# taz.de -- Abschlussbericht zum Finanzskandal: Wirecard spaltet Große Koaliti… | |
> Im Bundestagsgremium zum Bilanzskandal setzt sich die CDU von der SPD ab | |
> – und erhebt schwere Vorwürfe gegen Finanzminister Scholz. | |
Bild: Befragung eines Zeugen im Untersuchungsausschuss zum Bilanzskandal Wireca… | |
BERLIN taz | Wer trägt die politische Schuld am größten Bilanzbetrug in der | |
deutschen Wirtschaftsgeschichte – und was können wir aus dem | |
Wirecard-Skandal lernen? | |
Antworten auf diese Fragen wurden am Dienstag bei der Übergabe des 4.500 | |
Seiten dicken Abschlussberichts des parlamentarischen | |
Untersuchungsausschusses an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) vom | |
aufziehenden Wahlkampf vernebelt. Am Ende gab es mindestens vier | |
verschiedene Meinungen: Die der Union, die der SPD, die der Opposition aus | |
FDP, Grüne und Linken – und die der AfD. | |
Die CDU nutzte die Gelegenheit, um sich von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz | |
abzusetzen. Die Wirecard-Affäre sei ein „multiples Aufsichtsversagen unter | |
den Augen des Finanzministeriums“, der zuständige Minister trage dafür die | |
Schuld, sagte der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Matthias Hauer | |
(CDU). Den Rücktritt von Scholz forderte er – anders als die AfD-Fraktion – | |
aber nicht. Scholz hätte den für die Finanzaufsichtsbehörde Bafin | |
zuständigen Staatssekretär im Ministerium, Jörg Kukies, „freistellen | |
sollen“, sagte Hauer. „Diese Kraft bringt Scholz nicht auf.“ | |
## EY-Wirtschaftsprüfer in der Kritik | |
Auch in der Kritik: [1][Die Wirtschaftsprüfer von EY], die die Bilanzen des | |
Finanzdienstleisters jahrelang unbeanstandet durchgewunken hatten, obwohl | |
ein Teil des angeblichen Geschäfts faktisch nicht existierte. Alles sei | |
„ein Zeugnis des Versagens von Abschlussprüfern“, so Hauer. EY habe den | |
Berufsstand „in Verruf gebracht“, fügte Fritz Güntzler (CDU) hinzu. Die S… | |
schob die Schuld fast ausschließlich den Prüfern zu: Für ihn eine der | |
wichtigsten Erkenntnisse aus neun Monaten Untersuchungsausschuss, sagte | |
SPD-Obmann Jens Zimmermann. | |
Vor fast genau einem Jahr hatte der gerade in den DAX aufgestiegene Konzern | |
aus Aschheim bei München zugeben müssen, dass 1,9 Milliarden Euro in den | |
Bilanzen fehlen, wenig später rutschte Wirecard in die Pleite. Die Münchner | |
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, | |
Marktmanipulation und Geldwäsche gegen Manager des Konzerns, der einstige | |
Finanzvorstand Jan Marsalek ist flüchtig. Tausende Anleger erlitten | |
Verluste, weil die Aktie abstürzte. | |
## Nicht fit für das digitale Zeitalter | |
„Man hätte es viel früher erkennen können“, sagte FDP-Finanzpolitiker | |
Florian Toncar. Durch den Skandal sei ein wirtschaftlicher Schaden von fast | |
30 Milliarden Euro entstanden. Es gebe eine politische Verantwortung des | |
Finanzministeriums, das für die Finanzaufsicht Bafin und die | |
Anti-Geldschwäsche-Einheit FIU zuständig ist. Beide Stellen hätten sich | |
nicht rechtzeitig um Aufklärung bemüht. Es sei bedauerlich, dass | |
Top-Politiker der Bundesregierung sich „nicht einmal zu einer lauen Form | |
der Selbstkritik“ hätten bewegen lassen, sagte Toncar. | |
Der Obmann der Linken im Ausschuss, Fabio De Masi, erklärte, die deutschen | |
Aufsichtsbehörden seien nicht fit für das digitale Zeitalter. „Aber diese | |
Milliardenlüge, diese Illusionsfabrik Wirecard, war auch nur denkbar, weil | |
sie sich ein politisches Netzwerk organisiert haben.“ Über die Bafin sagte | |
De Masi, diese habe die Aufsicht über Wirecard nicht nur schleifen lassen, | |
sondern das Unternehmen auch noch aktiv schützen wollen. | |
Die Wirtschaftsprüfer von EY hätten jahrelang „die kritische Grundhaltung“ | |
vermissen lassen, betonte Lisa Paus, Grünen-Obfrau im | |
Untersuchungsausschuss. Als die Bafin schließlich eingegriffen habe, sei | |
dies mit einer „Wagenburg-Mentalität“ geschehen. Die Bafin hatte | |
[2][Journalisten der Financial Times ] angezeigt, die auf Probleme bei | |
Wirecard hingewiesen hatten. | |
22 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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