# taz.de -- Scholz-Auftritt wird Wahlkampfmanöver: Der späte Zeuge | |
> SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz soll im Hamburger | |
> Cum-Ex-Untersuchungsausschuss gehört werden. Die SPD möchte das aus dem | |
> Wahlkampf raushalten. | |
Bild: Aus wahltaktischen Gründen aus der Schusslinie genommen: Olaf Scholz | |
HAMBURG taz | Mathias Petersen hatte Redebedarf. Der Vorsitzende des | |
Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Cum-Ex-Affäre, schrieb | |
gleich am Anfang der Ausschusssitzung vergangenen Freitag den anwesenden | |
Abgeordneten ins Stammbuch, „es sei sehr bedenklich, dass vertrauliche | |
Vorschläge für den Termin einer Zeugenbefragung an die Öffentlichkeit | |
gedrungen“ seien. „Vertrauliche Unterlagen müssen vertraulich bleiben“, | |
mahnte der SPD-Politiker. | |
Der Grund für Petersens Ärger: Zwei Tage zuvor hatte der Hamburger | |
Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Fabio De Masi, öffentlich gemacht, | |
dass Petersen und der Leiter des PUA-Arbeitsstabes, Claudio Kirch-Heim, | |
vorgeschlagen hatten, den Zeugen Olaf Scholz, erst im Sommer des kommenden | |
Jahres – und damit weit nach der Bundestagswahl – im Ausschuss zu | |
vernehmen. Der PUA soll für [1][Aufklärung sorgen, ob der ehemalige | |
Hamburger Bürgermeister seine Finger bei der Entscheidung im Spiel hatte], | |
der Hamburger Warburg-Bank mindestens 47 Millionen Steuern zu erlassen, die | |
aus Sicht des Hamburger Finanzamtes nach dubiosen Cum-Ex-Geschäften des | |
Kreditinstituts fällig geworden waren. | |
[2][„Herr Scholz stellt sich dem Untersuchungsausschuss Cum-Ex in Hamburg … | |
Nach der Bundestagswahl! Kein Scherz!“], verkündete De Masi, der sich im | |
Berliner Wirecard-Untersuchungsausschuss zum großen Gegenspieler des | |
heutigen Bundesfinanzministers gemausert hat, via Facebook und Twitter. Die | |
angebliche Terminierung sei eine „Fake News“, so Petersen: „Es gab zu | |
keinem Zeitpunkt eine Einigung und einen Beschluss.“ | |
Da hat Petersen Recht. Richtig ist aber auch, dass Petersen und Kirch-Heim | |
in vertraulicher Runde den Obleuten, den Abgeordneten also, die für ihre | |
Fraktionen die Ausschussarbeit koordinieren, vorgeschlagen haben, den | |
ehemaligen Bürgermeister erst im kommenden Sommer in den Zeugenstand zu | |
laden. Der Vorschlag löste bei der Opposition helle Empörung aus. Vor allem | |
CDU und Linke träumen davon, den Ex-Bürgermeister möglichst kurz vor der | |
Bundestagswahl „zu grillen“ und zu beschädigen. | |
Politisch motiviertes Termingerangel | |
Die ganze Terminfrage sei „nur politisch motiviert“, heißt es aus dem | |
Scholz-Umfeld. Doch das gilt für beide Seiten. So wie die Opposition die | |
Scholz-Befragung unbedingt in den Wahlkampf hineinziehen möchte, will die | |
SPD – mit Unterstützung des grünen Koalitionspartners – genau das unbedin… | |
verhindern. | |
Taktische Winkelzüge gibt es da bei allen Parteien. So verfolgten Petersen | |
und Co. bis vor wenigen Wochen den Plan, Scholz gleich als ersten Zeugen, | |
schon im April und damit vor Beginn des Wahlkampfes, zu vernehmen. CDU und | |
Linke protestierten kraftvoll: „Ich halte die frühe Vernehmung von Olaf | |
Scholz für unsinnig und reines Wahlkampfspektakel“, [3][echauffierte sich | |
Norbert Hackbusch,] Obmann für die Linke im Ausschuss, noch am 19. März. | |
Gerade die Befragung von Scholz sei nur sinnvoll, wenn zuvor im Ausschuss | |
auch andere Zeug*innen verhört worden seien und damit mehr Licht in das | |
Dunkel gebracht wurde. | |
Da vor allem die CDU eine ellenlange Liste möglicher Zeug*innen | |
präsentierte, nahm die SPD die Kritik nun auf und schob Scholz ganz nach | |
hinten auf die Liste der zu befragenden Zeugen. Doch auch dagegen | |
protestieren nun CDU und Linke aus nachvollziehbaren Motiven. „Das | |
Aufschieben der Anhörung von Herrn Scholz bis 2022 ist nicht vorstellbar“, | |
klagt der CDU-Wirtschaftsexperte Götz Wiese: „Seine Vernehmung muss zeitnah | |
bis zum Sommer erfolgen.“ Und Norbert Hackbusch betont: „Die Rolle, die | |
Olaf Scholz in der Steueraffäre gespielt hat, noch vor den Bundestagswahlen | |
aufzuklären, ist auch im öffentlichen Interesse.“ | |
„Wir sind uns im Ausschuss nicht einig und ob wir uns noch einig werden, | |
ist unklar“, bringt der SPD-Abgeordnete Milan Pein es auf den Punkt. Kommt | |
es zu keiner Einigung über die Zeugenterminierung, können SPD und Grüne die | |
ihnen genehme Reihenfolge der Zeug*innenvernehmung mit ihrer Mehrheit | |
durchstimmen. Den Vorwurf, etwas vertuschen zu wollen, wenn Scholz erst | |
lange nach der Bundestagswahl im Ausschuss gehört wird, aber müssten sie | |
sich gefallen lassen. | |
28 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ausschuss-zur-Hamburger-CumEx-Affaere/!5717463 | |
[2] https://www.facebook.com/fabio.d.masi/photos/a.211989845667389/157815985238… | |
[3] https://www.linksfraktion-hamburg.de/2021/03/19/ | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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Peter Tschentscher | |
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