# taz.de -- Kür der grünen Spitzenkandidatin: Grüne gehen zur Attacke über | |
> Am Samstag soll Bettina Jarasch offiziell Spitzenkandidatin für die | |
> Abgeordnetenhauswahl werden. Landeschef Graf kritisiert Regierenden | |
> Müller. | |
Bild: Bald offiziell Spitze: Bettina Jarasch soll für die Grünen das Rote Rat… | |
BERLIN taz | Knapp zwei Wochen nach der SPD wollen auch die Grünen aus | |
ihrer designierten Spitzenkandidatin eine offizielle machen. 150 Delegierte | |
sollen dazu bei einem digitalen Parteitag am Samstag [1][Bettina Jarasch] | |
auf den Weg ins Rote Rathaus schicken, wo sie 2021 Berlins erste Regierende | |
Bürgermeisterin werden soll. Das haben am Dienstag die beiden | |
Parteivorsitzenden Nina Stahr und Werner Graf angekündigt. Bei einem | |
Pressegespräch grenzten sie zudem die Grünen und deren aus ihrer Sicht | |
erfolgreiches seriöses Arbeiten von anderen ab, die „jedem alles | |
versprechen“ würden. Auf Nachfrage für solche Versprechungen nannte Graf | |
das von der SPD und vor allem von Regierungschef Michael Müller | |
vorgeschlagene [2][365-Euro-Ticket]. | |
Die SPD hatte Ende November, und wie schon seit Jahresbeginn geplant, | |
[3][Bundesministerin Franziska Giffey zur Landesvorsitzenden gewählt.] Zwei | |
Tage später kürte der Parteivorstand sie auch zur Spitzenkandidatin für die | |
Abgeordnetenhauswahl. Bei den Grünen hatten Landesvorstand sowie | |
Fraktionsführung Jarasch, die von 2011 bis 2016 Parteivorsitzende war, | |
bereits am 5. Oktober für die Spitzenkandidatur vorgeschlagen. Küren sollte | |
sie eine Mitgliederversammlung Ende November, die wegen der Corona-Pandemie | |
ausfiel. | |
Das holen die Grünen nun digital nach, aber aus technischen Gründen nur mit | |
150 Delegierten statt allen 10.000 Mitgliedern des Landesverbands. Eine | |
solche Delegiertenkonferenz mit allen Beteiligten in einem großen Saal wäre | |
durchaus erlaubt gewesen, kam für die Parteiführung aber aus Gründen der | |
Gesundheitsvorsorge und der Vorbildfunktion nicht in Frage. | |
Für die Jarasch-Kür stellt das kein Problem dar, weil eine | |
Spitzenkandidatur kein offizielles im Wahl- oder Parteigesetz vorgesehenes | |
Amt ist, bei dem die Wahl an bestimmte Vorgaben gebunden ist. Die SPD hatte | |
ihre neue Parteiführung nur in einer Mischung aus digitalem Parteitag mit | |
tatsächlicher Stimmabgabe in einem Wahllokal festlegen können. Auch dieser | |
Weg war erst durch eine Gesetzesänderung im November möglich geworden. | |
## Hoffnung auf Delegiertenparteitag im März | |
Die Auswahl der Bundestagskandidaten hingegen, die ebenfalls schon für Ende | |
November geplant war, ist laut Grünen-Landeschef Graf auf diese Weise nicht | |
möglich. Hier hofft die Parteispitze, die Kandidatenliste, die die | |
Bundestagsbewerbungen in den zwölf Berliner Wahlkreisen ergänzt, im März | |
bei einem Delegierten-Parteitag aufstellen zu können. Dass das | |
Pandemiegeschehen dann schon wieder eine sonst bei einem solchen Anlass | |
übliche Mitgliedervollversammlung zulässt – bei der 2.000 der 10.000 | |
Berliner Grünen erwartet würden –, glaubte Graf am Dienstag genauso wenig | |
wie seine Co-Chefin Stahr. | |
Vom Wahlrecht her haben die Parteien laut Graf bis Mitte Juni Zeit, ihre | |
Listen für die voraussichtlich am 26. September anstehende Bundestagswahl | |
einzureichen. Im April will die Partei dann ihre Kandidatenliste für die | |
Abgeordnetenhauswahl aufstellen, die am selben Tag ansteht. | |
Dass bei eben dieser Wahl Jarasch Grünen-Spitzenkandidatin sein soll und | |
nicht, wie weithin erwartet worden war, Wirtschaftssenatorin Ramona Pop | |
oder Fraktionschefin Antje Kapek, sollen genau diese beiden auf den Weg | |
gebracht haben. Die seien auf Jarasch zugegangen „und haben dann Werner | |
Graf und mich mit ins Boot geholt“, sagte Landeschefin Stahr. Aus ihrer | |
Sicht verfügt Jarasch über Stärken, die ihre fehlende Verwaltungserfahrung | |
wettmachen würden: „Eine Regierende Bürgermeisterin muss vor allem Prozesse | |
lenken können“, sagte Stahr, und genau das kann Jarasch aus ihrer Sicht, | |
genauso wie Menschen zu begeistern. Graf wies zudem darauf hin, dass etwa | |
CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner gleichfalls keine Erfahrung in der Führung | |
einer Verwaltung habe. | |
Auf die Frage, welches Ergebnis die Grünen bei der Abgeordnetenhauswahl | |
anstreben, nachdem die SPD – in der jüngsten Umfrage nur bei 18 Prozent – | |
dem Vernehmen nach 30 Prozent ansteuert, antwortete Graf ausweichend: Statt | |
eine Zahl zu nennen, gab er an, man wolle „stärkste Kraft werden und das | |
Rote Rathaus erobern“. | |
8 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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