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# taz.de -- Urteil zu Überwachung der Linken: Unter Aufsicht der Schlapphüte
> Der Verfassungsschutz darf Bodo Ramelow weiter überwachen, entschied das
> Bundesverwaltungsgericht. Unverhältnismäßiges Vorgehen sei nicht
> erkennbar.
Bild: Vor dem Verfahren noch voller Optimismus: Bodo Ramelow.
LEIPZIG taz | Der Links-Abgeordnete Bodo Ramelow und alle
Spitzenfunktionäre seiner Partei dürfen vom Verfassungsschutz "offen
beobachtet" werden. Dies entschied am Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht
in Leipzig. Ramelow zeigte sich "tief enttäuscht" und kündigte den Gang
nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht an.
Offene Beobachtung
Schon seit Jahren führt das Bundesamt für Verfassungsschutz eine
Personalakte über Ramelow. Dabei wertet es nur offene Quellen aus, also
Zeitungsartikel, Pressemitteilungen und Flugblätter. V-Leute und Wanzen
werden vom Bundesamt bisher nicht auf Ramelow angesetzt, möglicherweise
aber vom Thüringer Landesamt. Derzeit ist Ramelow Fraktionsvorsitzender im
Thüringer Landtag, zuvor war er Fraktionsvize der Linken im Bundestag.
Der Politiker hält die Beobachtung für rechtswidrig. In zwei Instanzen -
beim Verwaltungsgericht Köln und beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster
- hatte Ramelow bisher Erfolg. Deshalb ging der Verfassungsschutz in
Revision. Doch auch Ramelow hoffte auf ein Grundsatzurteil. Die Leipziger
Richter sollten nicht nur die Beobachtung seiner Person, sondern die der
Partei für rechtswidrig erklären.
Überraschend obsiegt der Verfassungsschutz. Nicht nur die Linkspartei darf
weiter beobachtet werden, auch Ramelow selbst, obwohl er Abgeordneter ist
und ihm selbst keine verfassungsfeindlichen Bestrebungen vorgeworfen
werden.
Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich, was die Partei betrifft, im
wesentlichen auf die "Feststellungen" des OVG Münster. Danach gebe es
"Anhaltspunkte", dass Teile der Linkspartei die parlamentarische Demokratie
und die Grundrechte beseitigen wollten. Konkret wurden die Kommunistische
Plattform, das marxistische Forum und der Jugendverband solid genannt.
Diese strebten eine Revolution mit nachfolgender "Diktatur des
Proletariats" an.
Die Kommunistische Plattform mit rund 800 Mitgliedern stellt zwar nur ein
Prozent der Parteimitglieder und das marxistiche Forum ist mit 60 Personen
noch kleiner. Dennoch hätten sie durchaus Einfluss in der Partei, hielt
jetzt der Vorsitzende Richter Werner Neumann in Leipzig fest. Außerdem
versuchten die Gruppierungen ihren innerparteilichen Einfluss auszuweiten.
Die Entwicklung der Linkspartei sei jedenfalls noch offen und ihre eigenen
oft vagen programmatischen Ausagen könnten ein "Nährboden" und eine
"Ermunterung" für Linksradikale sein. Deshalb sei es zulässig, dass die
Verfassungsschutzbehörden die gesamte Partei beobachten.
Gang nach Karlsruhe
Auch Abgeordnete dürften grundsätzlich überwacht werden, erkärte das
Gericht. Das im Grundgesetz garantierte "freie Mandat" stelle hierfür keine
Sperre dar, sondern werde vom Prinzip der "wehrhaften Demokratie"
eingeschränkt. Nicht einmal eine besondere gesetzliche Grundlage sei für
die Beobachtung von Abgeordneten erforderlich.
Anders als das OVG Münster sah das Bundesverwaltungsgericht den Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit bei der Überwachung Ramelows nicht verletzt. Zwar
trete Ramelow nicht für verfassungsfeindliche Bestrebungen ein, allerdings
trete er ihnen "auch nicht besonders entgegen", argumentierte Richter
Neumann. Mit der Beobachtung durch den Verfassungsschutz könne zwar die
"Stigmatisierung" von Abgeordneten verbunden sein. Diese müsse aber im
Interesse einer effektiven Aufklärung hingenommen werden.
21 Jul 2010
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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