# taz.de -- SPD-Kanzlerkandidat sagt im Cum-Ex-Ausschuss aus: Die Vergesslichke… | |
> Im Hamburger Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Steuerdiebstahl kann sich | |
> der Ex-Bürgermeister im Wesentlichen nicht erinnern. | |
Bild: Keine Erinnerung: Ex-Bürgermeister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) | |
HAMBURG taz | Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kann sich angeblich nicht | |
erinnern, was er als Hamburger Bürgermeister mit der örtlichen | |
[1][Privatbank Warburg über deren drohende Insolvenz] besprochen hat. Dabei | |
waren Vertreter der Bank 2016 und 2017 dreimal bei ihm im Rathaus, um eine | |
Steuerforderung von 47 Millionen Euro aus der Welt zu schaffen. Das Pikante | |
daran: Es ging um Kapitalertragssteuern aus den mittlerweile berüchtigten | |
Cum-Ex-Geschäften, die zwar nie bezahlt aber vom Finanzamt erstattet | |
wurden. | |
„Ich habe kein eigenes konkretes Wissen“, dieser Satz prägte die | |
[2][Aussage des Bundesfinanzministers vor dem Untersuchungsausschuss der | |
Hamburgischen Bürgerschaft zur „Cum-Ex-Steuergeldaffäre]“ am | |
Freitagnachmittag. Angesichts der hohen Summe und der dadurch angeblich | |
drohenden Existenzgefährdung der Bank wollten ihm viele Abgeordnete das | |
nicht abkaufen. | |
Bei dem Skandal geht es um Steuern, die das Hamburger Finanzamt für | |
Großunternehmen 2016 zunächst erhob, dann aber verjähren ließ. Die | |
dokumentierten Kontakte zwischen dem damaligen Ersten Bürgermeister und | |
Vertretern der Bank, legen den Verdacht nahe, dass das Finanzamt auf Druck | |
von ganz oben reagierte. Scholz wies das von sich: „Ich habe auf das | |
Steuerverfahren Warburg niemals Einflluss genommen“, versicherte er vor dem | |
Ausschuss. | |
Die Steuern fielen auf Geschäfte an, bei denen Aktien um den | |
Dividendenstichtag herum mit (cum) und ohne (ex) Dividende gehandelt | |
wurden. Der schnelle Eigentümerwechsel ermöglichte es Investoren und | |
Banken, sich einmal bezahlte Kapitalertragssteuern mehrfach erstatten zu | |
lassen. Das sei offensichtlich „niemals rechtens“ gewesen, sagte Scholz, | |
der eingangs betonte, er setze sich sehr für ein solidarisches Gemeinwesen | |
ein: „Es ist ein wichtiger Punkt, warum ich Politik mache.“ | |
## Wissen nur aus der Zeitung | |
Nach längeren allgemeinen Ausführungen, wurde Scholz einsilbig, als es zum | |
eigentlichen Thema kam. Er habe selbst keine Unterlagen zu diesem | |
Steuerfall eingesehen und beziehe sein Wissen nur aus öffentlichen Quellen, | |
seinem Kalender und der Zuarbeit seiner Beamten. Sein Kalender bestätigt | |
die aus den Tagebüchern des Warburg-Gesellschafters Christian Olearius | |
bekannt gewordenen Termine. An den Gesprächsinhalt könne er sich aber nicht | |
erinnern. | |
„In allen meinen Ämtern führe ich sehr viele Gespräche“, sagte Scholz | |
entschuldigend. „Normalerweise gebe ich dabei keine Auskunft zur | |
Einschätzung des Sachverhalts und mache keine Zusagen.“ Details merke er | |
sich nur, wenn aus solchen Gesprächen eine Entscheidungs- oder | |
Handlungsbedarf erwachse. | |
Scholz zitierte Olearius' Tagebucheinträge als Beleg dafür, dass er sich | |
bedeckt gehalten habe. Darin heißt es, die Vertreter der Bank hätten auf | |
die miserable Lage hingewiesen und dass Scholz keine Meinung geäußert und | |
keine Versprechen gegeben habe. Er selbst oder seine Mitarbeiter hätten | |
keine Notizen zu den Gesprächen angefertigt. „Das Bürgermeisterbüro ist | |
keinen aktenführende Stelle“, beschied Scholz. | |
Allerdings hat der damalige Bürgermeister die Vertreter der Warburg-Bank in | |
kurzen Abständen hintereinander empfangen, im September und Oktober. | |
Dazwischen lag die Entscheidung des Finanzamtes, die 47 Milllionen Euro | |
zurückzufordern. Zwei Wochen nach dem zweiten Termin telefonierte Scholz | |
mit Olearius. Er bat ihn, ein siebenseitiges Papier zur Lage der [3][Bank], | |
das Olearius zuvor Scholz überreicht hatte, doch an den damaligen | |
Finanzsenator Peter Tschentscher weiterzuleiten. | |
Ober er das Papier gelesen habe, fragte der Ausschussvorsitzende Matthias | |
Petersen (SPD). „Das kann sein, das muss nicht sein“, antwortete Scholz. | |
Mit der Weitergabe habe er das Papier auf den Dienstweg verwiesen. Dabei | |
lag die Warburg-Stellungnahme zu diesem Zeitpunkt bereits dem Finanzamt | |
vor. | |
„Was sollte der Finanzsenator denn konkret tun mit dem Schreiben?“, fragte | |
der Grünen-Abgeordnete und ehemalige Justizsenator Till Steffen. Und ob | |
nicht schon eine Anfrage aus der Behördenspitze einer Aufforderung gleich | |
komme. Wieder verwies Scholz auf Olearius' Tagebuch: Da stehe der Presse | |
zufolge, das Dokument habe ohne Bezugnahme auf den Bürgermeister | |
weitergeleitet werden sollen. | |
## Nonchalant abgehandelt? | |
Dass einer der Gesellschafter der Bank den Bürgermeister aufsuche mit der | |
Mitteilung „unsere Bank geht vielleicht pleite“ und der Bürgermeister | |
nonchalant darüber hinweggehe – „das kann ich nicht glauben“, sagte Norb… | |
Hackbusch von der Linken. | |
Der Abgeordnete erinnerte daran, dass zur gleichen Zeit auch die Krise der | |
teilstaatlichen HSH Nordbank ihren Höhepunkt erreicht hatte und mit Warburg | |
weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel standen. „Ich kann mir nicht | |
vorstellen, dass sie sich nicht daran erinnern können“, sagte Hackbusch. | |
30 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Untersuchung-des-Cum-Ex-Skandals/!5752464 | |
[2] /Scholz-Auftritt-wird-Wahlkampfmanoever/!5758152 | |
[3] https://www.warburg-bank.de/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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