| # taz.de -- Coronapolitik in NRW: Kein Vertrauen in Laschet | |
| > Opposition und Bürger:innen verzweifeln an der Coronapolitik NRWs. Armin | |
| > Laschets Chancen auf den CDU-Bundesvorsitz sinken. | |
| Bild: Machen keine besonders gute Figur: Armin Laschet (CDU) und sein Stellvert… | |
| Bochum taz | Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Armin Laschet | |
| erntet für seine Corona-Politik an Rhein und Ruhr immer größeres | |
| Unverständnis. „Chaos“ schaffe der Christdemokrat, der am Wochenende für | |
| den Bundesvorsitz seiner Partei kandidiert, durch die Kommunikation der | |
| [1][Lockdown-Regeln], kritisierten Vertreter:innen der Opposition am | |
| Dienstagnachmittag bei einer von der SPD durchgesetzten Sondersitzung des | |
| Landtags in Düsseldorf. | |
| Laschet hatte nach dem Treffen der Ministerpräsident:innen mit | |
| Bundeskanzlerin Merkel versprochen, die härteren Lockdown-Regeln in NRW | |
| „eins zu eins“ durchzusetzen. Doch in der seit Montag geltenden | |
| Corona-Schutzverordnung des Landes wird die Vorschrift nur teilweise | |
| umgesetzt, nach der sich Angehörige eines Haushalts jeweils nur mit einem | |
| weiteren Menschen treffen dürfen: Offiziell gilt dies nur für den | |
| „öffentlichen Raum“. | |
| Im Privaten seien damit „Bierrunden und Kaffeekränzchen ohne Begrenzung der | |
| Personenzahl erlaubt“, kritisierte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty: „Das | |
| ist gefährlich“, findet er – schließlich wurde in NRW auch in Teilen der | |
| Presse prompt breit darüber informiert, dass es sich bei den | |
| Kontaktbeschränkungen nicht um ein offizielles Verbot, sondern eher um eine | |
| informelle Bitte der Landesregierung handele. | |
| Auch die Regel, nach der sich Bewohner:innen von Kommunen mit einer | |
| Corona-Inzidenz von mehr als 200 nicht weiter als 15 Kilometer von ihrem | |
| Wohnort entfernen dürfen, sollte auf Druck der mitregierenden FDP zunächst | |
| nicht angewandt werden. „Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass man damit | |
| viel erreichen wird und bin deswegen grundsätzlich skeptisch“, hatte der | |
| stellvertretende FDP-Regierungschef Joachim Stamp im WDR-Politmagazin | |
| Westpol erklärt. Fraglich sei nicht nur die Verhältnismäßigkeit der | |
| 15-Kilometer-Regel – sondern auch, ob sie gerichtsfest sei. | |
| Stamp und seine FDP, von der Laschet mit seiner schwarz-gelben | |
| Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag abhängig ist, folgte damit dem Kurs ihres | |
| aus Wermelskirchen bei Köln stammenden, Lockdown-kritischen | |
| Bundesvorsitzenden Christian Lindner. „Die Bürger sehnen sich nach | |
| Freiheit“, erklärte FDP-Fraktionschef Christof Rasche im Parlament. Seine | |
| Partei setze deshalb auch „Gebote“, nicht auf „Verbote“. | |
| Laschets Landesregierung versuchte deshalb zunächst, die Verantwortung für | |
| Bewegungsbeschränkungen auf die Bürgermeister und Landräte der Städte und | |
| Kreise mit einer Inzidenz von mehr als 200 abzuwälzen. Dies sei aber schon | |
| rein rechtlich nicht möglich, kritisiert der ehemalige SPD-Justizminister | |
| Kutschaty: „Was hinter der Stadtgrenze geschehen soll, kann keine Kommune | |
| regeln.“ | |
| Am Montagabend folgte dann, wohl auch unter dem Eindruck der | |
| [2][Coronawelle, die Irland gerade überrollt], die Kehrtwende: Per Mail | |
| verfügte das Land um 22:18 Uhr doch noch Reisebeschränkungen für Kreise wie | |
| Recklinghausen, Höxter oder Minden-Lübbecke – gelten sollten die schon | |
| weniger als zwei Stunden später. | |
| „Unfassbar“ sei das, kritisierte die grüne Co-Fraktionschefin Verena | |
| Schäffer bei der Landtags-Sondersitzung: „Massiv untergraben“ werde so das | |
| Vertrauen der Bürger:innen in die Landesregierung. Zwar zweifle auch sie am | |
| Sinn der 15-Kilometer-Regel, erklärte Schäffer – doch wenn Stamp die | |
| Reisebeschänkungen für nutzlos halte, müsse er sie als stellvertretender | |
| Ministerpräsident eben verhindern. | |
| „Schlupflöcher“ in der Corona-Schutzverordnung Nordrhein-Westfalens räumte | |
| auch Regierungschef Laschet selbst ein. Allerdings sei jetzt nicht die | |
| Zeit, nach solchen zu suchen. Stattdesssen sollten die Bürger:innen | |
| versuchen, „die Regelungen, die da sind, im Privaten noch zu übertreffen“. | |
| Schon am Sonntag hatte Laschet beim CDU-Neujahrempfang Oppositionsführer | |
| Kutschaty fehlende „staatspolitische Verantwortung“ vorgeworfen, weil der | |
| auf die „Schlupflöcher“ hinweise. „Kreieren Sie nicht Beispiele, wie man | |
| das Gesetz umgeht“, bat Laschet auch bei der Landtagsdebatte. | |
| Auch beim Thema Impfungen setzt Laschet auf Vorwärtsverteidigung. Zwar | |
| liegt das bevölkerungsreichste Bundesland mit seinen 18 Millionen Menschen | |
| bei der Zahl der geimpften Menschen nur auf Platz 11 der 16 Bundesländer – | |
| doch eine „Hitparade“, ein Wettrennen lehne er ab, erklärte der | |
| Ministerpräsident. NRW bleibe bei der Linie, zunächst die Bewohner:innen | |
| von Altenheimen als verwundbarste Gruppe und deren Pflegekräfte zu impfen – | |
| und das dauere eben. | |
| Kritik seines eigenen christdemokratischen Gesundheitsministers Karl-Josef | |
| Laumann, nach der es schlicht an Impfstoff fehle, verschwieg er dagegen – | |
| schließlich richtet sich Laumanns Kritik direkt gegen | |
| Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, mit dem Laschet im [3][Kampf um den | |
| CDU-Bundesvorsitz] zumindest offiziell noch im „Team“ antritt. Auch auf | |
| Vorwürfe, er beschäftige in seiner Staatskanzlei einen Lobbyisten des | |
| Pharmakonzerns Sanofi, ging Laschet nicht ein. | |
| Doch damit wächst das Misstrauen gegen Laschet und seine Minister:innen | |
| weiter. Laut einer Forsa-Umfrage vertrauen in NRW nur noch 43 Prozent der | |
| Menschen seiner Regierung – weniger als in jedem anderen Bundesland. | |
| Auch im Kampf um den Bundesvorsitz steht Laschet relativ schlecht da: Nach | |
| einer von der ARD in Auftrag gegebenen Befragung unter CDU-Anhänger:innen | |
| konnte er mit 25 Prozent zwar zu dem Außenpolitiker Norbert Röttgen | |
| aufschließen. Favorit der potenziellen CDU-Wähler:innen aber bleibt | |
| Friedrich Merz, der Anfang des Jahrtausends einmal Bundestagsfraktionschef | |
| war – dabei sollte Laschet als einziger Kandidat in Regierungsverantwortung | |
| eigentlich die besten Karten haben. | |
| 13 Jan 2021 | |
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| Andreas Wyputta | |
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