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# taz.de -- Neuer Medienstaatsvertrag: Bitte nicht diskriminieren!
> Der Medienstaatsvertrag reguliert erstmals klassischen Rundfunk und
> digitale Medien in einem. Was Sie über das neue Gesetz wissen müssen.
Bild: Amazon Echo muss künftig seinen Nutzer:innen ein breiteres Angebot machen
Der Medienstaatsvertrag regelt künftig die Rechte und Pflichten aller
Sender*innen und Sender in Deutschland. Egal ob klassischer Rundfunk,
Plattformen oder User Generated Content. Am Mittwoch hat mit
Mecklenburg-Vorpommern das letzte Landesparlament den Vertrag ratifiziert,
das Gesetz kann damit in Kraft treten. Wir beantworten die wichtigsten
Fragen.
## Ich habe nur einen Fernseher, ein Radio und ein Handy. Geht mich das
überhaupt etwas an?
Ja! Zuschauer*innen sind Verbraucher*innen. Die Gesetzgebung will
sicherstellen, dass wir frei entscheiden können, was wir gucken und hören.
Bei den alten analogen Endgeräten standen alle Sender gleichberechtigt
nebeneinander. Da lief, nehmen wir das Radio, Bayern 3, neben Antenne
Bayern, neben Deutschlandfunk Kultur. Bei digitalen Endgeräten ist das
anders. Wer etwa ein Smart-TV benutzt, sieht meist eine Oberfläche, die vom
Hersteller oder von der Anbieterin des Anschlusses kuratiert ist. Diese
Anbieter haben bestimmte Interessen, wollen etwa eigene Inhalte oder den
ihrer Kooperationspartnern prominent platzieren. Besonders groß ist das
Problem bei Smartspeakern, also zum Beispiel Amazons Alexa, die in der
Regel selbst auswählen, worauf sie zugreifen. Der Medienstaatsvertrag
schreibt nun vor, dass „gleichartige Angebote oder Inhalte“ von Geräten
[1][nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen]. Sortiert werden darf
nach sachlichen Gründen, etwa Alphabet, Genres oder Nutzungsreichweite.
## Ich produziere Inhalte für Youtube, Instagram, Twitch oder andere
soziale Netzwerke. Was ändert sich für mich?
Erstmalig reguliert der Medienstaatsvertrag explizit auch Bewegtbilder im
Netz. Alle Streamer*innen und Content Creators, die im Schnitt 20.000
Nutzer*innen gleichzeitig erreichen – egal ob linear oder on demand –,
müssen künftig Lizenzen beantragen. Unsicher ist, was „gleichzeitig“ mein…
Wer eine Sendelizenz benötigt oder sich unsicher ist, kann sich an die
jeweilige [2][Landesmedienanstalt] wenden. Eine Zulassung beantragen kann
nur, wer „unbeschränkt geschäftsfähig ist“, also das 18. Lebensjahr
vollendet hat.
## Mein Start-up bietet eine Suchmaschine oder eine Content-Plattform an.
Worauf muss ich achten?
Wessen Angebot zu den Intermediären gehört, also Plattformen oder
Suchmaschinen, die Content sammeln, sortieren und darstellen, muss
offenlegen, wonach diese Inhalte sortiert werden. Das bedeutet nicht, dass
Firmen ihre komplette Software veröffentlichen müssen. Aber sie müssen die
Kriterien mitteilen, „die über den Zugang eines Inhalts zu einem
Medienintermediär und über den Verbleib entscheiden“. Damit soll vor allem
sichergestellt werden, dass journalistisch-redaktionelle Inhalte durch die
Plattform nicht schlechter behandelt werden als andere.
## Ich nutze barrierefreie Medien. Bietet der Medienstaatsvertrag
Verbesserungen für mich?
Barrierefreiheit bei Medien meint zum Beispiel Untertitel, Audiodeskription
oder live Gebärdenübersetzung. Der neue Medienstaatsvertrag mahnt an,
solche barrierefreien Angebote häufiger anzubieten. Der Rundfunk, das heißt
die ARD-Sender, das ZDF, das Deutschlandradio und die Privatsender, müssen
laut Vertragstext §7 „über ihr bereits bestehendes Engagement hinaus im
Rahmen der technischen und ihrer finanziellen Möglichkeiten barrierefreie
Angebote aufnehmen und den Umfang solcher Angebote stetig und schrittweise
ausweiten“. Das ist dringlicher formuliert als im alten
Rundfunkstaatsvertrag, aber es enthält nach wie vor weder eine klare
Verpflichtung noch eine konkrete Definition. Die Rundfunkkommission der
Länder hat aber bereits angekündigt, hier nachzuarbeiten. Einen Entwurf mit
einer Definition von Barrierefreiheit und mit Regeln für Barrierefreiheit
bei entscheidenden Verlautbarungen hat die zuständige rheinland-pfälzische
Staatsministerin Heike Raab für 2021 angekündigt. Anbieter*innen von
sogenannten Telemedien, also etwa kommerziellen Internetdiensten, werden
ebenfalls verpflichtet, „im Rahmen der technischen und ihrer finanziellen
Möglichkeiten“ barrierefreien Zugang zu ermöglichen.
## Und was ändert sich bei den Angeboten der öffentlich-rechtlichen Medien?
Für die Mediatheken gilt weiter: Die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen
dürfen nicht „[3][presseähnlich“] sein. Sie dürfen nicht hauptsächlich …
Text bestehen, weil sie sonst den Presseverlagen unfair Konkurrenz machen
würden. Ausnahmen sind Transkripte von Sendungen und Texte im Dienst der
Barrierefreiheit. Sendungen, die keine Eigenproduktionen sind, müssen
weiterhin nach einer Frist aus den Mediatheken verschwinden: Filme und
Serien nach 30 Tagen, Sportereignisse nach 7 Tagen.
29 Oct 2020
## LINKS
[1] /Medienstaatsvertrag-beschlossen/!5644377/
[2] /Medienstaatsvertrag-und-Onlinemedien/
[3] /Streit-um-Presseaehnlichkeit/!5510799
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Mediengesetz
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