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# taz.de -- Neuer Medienstaatsvertrag: Regeln online und offline
> Der Entwurf des neuen Medienstaatsvertrags steht online. Änderungen
> betreffen Zockervideos, „Medienintermediäre“ und Tabakkonzerne.
Bild: Früher gabs Inhalte nur aus der Röhre
Nächstes Jahr soll er endlich kommen: der neue Medienstaatsvertrag. Seit
Jahren wird daran gearbeitet, seit Anfang Juli ist ein neuer Entwurf
[1][online] – und wie schon beim letzten Entwurf vor einem Jahr dürfen
Verbände und Bürger der Rundfunkkommission ihre Meinung sagen.
Medienstaatssekretärin Heike Raab koordiniert das alles in der
Rundfunkkommission für das Vorsitzland Rheinland-Pfalz. Schon beim letzten
Entwurf vor einem Jahr wäre über 1.200 Mal Feedback gesendet worden. Diesen
Dialog wolle man fortsetzen.
Die Zeit für die Rundfunkkommission drängt: Bis September 2020 muss der
neue Staatsvertrag stehen, sonst verpasst man eine EU-Frist. Drängender
jedoch: das Internet und der Zeitgeist. Denn seit Jahren produzieren nicht
mehr [2][nur Radio- und Fernsehsender Sendungen], sondern auch
Privatmenschen und professionelle YouTuber und Streamer. Der
Medienstaatsvertrag soll nun auch an sie angepasst werden. Erster Schritt:
Die altbackene Verbreitungsmethode „elektromagnetische Schwingungen“ wird
durch „Telekommunikation“ ersetzt.
Die Rundfunkkommission wolle nun kommunikative Chancengleichheit sichern,
so Raab. „Offline und online.“ Es geht um gemeinsam akzeptierte Regeln,
„die unsere gemeinsamen Werte und Standards sichern“. Im Fernsehen, beim
Streamen und Intermediären. Das könnte in vielen Fällen auch für mehr
Klarheit sorgen.
Wie unklar die aktuellen Regelungen aussehen, zeigt der Fall von PietSmiet.
Sie gehören zu den Großen der deutschsprachigen Let’s-Player, ihre
Zocker-Sessions wurden allein auf einem ihrer YouTube-Kanäle über zwei
Milliarden mal aufgerufen. Ihren beliebten Twitch-Kanal, auf dem sie rund
um die Uhr alte Videos zeigten, sperrten sie 2017 trotzdem. Denn für die
Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) war er ein Rundfunkangebot,
hätte also eine Lizenz benötigt. „Aus prinzipiellen Gründen“ entschieden
sich PietSmiet allerdings dagegen. Kollege Gronkh hingegen besorgte sich
eine Lizenz. Eine einheitliche Linie existiert bisher offensichtlich noch
nicht.
## Grundlegende Neuerungen
Aktuell gilt als Rundfunkangebot jedes lineare Medienangebot, das sich an
mehr als potenziell 500 gleichzeitige User*innen richtet,
journalistisch-redaktionell gestaltet ist und einem Sendeplan folgt. Wann
ein Stream jedoch einem Sendeplan folgt, ist Interpretationssache, 500
potenziell gleichzeitige Nutzer*innen für viele Let’s-Player eine lachhaft
kleine Zahl.
Um die Streamer*innen zu entlasten, wird jetzt also eine neue Grenze
vorgeschlagen. Wer durchschnittlich weniger als 20.000 Zuschauer*innen im
Monat hat, muss sich nicht mehr umständlich um eine Rundfunklizenz bemühen.
Das schützt vor allem Privatpersonen. Profis knacken diese Grenze locker,
müssen also eine Lizenz beantragen, die bis zu 10.000 Euro kosten kann. Im
ersten Vertragsentwurf sah das noch anders aus. Dort gab es eine Hintertür
für die Let’s-Gamer: Programme, die „vorwiegend dem Vorführen und
Kommentieren eines virtuellen Spiels dienen“, waren von der Regelung
ausgeschlossen. Diese Ergänzung ist nun gestrichen.
Eine grundlegende Neuerung im Entwurf ist eine neue Kategorie, die
sogenannten „Medienintermediäre“, Telemedien, die auch
journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter „aggregieren, selektieren und
allgemein zugänglich machen“. Im Entwurf vor einem Jahr war dabei noch
explizit von Suchmaschinen, sozialen Netzwerken und News-Aggregatoren die
Rede. Wer aktuell in die Kategorie fällt, ist nicht klar. Wikipedia?
Facebook? Google News? Auf jeden Fall dürfen sie nicht grundlos einzelne
Beiträge von Dritten präferieren oder diskriminieren. Außerdem müssen sie
transparent machen, welche Kriterien sie bei der Auswahl und Sortierung der
Beiträge anwenden, und müssen Inhalte von öffentlichem Interesse besonders
sichtbar machen.
Am 9. August endet die Frist für die Stellungnahmen, danach macht sich die
Rundfunkkommission an die Auswertung. Im Herbst soll dann eine Entscheidung
fallen. Eine skurrile Änderung zum Schluss: Das Verbot für Tabakhersteller,
Sendungen zu sponsern, wurde gestrichen. In Zukunft könnten wir also im
Fernsehen oder auf Twitch bald in den Genuss von Kippen-finanzierten
Inhalten kommen. Warum auch immer.
12 Jul 2019
## LINKS
[1] http://www.rundfunkkommission.rlp.de
[2] /Kolumne-Flimmern-und-Rauschen/!5519713
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
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