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# taz.de -- Hamburgs CDU steht auf Merz: Bros für Friedrich
> Wird Friedrich Merz CDU-Vorsitzender, knallen in Hamburg Korken: Der
> Großstadtlandesverband stand hinter dem rechten Kandidaten.
Bild: Was geht? Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß (l.) begrüßt Friedrich Merz…
Hamburg taz | Es war einmal eine [1][liberale Großstadtpartei, die hieß CDU
Hamburg]. Hatte so manchen Jahrzehnte hindurch als „konservativ“ oder
„bürgerlich“ bewahrten Glaubenssatz hinter sich gelassen, etwa zur Kenntnis
genommen, dass der Kalte Krieg vorbei ist und überhaupt die Welt sich doch
meistens zu drehen pflegt. Diese CDU ließ sogar einen Schwulen Erster
Bürgermeister sein – nicht werden, nein: Heraus kam die nicht ganz
unwesentliche biografische Facette erst, da saß dieser Ole von Beust sicher
im Sessel.
Zugegeben: Ins Amt gelangt war derselbe Erste Bürgermeister nicht zuletzt
dank einer, sagen wir es vorsichtig: rechtspopulistischen Einthemenpartei
mit einem Polithasardeur an der Spitze, der die – christdemokratischen
Wähler:innen traditionell durchaus zugängliche – Idee von „Law and Order�…
auf eine Weise intonierte, so schrill, dass es für eine der Corny
Littmann’schen Mitternachtstravestieshows gereicht hätte. Aber der
Christdemokrat entledigte sich des Scharfmachers auch wieder und machte,
noch etwas später, den Stadtstaat zum schwarz-grünen Koalitionslabor.
## Schwankender Kurs
„Seitdem Ole von Beust 2010 die Brocken hinwarf“, so attestierte es [2][im
Herbst 2018] ein langjähriger Rathausbeobachter, „schwankt die Hamburger
CDU zwischen Inhaltsleere und Personalnot“. Nun werden sich weder damals
noch heute die hiesigen Christdemokrat:innen ausgerechnet von der taz
belehren lassen wollen über einen „Zickzack-Kurs zwischen liberaler
Großstadt-Union und Law-and-Order-Partei“, und sich auch nicht unter den
Schnabel reiben lassen, dass sie „Gockelpartei“ sein könnten, die „mit
ihrem demonstrativen Fernhalten von Frauen von Ämtern, Posten und Mandaten
nicht nur Frauen abgestoßen“ habe.
„Die Volkspartei CDU zeichnet sich durch verschiedene Strömungen von
liberal über christlich-sozial bis konservativ aus“: So hat es aber auch
Marcus Weinberg 2019 [3][im taz-Interview] gesagt, Ex-Parteichef,
Bundestagsabgeordneter, Spitzenkandidat für 2020 – und bekennender
„Liberaler und Christlich-Sozialer“. Die Wahl ging dann nicht so gut aus
für die CDU, da wäre also eine Art Neuorientierung nachvollziehbar; Sie
dürfen auch Rechtsruck dazu sagen.
„Wir sind ein Großstadt-Landesverband der CDU“: Das trägt die Hamburger
Christdemokratie aber immer noch offensiv vor sich her, genau so zumindest
steht es dieser Tage gerade [4][in einer Annonce], mit der die
Parteizentrale am Leinpfad eine:n „Manager für Social Media und
Onlinekommunikation“ sucht.
Dass Großstadt automatisch für liberal stünde: Beim personell an vielen
Stellen runderneuerten, ja: verjüngten CDU-Landesverband stimmt das nicht,
oder nur auf sehr bestimmte Weise. Hamburgs Union hat sich demonstrativ zu
Friedrich Merz als künftigen Bundesvorsitzenden und also potenziellen
Merkel-Nachfolger bekannt; nicht einstimmig – wir sind ja nicht in der DDR
–, aber beinahe: Von 16 Delegierten, die sich namens der Hansestadt in den
digitalen Krönungsparteitag loggen werden, war [5][zuletzt nur von zweien
bekannt], dass sie eher zu Norbert Röttgen tendieren, einer davon: Marcus
Weinberg.
## Liberal sind andere
Röttgen aber erklärt das in solchen Dingen nun bedenkenswerte
[6][Liberalen-, äh, Wochenblatt vom Hamburger Speersort] zum Vertreter des
„liberalen Flügels“ der CDU. Merz dagegen, das ist von den dreien, die da
um den Vorsitz buhlen, der [7][mit dem größten Diversitätsproblem]; der
beim Thema schwuler Bundeskanzler geradezu zwanghaft von Pädophilie
sprechen muss.
Nicht dass solches Geboller hinter dem Hamburger Bekenntnis stünde – der
hiesige Parteichef Christoph Ploß schätzt, ganz unaufgeregt, an Merz den
[8][„wirtschafts- und finanzpolitischen Sachverstand“]. Er lobt auch, dass
der wohlhabende Sauerländer „die Generationengerechtigkeit am stärksten in
seine politische Agenda integriert“ habe und für „einen zielgenauen
Sozialstaat“ stehe – Rentner:innen oder auf Transferleistungen angewiesene
Menschen umfasst das da aufblitzende Verständnis von Volkspartei
offenkundig nicht.
Dass CDU-Chef Ploß für etwas anderes steht als es von Beust oder, auf
andere Weise, Weinberg getan hatten: [9][Das war durchaus bekannt], und
wer’s nicht schon wusste, konnte es dieser Tage mitbekommen, als er die
tumultartigen Vorgänge in der US-Hauptstadt nicht kommentieren konnte,
[10][ohne auch die Antifa zu erwähnen].
## Schwarze Irrlichter
Aber auch jenseits seiner Person irrlichtert die Hamburger CDU gehörig:
Dieser Tage in der Bürgerschaft [11][beantwortete der Senat eine
CDU-Anfrage] danach, ob die studentischen Gremien in der Stadt ihre „Mittel
rechtskonform“ verwenden. Unter den Beispielen für „fragwürdiges“
Asta-Handeln nannten die Großstadt-Christdemokrat:innen
Kulturkampftaugliches wie „die Unterstützung einer Antifa-Demonstration“
oder auch ein Event zum Thema „Männlichkeitsentwürfe und (Hetero-)Sexismus
im deutschsprachigen Rap“. Das klänge bei der AfD kaum anders.
16 Jan 2021
## LINKS
[1] /Ole-von-Beust-ueber-die-Lage-seiner-Partei/!5355170
[2] /!5542916/
[3] /CDU-Spitzenkandidat-im-Interview/!5611451
[4] https://www.politjobs.de/jobs/man-soc-med-onl-komm/
[5] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Kampf-um-CDU-Parteivorsitz-Hamburger…
[6] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-01/cdu-vorsitz-friedrich-merz-…
[7] /Vor-der-Wahl-des-neuen-CDU-Chefs/!5739205
[8] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article224035136/Vor-Bundesparteitag…
[9] https://www.mopo.de/hamburg/35-und-fan-von-friedrich-merz-das-ist-der-neue-…
[10] /!5738610
[11] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/vorgaenge/73516/1
## AUTOREN
Alexander Diehl
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