# taz.de -- Streit um Ostsee-Pipeline: Nord Stream 2 wird Ländersache | |
> Weltpolitik im Landtag: Mecklenburg-Vorpommern gründet eine | |
> Umweltstiftung, die die Gaspipeline gegen US-Sanktionen schützen soll. | |
Bild: Bald sanktioniert? Arbeiter aus einer russischen Baustelle der Pipeline | |
BERLIN taz | Nach Ost-West-Konflikt sieht die Angelegenheit auf den ersten | |
Blick nicht aus. Mit der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV will das Land | |
Mecklenburg-Vorpommern in Zukunft etwas für die Natur tun. Elf Zwecke soll | |
die Stiftung verfolgen: Artenvielfalt sichern, Trinkwasser schützen, | |
Wissenschaft fördern. „Umwelt- und Klimaschutz ist eines unserer großen | |
Landesziele“, sagt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), als sie am | |
Donnerstag im Landtag für die Stiftungsgründung wirbt. | |
Nur zwei Details machen die Sache brisant: Der Großteil des | |
Gründungsvermögens, 20 Millionen Euro, kommt von der Nord Stream 2 AG, die | |
dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört. Und dem Unternehmen soll die | |
Stiftung im Gegenzug unter die Arme greifen. Einer der elf Stiftungszwecke | |
ist „die Gründung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mit dem Ziel, | |
einen Beitrag zum Fortgang der Arbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 zu | |
leisten“. | |
[1][Die Pipeline, fast fertig gebaut,] soll in Zukunft Gas für den | |
europäischen Markt aus Russland nach Mecklenburg-Vorpommern leiten. Seit | |
Jahren ist sie allerdings umstritten, in Deutschland, Europa und darüber | |
hinaus. [2][Politische Einwände gegen die Zusammenarbeit mit der | |
Putin-Regierung] mischen sich mit wirtschaftlichen Interessen. | |
Die USA, die lieber eigenes Gas nach Europa verkaufen würden, drohen den am | |
Bau beteiligten Unternehmen immer deutlicher mit Sanktionen. Diese | |
Drohungen sind zwar umstritten wie die Pipeline selbst. Im US-Kongress | |
werden Sanktionen aber überparteilich getragen, auch der designierte | |
Präsident Joe Biden ist bisher nicht von ihnen abgerückt. | |
## Im Eilverfahren in den Landtag | |
Mit der Stiftung, im Eilverfahren in den Landtag eingebracht, könnten die | |
Sanktionen möglicherweise umgangen werden. Laut US-Gesetz sind staatliche | |
Organisationen ausgenommen, die Stiftung würde also möglicherweise nicht | |
ins Visier geraten und könnte beispielsweise anstelle der Unternehmen | |
benötigte Materialien kaufen. | |
Ob das klappt, ist unklar. Im Schweriner Landtag stößt der Plan aber auf | |
große Zustimmung. SPD, CDU und die oppositionelle Linkspartei stimmen am | |
Donnerstag für die Stiftungsgründung – und wehren sich gleichzeitig mit | |
deutlichen Worten gegen „Kritiker, Nörgler und Leute, die das alles nicht | |
gut finden“ (O-Ton Schwesig). Der CDU-Abgeordnete Dietmar Eifler geht sogar | |
namentlich einen Journalisten der Schweriner Volkszeitung an, der das | |
Projekt in einem Kommentar kritisiert hatte. | |
Enthaltungen kommen nur von der AfD, die die Unterstützung für die Pipeline | |
zwar eigentlich richtig findet, die restlichen Stiftungsziele aber als | |
Umweltgedöns ablehnt. Immerhin, ihr Redner Bert Obereiner gratuliert dem | |
zuständigen SPD-Energieminister Christian Pegel sehr freundlich zum | |
Geburtstag. | |
## Trittin findet es „bizarr“ | |
Einzig von den Grünen könnte grundsätzlichere Kritik kommen, sie sitzen in | |
Schwerin aber nicht im Landtag. Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin | |
bezeichnet die Stiftungsgründung als „bizarren Versuch, dem Versagen der | |
Bundesregierung etwas entgegenzusetzen“. Im Gespräch mit der taz sagt er | |
zwar: „Nord Stream 2 ist überflüssig und konterkariert die europäischen | |
Klimaziele.“ Die Pipeline sei aber rechtskräftig genehmigt, und über | |
europäisches Recht werde nicht in Washington entschieden. „Das nicht | |
durchgesetzt zu haben, muss sich die Bundesregierung vorwerfen lassen“, | |
sagt Trittin. | |
Die Bundesregierung hält sich in dem Streit tatsächlich seit Monaten | |
zurück. So auch in dieser Woche: Die Pipeline sei ein Projekt der | |
Wirtschaft, sagte schon am Mittwoch eine Regierungssprecherin in Berlin. | |
„Insofern haben wir keine Veranlassung, die Diskussion zu kommentieren.“ | |
7 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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