# taz.de -- Linksfraktionsvorsitzende über den Verfassungsschutz: "Ich bin doc… | |
> Die Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz ist | |
> rechtmäßig, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Die niedersächsische | |
> Fraktionsvorsitzende Flauger fühlt sich diskriminiert. | |
Bild: Linkspartei darf beobachtet werden: Die Vorgeschichte neuer Mitarbeiter w… | |
taz: Frau Flauger, ihre Partei wird mit nachrichtendienstlichen Mitteln | |
überwacht. Angeblich kommen auch V-Leute zum Einsatz. Können Sie ihrem | |
Umfeld noch vertrauen? | |
Kreszentia Flauger: Ich versuche, nicht allzu viel darüber nachzudenken. | |
Natürlich schauen wir genau auf die Vorgeschichte neuer Mitarbeiter. Ein | |
ungutes Gefühl bleibt aber. Man sieht es den Leuten nicht an ob sie für den | |
Verfassungsschutz spionieren. Aber ich stehe auch zu all meinen Äußerungen. | |
Gibt es Anzeichen für die Überwachung? | |
Bei mir nicht. Aber Kollegen wundern sich schon manchmal, wenn es im | |
Telefon komisch klickt. Man darf aber nicht paranoid werden. Die Linke hat | |
nichts zu verbergen. | |
Trotzdem stört Sie die Beobachtung. | |
Natürlich. Der niedersächsische Verfassungsschutz ist doch keine neutrale | |
Behörde, sondern ein verlängerter Arm der konservativen Landesregierung. | |
Die beobachten uns seit 2003 und haben rein gar nichts gefunden. Die Aktion | |
ist Selbstzweck, uns soll ein Makel angehängt werden. | |
Und den wollen Sie wegklagen? | |
Klar, müsste die Beobachtung eingestellt werden, würden viele Wähler und | |
Mitglieder anderer linker Parteien Vorbehalte gegen uns verlieren. | |
Warum wird ihr Landesverband besonders scharf beobachtet? | |
Weil Innenminister Schünemann sich profilieren will. Die niedersächsische | |
Linke ragt in Sachen Radikalität nicht aus den anderen Landesverbänden | |
heraus. Trotzdem wächst der Druck. | |
Wie wirkt sich das aus? | |
Neulich sorgte sich ein pensionierter Beamter, ob ihm Nachteile entstehen | |
könnten wenn er bei uns Mitglied wird. Das Innenministerium wollte das | |
nicht ausdrücklich ausschließen! Das ist diskriminierend - ich bin doch | |
kein Staatsfeind! | |
Bekennt sich Ihre gesamte Partei zur Verfassung? | |
Natürlich. Da gibt es klare Beschlüsse. Für alle Mitglieder kann man aber | |
in keiner Partei die Hand ins Feuer legen. Auch in anderen Parteien gibt es | |
verbale Entgleisungen. | |
Zum Beispiel? | |
Vor zwei Jahren schlug der Vorsitzende eines CDU-nahen Studentenbundes vor, | |
das Wahlrecht von Hartz-IV-Beziehern und Rentnern einzuschränken. Das nenne | |
ich verfassungsfeindlich! | |
Einige Ihrer Kollegen fordern dagegen die Enteignung von Familienbetrieben | |
oder die Verstaatlichung von Banken. | |
Letzteres lässt das Grundgesetz sogar zu und die Bundesregierung hat es in | |
der Krise in die Tat umgesetzt. Seither wird es schwieriger, uns als | |
Verfassungsfeinde darzustellen. Nun schwenken die Kritiker um und fordern | |
von uns klare Distanzierung von gewaltbereiten Gruppen. Und erwähnen im | |
Nebensatz das Reizwort Terrorismus. | |
Und welches Konzept haben Sie für den Umgang mit Radikalen? | |
Von uns angemeldete Demos verlaufen überwiegend friedlich. Trotzdem können | |
sich immer Randalierer untermischen. Wir versuchen bei Gewalt sofort zu | |
deeskalieren. Aber sollen wir von vornherein alle rausschmeißen die schwarz | |
angezogen sind? Das gleiche gilt bei unseren Mitgliedergruppierungen. Wenn | |
wir uns scheibchenweise von allem trennen, was anderen nicht passt, bleibt | |
nichts mehr übrig. | |
Das SED-Regime setzte Informelle Mitarbeiter (IM) auf die Opposition an. | |
Heute haben Sie Probleme mit V-Leuten. Ein Treppenwitz der Geschichte? | |
Das hätten einige gerne. Wir haben uns immer gegen die Stasi positioniert. | |
Die Bespitzelung bis ins Privateste war verwerflich, ohne Frage. Aber wann | |
hat sich Angela Merkel von ihrer Tätigkeit als FDJ-Funktionärin für | |
Agitation und Propaganda distanziert? Eine CDU-Mitgliedschaft wäscht | |
offenbar blütenweiß rein. | |
Sollten alle Parteien nicht mehr überwacht werden? | |
Erstmal setzten wir uns gegen die Überwachung der Linken ein. Im zweiten | |
Schritt für die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Rechte Kriminelle | |
müssen polizeilich überwacht werden. Geheimdienste sind wegen der | |
Geheimhaltung nicht demokratisch kontrollierbar. Ziel muss es sein, die | |
Bürger zu mehr Aufmerksamkeit, Beobachtungsfähigkeit und kritischen Denken | |
zu erziehen. | |
21 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Denzler | |
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