| # taz.de -- Krisenbündnis zur Coronapandemie: Linke laden Reiche ein | |
| > Das Bündnis „Wer hat der gibt“ bittet Reiche für die Kosten der Pandemie | |
| > zur Kasse. Am Samstag demonstrieren die Aktivist*innen – mit | |
| > Millionär*innen. | |
| Bild: Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Allianzen | |
| Hamburg taz | Ab wann ist man eigentlich richtig reich? Eine konkrete | |
| Antwort darauf hat das Bündnis „Wer hat der gibt“, das Reichtum in den | |
| Fokus der öffentlichen Debatte rücken will, nicht. Aber darum gehe es ihr | |
| auch nicht, sagt Bündnissprecherin Carlotta Schmidt. Fest stehe: Das | |
| Kapital sei zu ungleich verteilt. [1][„45 Superreiche besitzen in | |
| Deutschland so viel wie die ärmere Bevölkerungshälfte“], sagt sie. Gegen | |
| diesen Missstand wollen die Aktivist*innen am Samstag in Harvestehude | |
| demonstrieren. | |
| „Unser Protest richtet sich gegen die Pfeffersäcke und | |
| Großunternehmer*innen, die [2][ihr Erbe über Generationen hinweg relativ | |
| steuerfrei an der Gesellschaft vorbeischleusen]“, sagt Schmidt. Die | |
| Aktivist*innen fordern die Bundesregierung auf, die Kosten der | |
| Coronapandemie nicht auf die ärmere Hälfte der Bevölkerung abzuwälzen. Mit | |
| dem Slogan „Die Reichen sollen für die Krise zahlen“ wollen sie um 18 Uhr | |
| vom Dammtor dorthin laufen, „wo die Reichen wohnen“ – also an die | |
| Außenalster. | |
| Konkrete Forderungen sind die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sowie | |
| eine Vermögensabgabe für Millionär*innen. Auf Kürzungen im Sozial-, | |
| Gesundheits-, Bildungs- und Kulturbereich solle hingegen verzichtet werden. | |
| ## Ende Gelände, der Asta und Millionär*innen | |
| [3][„Wer hat der gibt“ ist ein Krisenbündnis], das durch Corona ins Leben | |
| gerufen wurde. Die Aktivist*innen wollen Debatten mit dem Tenor „Alle | |
| müssen den Gürtel enger schnallen“ zuvorkommen, wie sie etwa nach der | |
| Finanzkrise 2008 und 2009 geführt wurden. Unterstützung erhalten sie von | |
| linken Gruppen wie „Ende Gelände“ oder „Recht auf Stadt“, aber auch dem | |
| Asta der Universität Hamburg. Zu einer Pressekonferenz am Donnerstag im | |
| Park Fiction auf St. Pauli haben sie außerdem den Pappkameraden Friedrich | |
| Merz mitgebracht – als Gegenpol. Der Möchtegern-Kanzlerkandidat der CDU | |
| forderte mehrfach, die Coronahilfen zu begrenzen. | |
| Nicht so naheliegend wie die Kooperation mit Klimaaktivist*innen oder dem | |
| Asta ist die Ansprache an Millionär*innen: Auf seiner Homepage lädt das | |
| Bündnis Reiche ein, sich für einen eigenen Block auf der Demo anzumelden – | |
| und Transparenz über ihr Vermögen zu schaffen. Gefragt wird etwa, wie die | |
| Reichen an ihr Kapital gekommen sind, ob durch Erbe, Ausbeutung oder | |
| Spekulation. Und wo das Geld jetzt sei: Im Steuerparadies, einer | |
| Charity-Stiftung oder „euren Wohnungen“. Anmeldungen hätten sie aber | |
| bislang nicht bekommen, sagt Schmidt, vermutlich werde der Reichenblock | |
| leer bleiben. | |
| Ein Aktivist des Kollektivs soziale Kämpfe, das ebenfalls zur Demo aufruft, | |
| weist darauf hin, dass „das hier keine Charity-Aktion“ sei. „Wir fordern | |
| Enteignung.“ | |
| ## Eine Alternative zum rechtsoffenen Coronaprotest | |
| Dass Enteignungen ohne Entschädigungen gesetzwidrig sind, ist den | |
| Bündnismitgliedern bewusst. „Es ist nicht unsere Aufgabe, uns zu überlegen, | |
| wie man Reiche entschädigt, nachdem man sie enteignet hat“, sagt der | |
| Sprecher Ansgar Richter. „Wir sind nicht der Bundestag.“ Stattdessen solle | |
| eine Debatte angestoßen werden, die überfällig sei. „Wenn man Corona etwas | |
| Positives abgewinnen will, dann, dass endlich darüber gesprochen wird, | |
| welche Berufe systemrelevant sind. An dieser Stelle muss es weitergehen.“ | |
| Richter ist selbst in der Pflege tätig. | |
| Neben dem Reichenblock soll es auf der Demo auch einen Klimablock, einen | |
| Kulturblock und einen Block der antifaschistischen Jugend geben. In der | |
| Innenstadt ist für den Nachmittag zudem eine Demo der rechtsoffenen und | |
| verschwörungstheoretisch orientierten Coronaskeptiker*innen angemeldet. | |
| „Wer hat der gibt“ will eine Alternative dazu bilden. Auch in Berlin, | |
| Hannover, Kaiserslautern und dem Saarland gehen am Samstag Aktivist*innen | |
| auf die Straße. | |
| 17 Sep 2020 | |
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| [3] https://werhatdergibt.org/ | |
| ## AUTOREN | |
| Sarah Mahlberg | |
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