| # taz.de -- Höhere Steuern für Besserverdienende: Ins Schlammloch steigen | |
| > SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat Pläne zur stärkeren Besteuerung von | |
| > Besserverdienenden angekündigt. Die Idee ist politisch richtig, aber | |
| > riskant. | |
| Die Ankündigung ist vage. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat in einem | |
| Zeitungsinterview erklärt, Besserverdienende sollten einen „etwas größeren | |
| Beitrag“ zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Die SPD befürworte | |
| die [1][Vermögenssteuer]. Sofort machte die Meldung die Runde, die SPD | |
| wolle die Besserverdienenden höher besteuern. Die Kommentare im Internet | |
| zeigten, dass allein schon die Frage ungeklärt ist: Wer gehört eigentlich | |
| zu den Gutgestellten? Und wer eher nicht? | |
| Wer ein Vermögen von 280.000 Euro (inklusive Immobilien) hat, gehört | |
| statistisch schon zu den obersten 10 Prozent, sagt das DIW-Institut. DieseR | |
| Vermögende wird sich etwa in Berlin aber als bedauernswerte Mittelschicht | |
| fühlen, weil man mit dem Geld nicht mal eine Wohnung für eine Familie | |
| kaufen kann. | |
| Die Idee, einfach nur das reichste Prozent der Bevölkerung besonders hoch | |
| zu besteuern, klappt aber auch nicht so einfach. Zum reichsten Prozent | |
| gehört man ab einem Vermögen von 1,3 Millionen Euro. In hohen Vermögen | |
| stecken Altersvorsorge, Mietshäuser, Betriebsvermögen. In einer Zeit, in | |
| der dank Corona viele Selbstständige als neue Opfergruppe dastehen, kann | |
| man sich den Gegenwind vorstellen, wollte die Politik häppchenweise hohe | |
| Privatvermögen abtragen. | |
| Trotzdem ist die Ankündigung von Scholz richtig, wenn sie ernst gemeint | |
| ist. Denn die [2][Folgen von Corona] kosten viel Geld und die Möglichkeiten | |
| von Steuererhöhungen auf mehreren Ebenen müssen offenstehen. Es gab vor | |
| Jahren schon einen deutlich höheren Spitzensteuersatz und eine | |
| [3][Vermögenssteuer], es gab und gibt noch den Solidaritätszuschlag, in | |
| anderen Ländern sind die Erbschaftssteuern zudem höher. | |
| Umverteilungspolitik ist keine Robin-Hood-Heldengeschichte, sondern „dirty“ | |
| – ein Schlammloch, in das man sich als PolitikerIn tapfer mit Gummistiefeln | |
| reinwagen muss, um aufzuräumen, und dabei garantiert mit Dreck beworfen | |
| wird. Wer den Mut nicht hat, kann sich oben auf die grüne Wiese legen. Wer | |
| dagegen etwas riskiert, verdient Beifall. | |
| 26 Feb 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Dribbusch | |
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