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# taz.de -- CDU-Parteitag digital: Es wird ein Mann
> Die CDU wählt einen neuen Vorsitzenden. Das Rennen zwischen Laschet, Merz
> und Röttgen ist offen. Alle drei sind Männer, katholisch und kommen aus
> NRW.
Bild: Sie geht, ein Mann kommt: CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei…
Berlin taz | Am Freitagabend steht [1][Annegret Kramp-Karrenbauer im roten
Anzug] in einer fast leeren Halle in der Messe Berlin und spricht in die
Kamera. Es ist ihre letzte Rede als CDU-Vorsitzende. „Euren Erwartungen und
meinen eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht geworden zu sein, das
schmerzt – auch heute noch“, sagt sie.
Nur gut zwei Jahre, nachdem die Wunschkandidatin von Angela Merkel sich im
Herbst 2018 als neue neue Parteichefin in einer Stichwahl gegen Friedrich
Merz knapp durchgesetzt hat, hatte sie im vergangenen Februar ihren Rückzug
erklärt. Der Anlass: Nach dem Debakel um die Wahl von Thüringens
Kurzzeitministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen von CDU
und AfD ließ die Thüringer CDU sie auflaufen.
Eigentlich sollte ihr Nachfolger bereits im April gewählt werden, doch
wegen Corona verschob die CDU den Parteitag zweimal. Die Folge war eine
Hängepartie, die an diesem Samstag enden soll. Auf einem vollständig
digitalen Parteitag wird die CDU ihren neuen Vorsitzenden wählen. Nachdem
die CDU 20 Jahre lang von Frauen geführt wurde, ist bislang nur eines klar:
[2][Es wird ein Mann –] und zwar ein Katholik aus Nordrhein-Westfalen. Ein
Frau tritt nicht an und auch niemand aus Ostdeutschland.
Das Rennen zwischen den drei Kandidaten sei offen, sagen fast alle
BeobachterInnen. Am Samstag ab etwa Viertel vor zehn werden sich die drei
Kandidaten den Delegierten vorstellen, die zu Hause vor ihren Computern
sitzen. Jeder von ihnen darf eine Viertelstunde lang reden, die Reihenfolge
legt das Alphabet fest. Auch für die Kandidaten wird das eine ungewohnete
Situation: Sie sprechen in eine leere Halle, aus der es keinerlei Resonanz
gibt.
## Laschet, Merz oder Röttgen, das ist hier die Frage
Den Anfang macht [3][Armin Laschet, 59, Ministerpräsident von
Nordrhein-Westfalen]. Er gilt als Favorit vieler PolitikerInnen aus der
Führungsriege, der NRW-Landesvorstand hat ihn nominiert. Für den gläubigen
Katholiken spricht vor allem seine Regierungserfahrung und dass er die
Landtagswahl 2017 gewonnen und die CDU wieder an die Macht geführt hat.
Seine AnhängerInnen betonen, er könne gut integrieren. Sein Problem: In der
Coronapandemie wirkte er immer wieder unsouverän.
Kandidat Nummer zwei ist [4][Friedrich Merz, 65, ehemaliger Aufsichtsrat]
des Vermögensverwalters Blackrock in Deutschland, der zu Terminen gern mit
dem eigenen Flugzeug anreist. Merz war zwei Jahre lang Fraktionschef der
Union im Bundestag, bis Merkel ihn 2002 aus diesem Amt vertrieb. Viele
meinen, dass er ihr dies nie verziehen hat. Merz steht für einen
Abgrenzungskurs zur Kanzlerin, auch wenn er das zuletzt immer wieder
zurückgewiesen hat. Hinter dem Sauerländer stehen die Konservativen in der
CDU und der Wirtschaftsflügel, die Mittelstandsvereinigung hat ihn nomiert.
Sein Problem: Merz sagt zu gerne „ich“ und gilt als unberechenbar. Manche
in der Partei meinen, dass man mit ihm keine Wahlen gewinnen kann, weil er
die Merkel-WählerInnen in die Arme von SPD und Grünen treibe. Auch
Regierungserfahrung fehlt ihm.
[5][Norbert Röttgen, 55, ist als Außenseiter] in das Rennen gestartet, hat
zuletzt aber deutlich aufgeholt. Er ist Vorsitzender des Auswätigen
Ausschuss im Bundestag, zuletzt hat er auf allen Kanälen die US-Wahlen und
den Sturm auf das Kapitol erklärt. Röttgen hat versucht, sich als
Modernisierer zu profilieren. Dass er die CDU weiblicher, jünger und
digitaler machen will, betonte er bei jeder Gelegenheit. Sein Problem:
Röttgen hat keine Hausmacht in der CDU. In seinem Landesverband nehmen es
ihm viele bis heute übel, dass er die NRW-Landtagswahl 2012 als
Spitzenkandidat auch deshalb vergeigt hat, weil er, damals
Bundesumweltminister, sich nicht auf Düsseldorf festlegen wollte. Im Folge
der Wahl schmiss Merkel ihn raus.
Es wird damit gerechnet, dass keiner der drei Kandidaten schon im ersten
Wahlgang die absolute Mehrheit bekommen wird. Deshalb wird es wohl eine
Stichwahl zwischen dem Erst- und dem Zweitplatzierten geben. Weil eine
digitale Wahl nicht rechtssicher ist, muss das Ergebnis danach in einer
Briefwahl bestätigt werden. Es soll endgültig am 22. Januar verkündet
werden. Weil Laschet, Merz und Röttgen versichert haben, das Ergebnis der
Online-Abstimmung zu akzeptieren und im Falle einer Niederlage nicht zur
Briefwahl anzutreten, wird am Samstag nach dem zweiten Wahlgang der neue
CDU-Chef wohl feststehen. Das soll gegen Mittag der Fall sein.
## Der Kanzlerkandidat muss nicht von der CDU sein
Dann aber ist der zähe Personalprozess noch immer nicht zu Ende. Denn die
CDU muss sich mit der CSU noch auf einen Kanzlerkandidaten einigen. Der
CDU-Chef ist gewöhnlich der natürliche Kandidat dafür. Allerdings lag in
den vergangenen Monaten bei Umfragen dazu regelmäßig [6][CSU-Chef Markus
Söder] vorn.
Söder selbst hat aber öffentlich bisher stets betont, er wolle in Bayern
bleiben. Im Gespräch ist auch Gesundheitsminister Jens Spahn, der als
Stellvertreter Laschets antritt. Er soll laut unter Parteifreunden bereits
seine Chancen sondiert haben.
Auffällig viele CDU-PolitikerInnen warben im Vorfeld des Parteitags für die
Geschlossenheit der Partei und forderten, dass man sich hinter dem neuen
Chef versammeln müsse. Groß ist die Angst, dass sich die Partei weiter
spaltet und sich der Fall AKK wiederholen könnte – dass also unterlegene
Bewerber und deren AnhängerInnen dem neuen Vorsitzenden das Leben schwer
machen. Und das in einem Jahr, in dem nicht nur der Bundestag neu gewählt,
sondern auch sehr wichtige Landtagswahlen anstehen, die ersten bereits im
März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
16 Jan 2021
## LINKS
[1] /CDU-Parteitag-erneut-abgesagt/!5723381
[2] /Fridays-for-Future-ueber-den-CDU-Vorsitz/!5744465
[3] /Coronapolitik-in-NRW/!5744113
[4] /Vor-der-Wahl-des-neuen-CDU-Chefs/!5739205
[5] /Kandidaten-fuer-den-CDU-Parteivorsitz/!5739128
[6] /Aktualisierte-Soeder-Biografie/!5735732
## AUTOREN
Sabine am Orde
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CDU-Parteivorsitzende
Schwerpunkt Coronavirus
Lesestück Recherche und Reportage
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