber
vielleicht werden wir durch den Rechtsweg mehr erfahren“, sagt Kaminski.
In Niedersachsen fordert die Linke schon lange die Abschaffung des
Landesamts für Verfassungsschutz. Geheimdienste seien wegen der
Geheimhaltung nicht demokratisch kontrollierbar, hatte die damalige
Fraktionschefin im niedersächsischen Landtag, Kreszentia Flauger, 2010
[3][im taz-Interview gesagt].
6 Apr 2021
## LINKS
[1] /Panne-beim-Verfassungsschutz/!5689644
[2] /Observation-aufgeflogen/!5548688
[3] /Linksfraktionsvorsitzende-ueber-den-Verfassungsschutz/!5138668
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
IG
Geheimdienst
V-Leute
Schwerpunkt Überwachung
Niedersachsen
Die Linke
Verfassungsschutz
GNS
Niedersachsen
Boris Pistorius
Geheimdienst
V-Leute
Die Linke
Anis Amri
Verfassungsschutz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Verfassungsschutz-Beobachtung von Linken: Begründung? Fehlanzeige
Zwei Mitglieder der Linken in Niedersachsen wurden sechs Jahre lang vom
Verfassungsschutz beobachtet. Die Frage nach dem Warum bleibt
unbeantwortet.
Verfassungsschutz in Niedersachsen: Mehr Spitzel, weniger Bürgerrechte
Der niedersächsische Innenminister weitet die Befugnisse des
Verfassungsschutzes aus und beschneidet die Auskunftsrechte von
Bespitzelten.
Geheimdienstskandal in Dänemark: Eine Abhörstation vor Kopenhagen
Eine Geheimdienstaffäre bringt Dänemarks Regierung in Erklärungsnot. Der
Skandal reicht weit ins verbündete Lager – und war schon früher bekannt.
Beobachtung durch den Verfassungsschutz: Geheimdienst späht Linke aus
Der Verfassungsschutz in Niedersachsen setzt V-Person auf Mitglieder der
Linkspartei an. Die Linke fordert seine Abschaffung.
Wirbel um Wagenknechts neues Buch: Wahlkampf gegen die eigene Partei
Eigentlich wollte sich Sahra Wagenknecht zur Linken-Spitzenkandidatin in
NRW wählen lassen. Doch nun wurde der Inhalt ihres neuen Buchs bekannt.
Untersuchung im Fall Anis Amri: Gut geschütztes Staatsgeheimnis
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hält sich über V-Leute weiter bedeckt.
Vor allem für die Angehörigen der Opfer ist das bitter.
Panne beim Verfassungsschutz: Den Falschen ausspioniert
Die Vizepräsidentin des niedersächsischen Verfassungsschutzes muss nach
einer Verwechselung gehen. Es ist nicht der erste Fehler dieser Art.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.