# taz.de -- Weltweite CO2-Emissionen: Zurück zum dreckigen Normalbetrieb | |
> Corona war nur eine Atempause: Der globale CO2-Ausstoß steigt wieder. | |
> Industrieländer reduzieren Emissionen – aber nur ein Zehntel des Nötigen. | |
Bild: Leere Straßen lassen Emissionen sinken. Sogar in den Arabischen Emiraten | |
Berlin taz | Die Hoffnung, dass die weltweite Coronakrise zu einem | |
Wendepunkt in der Klimakrise führen könnte, geht gerade in Rauch auf. Denn | |
die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen aus der Energiewirtschaft, die etwa | |
zwei Drittel des Problems ausmachen, haben inzwischen das Vor-Krisen-Niveau | |
überschritten. Das meldet jetzt die Internationale Energieagentur (IEA), | |
eine Behörde der Industrieländerorganisation OECD: „Die letzten Daten | |
zeigen, dass die globalen Emissionen im Dezember 2020 um 2 Prozent oder 60 | |
Millionen Tonnen höher lagen als im gleichen Monat des Vorjahres“, | |
[1][heißt es in einer aktuellen Analyse]. | |
Die Gründe: Die Konjunktur zieht nach Lockdown und Krise wieder an, und die | |
Regierungen handeln nicht entschlossen für ein Ende der fossilen | |
Brennstoffe. „Viele Volkswirtschaften sehen Emissionsniveaus, die höher | |
liegen als vor der Krise“, heißt es von der IEA. [2][Schon im Sommer hatte | |
eine Bilanz ergeben, dass ein großer Teil der 3,5 Billionen Dollar schweren | |
Coronahilfen in 17 großen Ländern an umweltschädliche Branchen geht]. | |
Für IEA-Generalsekretär Fatih Birol ist die aktuelle Entwicklung „eine | |
deutliche Warnung, dass nicht genug getan wird, um die Energiewende | |
weltweit zu beschleunigen“. Im Frühjahr 2020 hatte die IEA wie viele andere | |
Institute betont, die Erholung nach der Krise sei eine Chance zum Umsteuern | |
weg von den Fossilen. [3][„Wir müssen besser wiederaufbauen“], hatte auch | |
UN-Generalsekretär Antonio Guterres gemahnt. | |
Davon sieht die IEA jetzt wenig: „Unsere Zahlen zeigen, dass wir zum | |
CO2-intensiven Business as usual zurückkehren.“ In China, das immerhin 28 | |
Prozent der globalen CO2-Emissionen ausmacht, stiegen diese über das | |
gesamte Jahr um 0,8 Prozent. In Indien, Brasilien und den USA zog die | |
Verbrennung von Öl, Gas und Kohle zum Ende 2020 ebenfalls stark an. In den | |
USA und der EU sanken dagegen die Emissionen jeweils um etwa 10 Prozent. | |
## Historischer CO2-Einbruch im Pandemiejahr | |
Weltweit war der Einbruch im Jahr 2020 um etwa 2,6 Milliarden Tonnen oder 7 | |
Prozent historisch einmalig. Vor allem weniger Auto- und Flugverkehr | |
schlugen zu Buche. Für die Klimaziele müssten solche Reduktionen allerdings | |
jährlich erfolgen – über die nächsten 30 Jahre. Viele hatten gehofft, 2019 | |
werde das „Peak-Jahr“ für Fossile, nach dem die Emissionen nur noch fallen. | |
Danach sieht es aber auch [4][nach einer aktuellen Studie unter Führung der | |
Universität East Anglia nicht aus, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.] | |
Der Rückgang 2020 „maskiert komplexe Dynamiken und Unterschiede der Länder | |
bei der Behandlung der Pandemie“, heißt es da. „Die Emissionen lagen | |
niedriger, weil die fossile Infrastruktur weniger genutzt wurde, nicht weil | |
sie geschlossen wurde“, sagt einer der Autoren, Glenn Peters vom | |
norwegischen Center for International Climate Research. Das Risiko sei | |
groß, dass der CO2-Ausstoß wieder steige. | |
Allerdings sehen die Forscher:innen einen positiven langfristigen Trend: | |
„Das Wachstum bei den globalen Emmisionen beginnt nachzulassen“, heißt es | |
in der Studie. Etwa 2.000 Klimagesetze und Verpflichtungen zur | |
Klimaneutralität zeigten ihre Wirkung. Seit dem Abkommen von Paris 2015 ist | |
demnach der Ausstoß in 64 Ländern, vor allem in Industriestaaten, | |
zurückgegangen – im Schnitt um 160 Millionen Tonnen pro Jahr. Doch diese | |
Volkswirtschaften machen nur noch 35 Prozent der Emissionen aus. In 150 | |
Staaten, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern, wachse mit der | |
Wirtschaft aber immer noch der CO2-Ausstoß. | |
„Die meisten aktuellen Covid-19-Wiederaufbaupläne widersprechen den eigenen | |
Klimazielen der Länder“, urteilt die Studie. Für die Klimaziele müssten die | |
Industriestaaten ihre jährliche Reduktion auf 1,5 Milliarden Tonnen | |
verzehnfachen. Und weltweit brauche es einen „tiefgehenden Abzug“ von | |
Kapital aus fossiler Infrastruktur. | |
3 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.iea.org/articles/global-energy-review-co2-emissions-in-2020 | |
[2] /Wirtschaft-ohne-Kohlendioxidemissionen/!5690759 | |
[3] https://news.un.org/en/story/2020/05/1064752 | |
[4] https://doi.org/10.1038/s41558-021-01001-0 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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