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# taz.de -- Verhältnis zwischen EU und USA: Schock und Fassungslosigkeit
> Die EU hofft auf Joe Biden. Doch es ist fraglich, ob der sich viel Zeit
> nehmen wird für Europa und eine neue Ära der transatlantischen
> Freundschaft.
Bild: Fähnchen im Wind? Ob Joe Biden Zeit für die EU haben wird bleibt fragli…
Josep Borrell konnte es kaum fassen. „Dies ist nicht Amerika“, twitterte
der EU-Außenbeauftragte in der Chaos-Nacht von Washington. Auch
Ratspräsident Charles Michel war fassungslos: „Die Szenen von heute Nacht
zu beobachten, ist ein Schock.“ Der „Tempel der Demokratie“ – gemeint w…
der US-Kongress – dürfe nicht angetastet werden. Dass es doch geschah,
[1][sogar mit Rückendeckung von Noch-Präsident Donald Trump], ist für viele
EU-Politiker ein traumatisches Erlebnis. [2][Der Sturm auf das Kapitol] hat
ihr Amerika-Bild angekratzt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
betonte noch in der Krawallnacht, sie glaube „an die Stärke der
US-Institutionen und der Demokratie“.
Auch dass Trump den Aufstand offenbar vom Weißen Haus aus steuerte, ist für
die EU ein Schock. Bisher kamen Fake News und Desinformation immer nur aus
dem Kreml in Moskau. Nun müssen die EU-Strategen umdenken: Auch der
US-Präsident kann Lügen verbreiten und Unruhe stiften.
Die größten Sorgen macht man sich in Brüssel aber um Trumps
[3][Amtsnachfolger Joe Biden]. Die EU hat Biden bereits zu einem virtuellen
Gipfeltreffen eingeladen und eine umfangreiche Agenda aufgesetzt. Von der
Leyen und Borrell hoffen auf eine neue Ära transatlantischer Freundschaft.
Fraglich ist, ob Biden überhaupt Zeit finden wird, sich mit Europa zu
beschäftigen.
## Biden muss heilen
Wenn sich die Krise in den USA nicht beruhigt, könnte der nächste
US-Präsident gezwungen sein, sich auf die Innenpolitik zu konzentrieren und
die Wunden der Trump-Ära zu heilen. Die EU würde dann nur noch die zweite
Geige spielen, wenn überhaupt. Diplomaten in Brüssel gehen davon aus, dass
sich auch der Neue im Weißen Haus vor allem auf China konzentrieren wird –
genau wie Trump. Die Europäer werden um den erhofften Neustart kämpfen
müssen.
Die EU-Kommission und die 27 Mitgliedstaaten gehen bereits in die
Offensive. Sie haben Washington eine „transatlantische Agenda“ für die
globale Zusammenarbeit vorgeschlagen. Ganz oben auf der Liste stehen der
Klimaschutz und der Kampf gegen Corona. Beides hatte Trump verschmäht,
Biden soll für den Schulterschluss sorgen. Die Europäer hoffen aber auch
auf ein Ende der US-Strafzölle und auf eine gemeinsame Reform der
Welthandelsorganisation WTO. Zudem wollen sie die Spannungen in der Nato
beilegen und Biden mit einer kräftigen Erhöhung der Verteidigungsausgaben
entgegenkommen. Vor allem Deutschland sei hier gefordert.
Doch ausgerechnet das größte EU-Land sorgte zuletzt für Ärger. Das
Investitionsabkommen mit China, das Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor
dem Ende des deutschen EU-Vorsitzes einfädelte, könne Biden vor den Kopf
stoßen, sagen Kritiker in Warschau und Washington. Auch die Gaspipeline
Nord Stream 2 bleibt ein Zankapfel.
Und dann sind da noch die deutsch-französischen Spannungen über die weitere
Strategie. Merkel und Von der Leyen wollen die EU wieder auf die USA
einschwören. Demgegenüber besteht Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron
darauf, dass die EU den unter Trump eingeschlagenen Kurs der „strategischen
Autonomie“ fortsetzt. Europa müsse sich von Amerika unabhängiger machen,
denn niemand könne wissen, was nach Biden kommt.
Zunächst muss die EU aber in den eigenen Reihen aufräumen. Polen, Ungarn
und Slowenien hatten Trump bis zuletzt die Stange gehalten. Nun müssen auch
sie von ihrem Idol Abschied nehmen.
7 Jan 2021
## LINKS
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[3] /US-Regierung-unter-Joe-Biden/!5735302
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
US-Wahl 2024
Europäische Union
Ursula von der Leyen
Joe Biden
Nord Stream 2
White Supremacy
US-Wahl 2024
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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